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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 3 (März 1932)
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Sprauer, Hermann: Glasmosaik
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Zum Abbau des Zeichen- und Kunstunterrichts, [2]: Ausstellung der Arbeiten der Studierenden der Staatlichen Kunstschule in Berlin (3. - 24. Febr. 1932)
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II E R IVI A N N S P R A U E R - O F F E IM B U I? G I. B.: 6 L Ä S IVI O S A i K '

Die glitzernde Farbenerscheinung eines sonnenbe-
schienenen Glasscherbenhaufens einer Glaspla-
katefabrik, gab die Anregung, im Werkunterricht ein
Bild mit farbigem Glas zu gestalten, Die Fabrikleitung
stellte uns gerne eine Kiste von ihren glänzenden
Abfällen zur Verfügung. Unter einem Tuch zerschlugen
wir die Scherben zu kleinen Stückchen, die wir dann,
nach Farben geordnet, in kleine Kistchen sammelten.
Die Eigenschaft des Glases, eine, durch Lichteinfluß
bewirkte, märchenhafte Farbenpracht auszustrahien,
sowie die Erfahrungen, die wir beim Zerschlagen ge-
macht hatten, bildeten die Grundlage, um in einer
kleinen Besprechung hinter das Wesen unseres neuen
Werkstoffes und seine malerialgerechte Verwendung
zu kommen.
Es galt zunächst auf einem Bogen Papier die Zeich-
nung zu schaffen, auf die dann die Gläschen gesetzt
wurden. Bei dem Setzen der Gläser merkte die kleine
Mannschaft auch recht bald, daß man eine solche
Zeichnung viel einfacher zeichnen muß, daß man mit
weniger Bildelementen eine Situation klären muß, als

bei einer Zeichnung, die der Aquarellfarbe als Grund-
lage dient. Ist der ganze Entwurf mit Gläschen belegt,
dann überzieht man die so entstandene Glasfläche
mit einem gummierten Papier, an dem die einzelnen
Gläschen haften bleiben. Man dreht die so zusammen-
gehaltene Glasfläche um und legt sie in ein leichtes
Holzrähmchen, dessen innere Maße der Bildgröße ent-
sprechen. Man gießt das Ganze mit Gips aus, wodurch
sowohl die einzelnen Gläschen unter sich, als auch
die gesamte Glasfläche mit dem Rähmchen verbunden
werden. Einen Draht, den man mit eingipst, wird et-
was über den Rahmen ausgebogen und dient so als
Henkel. Das Entfernen des auf die Bildseite geklebten
Papiers bildet den Abschluß des Arbeitsvorganges.
Neben dem Beschäftigen und Vertrautwerden des
jungen Menschen mit einem ihm sonst ungewohnten
Material erleichtert diese Aufgabe das Verstehen der
Mosaiken der Kunstgeschichte.
* Dem Aufsalj waren Scliülerarbeilen beicjelegl. Leider war es nicht
möglich, sie hier wiederzugeben. D. Schrifll.

ZU IVI ABBAU
des Zeichen- und Kunstunterrichts
Ausstellung der Arbeiten der Studierenden der Staat-
lidicn Kunstschule in Berlin (3—24. Febr. 1932)
Von Rechtswegen sollte die Verbindung zwischen
der Ausbildungsstätte des Kunsterziehernachwuch-
ses und den im Amte stehenden Lehrern immer
aufrecht erhalten werden — auch dann, wenn durch
eine erweiterte Ausbildung und neue Anstellungsbe-
dingungen eine scheinbare Kluft geschaffen ist. Im
Interesse der Einheitlichkeit und der gemeinsamen
Stoßkraft ist eine gegenseitige Verständigung unbe-
dingt notwendig — moralisch ist sie auch dadurch
bedingt, daß die junge Generation ohne die schwe-
len Kämpfe der älteren Zeichenlehrer nie den durch
die preußischen Richtlinien bezeichneten Stand des
Kunstunterrichts erreicht hätte, der ja bekanntlich
durch den unerwartet feindseligen Ansturm des In-
tellektualismus stark gefährdet, ja zum Teil schon
unterdrückt ist. Auch die Veranstaltung der Kunst-
schule will sicherlich zur Werbung für den gefährde-
ten Kunstunterricht beitragen, und es ist sehr erfreu-
lich und dankenswert, daß der Direktor der Kunst-
schule Wert darauf legt, die Ausstellung auch den im
Amte stehenden Zeichenlehrern sämtlicher Organi-
sationen zugänglich zu machen. Ich will im Folgenden
vorsuchen, auch denen, die nicht die Ausstellung be-
suchen konnten, einen Begriff von dem dort Gebote-
nen zu geben.
In der Aula, auf den Korridoren und in einigen
Ateliers sind Arbeiten der verschiedensten Art in
reicher Fülle ausgestellt. Besonders deutlich wird es
dom Beschauer, daß in künstlerischer Hinsicht sicher-
lich die Ausbildungsstätte der Zeichenlehrer sich
nicht vor den Akademien für die frei schaffenden
Künstler zu verstecken braucht. Da gegenwärtig an
anderer Stelle in Berlin (in der deutschen Kunstge-
ineinschaft im Schloß) eine Ausstellung von Arbeiten
der Meisterschüler der Kunsthochschulen Dresden,
Stuttgart und Karlsruhe zu sehen ist, kann man sich
hiervon mit Leichtigkeit überzeugen.
Aus der pädagogischen Einstellung heraus erklärt
sich wohl die Tatsache, daß bei den Arbeiten der
Kunstschule das Ölgemälde gegenüber den Aquarell-
und . Deckfarbentechniken etwas zurücktritt. Dadurch
behalten die meisten Arbeiten auch mehr den Stu-

diencharakter, der künstlerisch aber durchaus keinen
Mangel darstellt. Im übrigen sieht man alle erdenk-
lichen Techniken der künstlerischen Darstellung, be-^
sonders reichhaltig in der Aula die graphischen lech-'
niken von der Bleistift- und Kohlezeichnung bis zum
Holzschnitt und den verschiedenen Verfahren der Ra-
dierung und des Steindrucks. Auch in der Auswahl
der Stoffe besteht eine solche Freiheit, daß man wohl
sagen kann, nichts Menschliches bleibt diesen ju i-
gen Künstlern fremd. Es muß auch aberkannt werden,
daß in der Art der Darstellung und des Ausdrucks
keine einseitige Richtung erkennbar ist, vielmehr
allen Richtungen Freiheit gelassen ist. Im Ganzen
wiegt ein Naturstudium vor, das durch die Gestal-
tungsfreiheit des Expressionismus und der Abstrakten
eine erfreuliche Beweglichkeit gewonnen hat. Die
künstlerische Qualität der Arbeiten ist selbstver-
ständlich sehr verschieden. Daß öfter Anklänge an
bekannte Größen der Moderne auftauchen, wird nie-
mand den in der Entwicklung befindlichen jungen
Künstlern verargen. Die Selbständigkeit kommt
schließlich von selbst, wenn man auf sich selbst an-
gewiesen ist.
Ob aber überall die Einsicht in das Wesen des
künstlerischen Wertes gewonnen ist, kann man aus
den ausgestellten Arbeiten nur unvollkommen erken-
nen. Es scheint, als ob vielfach die Freude an der
subjektiv interessanten Physiognomie des Werkes
noch allein maßgebend gewesen wäre.
Damit will ich nicht etwa das skizzen- und studien-
hafte vieler Arbeiten herabsetzen, Aber' auch in
größeren, anspruchsvolleren Werken wie z. B. einigen
Winterlandschaften erscheint an einigen Stellen plötz-
lich eine Leere, die erstarrend wirkt — so bewegt
die Komposition auch sein mag — die aber durch
einen Blick auf das Ganze leicht erkannt und viel-
leicht durch geringe Änderung hätte gebannt werden
können.
In jedem Werk webt, unabhängig von seiner mehr
oder minder modernen Struktur, unabhängig von sei-
ner mehr oder weniger durchsichtigen Komposition
ein tieferes Leben, aus dem Unbewußten des begab-
ten Schaffenden heraufgestiegen, das mit Worten nur
vergleichsweise anzudeuten ist als eine stärkere oder
schwächere innere Beziehung der Farben- und Linien-
elemente. Wenn schon dem frei schaffenden Künstler
die Erkenntnis dieser Dinge wertvoll ist, weil er auf
dieser Grundlage sein Werk in den verschiedenen

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