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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 5 (Mai 1932)
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Zum Abbau, [4]
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Umschau / Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0097

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mny im Loben einen Rückschlag auslöst, und daß sie
erst als dauernd gesichert gelten können, wenn dieser
Rückschlag siegreich überwunden wird.
Gern und aus voller Überzeugung stelle ich mich in
die Reihe derer, die versuchen, diesen Rückschlag
des Kunstunterrichts zu überwinden.
Dr. Wegscheider,
Oberregierungsrätin.

UMSCHAU
Fröbel
Am 21. April 1932 sind 150Tahre vergangen, seitdem
Friedrich Wilhelm August Fröbel geboren wurde.
Fröbel schrieb in seiner 1826 erschienenen „Men-
schenerziehung'':
„Die Kunst, als Darstellung durch reine Töne, ist die
Musik, und vorwaltend der Gesang; die Kunst, als
Darstellung für das Gesicht durch reine Farben, ist das
Malen; die Kunst, als Darstellung im Raume durch Bil-
den und Gestalten der Masse, ist das Formen. Als
vereinigender Mittelpunkt für beides letztere er-
scheint das Zeichnen, welches jedoch mit gleichem
Rechte auch als reine Darstellung durch Linien be-
trachtet werden kann; wo dann das Zeichnen vorwal-
tend der Darstellung durch Linien, das Malen vorwal-
tend der Darstellung durch Flächen, und das Formen
vorwaltend der Darstellung durch Körperraum an-
gehörig erscheint. Wegen der eben gedachten ver-
knüpfenden Eigenschaft des Zeichnens ist, wie wir
schon früher auf der Kinderstufe des Menschen sahen,
das Zeichnen, das Streben zu zeichnen, eine so frühe
Erscheinung in der Menschenentwicklung.
. . . Hieraus geht nun klar und unbezweifelbar her-
vor, daß Kunstsinn, Kunst, ein allgemeines Eigentum,
eine allgemeine Anlage in dem Menschen ist, und
darum frühe wenigstens schon von dem Knabenalter
an in dem Menschen gepflegt werden soll und muß.
. . . Gesang, Zeichnen, Malen und Formen müssen
darum notwendig von einer allgemeinen, um- und er-
fassenden Erziehung und Menschenbildung frühe be-
rücksichtigt, frühe als wirkliche Gegenstände der ern-
sten Schule behandelt und nicht einer zufälligen ge-
halt- und fruchtlosen spielerischen Willkür preisgege-
ben werden; weder in der Absicht, daß jeder Schüler
nur in irgendeiner Kunst Künstler, und noch bei Wei-
lern weniger in der Absicht, daß jeder Schüler in allen
Kunstfächern Künstler werden, was beides sich in sich
selbst vernichtet, ob man gleichwohl das ersterewohl
von jedem Menschen in einer gewissen Beziehung
sagen könnte; sondern in der bestimmten Absicht,
daß jeder Mensch dahin erhoben werde, sich seinem
Wesen getreu, vollkommen undaliseitig zu entwickeln,
daß er sich dahin erhebe, den Menschen in der All-
seitig- und Allkräftigkeit seines Wesens zu erkennen,
besonders aber auch, wie schon ausgesprochen wor-
den, daß jeder Mensch die Erzeugnisse echter Kunst
anzuschauen und zu würdigen verstehe.
(Ausgabe in Reclams Universalbibliofhek Nr. 6685— 6689, Seile 273—27S)
Mitgeleilt von Dr. Gerhard Deneke
Studienreferendar im Zeidien- und Kunstunterridit.
Der Erfinder der zeichnerischen Kurzschrift
Von Thomas Theodor Heine
Auch Wilhelm Busch ist dem Schicksal nicht ent-
gangen, von Literaten auf den kunstgeschichtlichen
Sozierlhch geschleppt zu werden. Die Resultate ihrer
Foischung liegen sauber in Schubfächer verteilt und
sind mit den vorrätigen Etiketten versehen: Deutsches
Gemüt — Skeptizismus — Alogismus — Ethischer Op-
timismus — Niedersächsisches Bauerntum — Melan-
cholie — Innere Religiosität — Pessimistische Philo-
sophie usw. Ich vermisse nur ein Schubfach mit der
Ltikette: Zeichenkunst.

Liebermann hal einmal gesagt: Zeichnen ist Wey-
lassen. Ta, so scheint es, wenn man das Resultat be-
trachtet. Ich glaube aber kaum, daß jemals eine gute
Zeichnung durch bloßes Weglassen des Unwesentlichen
entstanden ist. 3e mehr es dem Zeichner gelingt, das
Leben durch wenige Linien wiederzugeben, desto
näher ist er der Vollendung. Die gute Zeichnung ist
immer eine Neuschöpfung in vereinfachter Form, eine
Art Stenographie des Angeschauten. Busch ist der
eigentliche Erfinder der zeichnerischen Kurzschrift, Ich
weiß keinen Vorgänger, dem es gelungen wäre oder
der auch nur versucht hätte, in so knappen Strichen
das Leben einzufangen, durch einen einfachen Feder-
zug so unerhört gesteigerte Bewegung, so unvergeß-
liche Typen mitsamt der ihnen zukommenden Um-
gebung auf einem kleinen Blättchen Papier hervor-
zuzaubern. Das ist die höchste Vollendung des Hand-
werks, daß kein Tropfen Schweiß1 an dem fertigen
Werk zu kleben scheint. Ich zweifle nicht, daß diese
Leichtigkeit nur durch viel Arbeit und gründliche Mühe
erreicht werden konnte, so wie der Tapaner einen
fliegenden Vogel, einen Blütenzweig tausendmal beob-
achten und abbilden mußte, um ihn dann wie im Spiel
mit dem Tuschpinsel entstehen zu lassen.
(Aus einem Artikel in „Kirnst und Künstler''.)

BUCHBESPRECHUNGEN
i
Hartlieb: Die kindliche Bildsprache und ihre Anwen-
dung im Unterricht, (Mit einem Anhang: „Themenzu-
sammenstellung für die Heimatkunde" von Oberschul-
rat Kimmeimann). Verlag A. Bonz u. Co., Stuttgart
1931.
Dies Büchlein von 63 Seiten mit 3 eingefüglen Bil-
dern ist ehrlich bemüht, dem Volkslehrer eine faßliche
Einführung in kindgemäßes Zeichnen zu bieten. Es
bringt eine bejahende Einstellung zu den Gegeben-
heiten der Kinderzeichnung mit und hebt mit der Be-
weiskraft der Bilder eine Menge fragwürdiger Schu-
lungsmaßnahmen, die immer noch auf mechanische
Dressur gerichtet sind, aus dem Sattel: den Unter-
richtsaufbau nach „geometrischen Grundformen", den
sinnlosen „Strichmann" usw. — Insofern, als auch
keine „gekünstelten" Themen, sondern lebensnahe Be-
rührungen mit der ganzen Volksschularbeit gemeint
sind, kann man wünschen, daß jedem Volkslehrer dies
Mindestmaß an Einsicht geläufig werde. Gegenüber
dieser anerkennenswerten Haltung dürfen indes
einige Vorbehalte nicht verschwiegen werden.
Der Verfasser meint, daß die verschiedenen Auf-
fassungen der Psychologen und Kunstforscher den Er-
zieher nicht zu stören brauchen, weil er es nicht mit
den Ursachen und Bedingungen der kindlichen Bildne-
rei, sondern mit den Elementen der kindlichen Bild-
sprache zu tun habe, über welche sich alle Psycho-
logen und Kunstforscher einig seien. Hier wird ein
merkwürdiger Unterschied gemacht. Den Erzieher ginge
also nur das „Phänomen" an, nicht aber die Deutung
und Erklärung der Stufen des Kinderbildes? Hier liegl
eine Schwäche der Schrift, die bestätigt wird durch
die „elementarisierten" Entwicklungsstufen, wie sie
vom Verfasser selber gezeichnet sind. Der Auf- und
Ausbau der „Bildzeichen" (für Einzelgegenstände)
wird keineswegs verfolgt bis zu der Stelle, die auch
eine Einsicht in die „Bildform" (Komposition) entschei-
dend begründen würde. Das „Detail", die Keimzelle
alles Kompositorischen, wird vernachlässigt und vor-
schnell das „Phänomen" des Bildganzen als „elemen-
tare" Gegebenheit genommen. Stiefmütterlich werden
die „Bildzeichen" nach Kritzel-, Umriß-, Flächen-, Köi-
perzeichen gereiht und es werden auch im Bildbeleg
Mißverständnisse hinsichtlich „Umriß, Fläche, Körper"

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