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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 8 (August 1932)
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Braun, Albrecht: Zwei Beispiele des streng sachlichen Zeichnens
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Zum Abbau: meine Ansicht über den Zeichen- und Kunstunterricht, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0146

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Diese Aufgabe hat weitere Voraussetzungen nötig.
Sie kann nicht ohne vorbereitende Arbeit gelöst wer-
den. Die kurze Bezeichnung eines Weges zu dieser
Aufgabe ist deshalb erforderlich. Dabei wird der Sinn
solcher Übung nebenbei erhellen.
Wir kamen vom freien, phantasiemäßigen Gestalten.
Wir hatten die Linie als Ausdrucksmittel kennengelernt
(Linienerlebnisse, z, B, Bahnhofseinfahrt, Stadt von oben
usw.). Die Zeichnung bestimmter, einfacher Raumkör-
per ließ uns sodann die klare, einfache Art des Dar-
stellens gewinnen, die wir in einer Zeichnung „Möbel"
bewußt und einheitlich anwandten. An Grundformen
von Möbeln schlossen sich freie, eigene Entwürfe an
(Prof. Schuster, Ein Möb'elbuch, Frankfurt / Main, gibt
wertvolle Anregungen). Wir mußten uns die Aufgaben
einer Wohnung (Schlafen, Ruhen, Kochen, Arbeiten...)
klar machen. Zusammenfassend stellten wir daraufhin
eine ganze Wohnung zusammen. Die Anordnung der
Räume und die Räume in ihrer Eigenart wurden klar.
Einige Grundrisse wurden anschaulich gemacht, indem
wir uns die Wände und Mauern errichtet dachten,
dann das Stockwerk in halber Höhe, durchschnitten

und schräg von oben gesehen, die Räume in einer
Zeichnung vor uns hinstellten. Zuletzt wurde ein eige-
ner Gedanke durchgeführt (Abbildung): die Räume
werden möbliert. Sie sind als Räume des Schlafens,
des Wohnens, des Arbeitens usw. gekennzeichnet.
Sinn der Aufgabe: Der Schüler lernt vorgestellte kör-
perliche Gebilde und Räume darstellen. Grundrisse
werden ihm lebendig, seine Raumvorstellung wird
geklärt. Er wird mit den ästhetischen und mit vielen
praktischen Fragen des Wohnens vertraut. Für den
Unterricht ist ein lebensvoller Mittelpunkt gewonnen,
von dem aus sich weite Kreise ziehen lassen. Auch
wird der Schüler ein persönliches Verhältnis zu man-
chen Fragen der künstlerischen Kultur und geistigen
und wirtschaftlichen Gesamtlage unserer Zeit gewin-
nen können. Die erziehliche Bedeutung solcher Übun-
gen Ist also offensichtlich: Jeder kann ja auch einmal
in die Lage kommen, ein Zimmer oder eine Wohnung
einzurichten. Dieses Einrichten beginnt schon beim
Aufhängen von Bildern, Stellen von Blumen und Blu-
mentöpfen (vgl. Paul Renner, mechanisierte Graphik,
die Bestrebungen Prof. Läugers, Karlsruhe).


ZUM ABBAU: Meine Ansicht über den Zeichen- und Kunstunterricht
(3. Fortsetzung und Schluß. — Siehe Heft 5, Seite 85, Heft 6, Seite 98 und Heft 7, Seite 117 usw.)

Das plastische Gestalten gehört als Aus-
drucksgebiet zum sog. Kunstunterricht;
in bestimmter Zielrichtung auf einzelne Fächer der
Produktion (z. B. Keramik) zum sog. Werkunter-
richt. Besser wäre für beide der Begriff: Aus-
drucks- und Gestaltungsschulung.
Schon das spielende bewegungsfreudige Kleinkind
übt sich selbsttätig mit vielgestaltigen Handbewegun-
gen am Sandhaufen, dem ersten plastischen Material
und weiterhin am Tonmaterial. Die unbewaffnete Kin-
derhand entwickelt dabei Geschicklichkeit und die
Fähigkeit, Seelisch-Geistiges auszudrücken und sicht-

bar zu machen, letzteres mehr in Formen, weil es ihm
oft gar nicht möglich ist, das in Worten zu sagen.
Drückt man diesen Kindern während der Schulzeit
vorwiegend die Schreibfeder in die Hand, so unter-
bindet man die vielgestaltige Ausbildung des fein-
sten Instrumentes, der menschlichen Hand. Die Ent-
wicklung der Ausdrucksfähigkeit wird einseitig auf
den schriftlichen Ausdruck beschränkt.
Gibt es nicht in unserer Zeit noch genügend Men-
schen, die während ihrer Schulzeit verlernten, ihre
Hände schöpferisch und selbsttätig zu gebrauchen’
Denkt man nicht daran, daß nicht allein Aerzte eine

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