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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 5 (Mai 1932)
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Umschau / Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0098

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erhellten, Mißverständnisse) <ius liüherer „Elemenlen"-
auffassung, aus Nichtachtung des bildnerischen Ge-
schehens. Die „Bildform" wird nach „Einzelbild" (lei-
der nur als „Darstellung" gelesen), „Streu-, Gruppen-,
Linien-, Streifen-, Flächen-, Raumbild" unterschieden.
Bei aller Achtung vor dem Entschluß auf kürzeste
sprachliche Fassung zu kommen, bleibt der Nachge-
schmack einer allzu formelhaften „Formal-stufen-theo-
rie". Wir kennen zuviel „Einführungen in das Volks-
schulzeichnen", die dem Lehrer die Arbeit des Stu-
diums abnehmen wollen, aber der Sicherungen in
ihren „Fertig-Urteilen" erheblich ermangeln. Das Bild-
geschehen läßt sich nicht verformein. Der Verfasser,
der um Berichtigungen bittet, sei auch auf die gefähr-
liche Festlegung hingewiesen bei seinem „Raumbild".
Im Abschnitt, der Sachverhalte der Kinderzeichnung
ausbreitet, tritt — gänzlich aus dem Rahmen fallend —
ein Unterrichtsverfahren alter Schule auf. Nach dem
Aufweis des kindertümlichen „Prospekt"-bildes springt
Hartlieb gewaltsam auf perspektivische Konstruktion
um (Beispiel der Landstraße, die sich kreuzt mit aus
der „Tiefe" kommender Eisenbahn!). Man muß be-
dauern, daß in entscheidenden Punkten noch eine
„Elementarisierung" verfolgt wird, obwohl die Ein-
sicht in diese Dinge doch heute vorliegt. Nur die
„Phänomene" sehen wollen und sehen lehren, das ge-
nügt in der Bildbildung keineswegs. Setze ich natur-
kundliche Zwecke davor, dann hat das „Bildchen"-
mulon keinen Sinn. Meine icli aber eine Erziehung zur
Form, dann ist der „gestallliche Wuchs" ein Wert, der
keine Normierung verträgt, vor allem nicht als Klas-
senleistung „eingeübt" werden kann. E. P.
Stilpflege und Aufsatzpraxis.
Kürzlich hielt Studienrat Dr. Fr. Rahn im Württ. Phi-
lologenverein einen Vortrag über diesen Gegenstand.
Er führte nach den Berichten der Tagespresse u. a.
folgendes aus: „Stilunterweisung sollte nicht als Ge-
legenheitsunterricht am Rand einer Unterrichtsstunde
betrieben werden. Da hier nicht mit Verstand und
Gedächtnis allein gearbeitet werden soll, sondern
Erziehung des Gefühlsvermögens, der Einbil-
dungskraft, des Geschmacks die Zielsetzung bil-
det, so muß Stilpflege als vollzähliges Fach gewertet
werden. Eine systematische Stilpflege entlastet den
Lehrer insofern, als bei der Aufsatzkorrektur und -Be-
sprechung mehr auf Hervorhebung des geglückten als
auf die negative Kritik der mißlungenen Leistung ab-
gehoben werden kann." — ür. Fr. Rahn gibt dem-
nächst ein „großangelegtes" Unterrichtswerk „Schule
des Schreibens" heraus, das eine „seit langem
schmerzlich empfundene Lücke glücklich ausfüllt". —
Unsere Leser werden finden, daß diese Bestrebun-
gen mit den von mir seit Jahrzehnten vertretenen
Grundsätzen im „Bildhaften Gestalten", das ich immer
schon die zweite „Muttersprache des Menschenge-
schlechts" genannt habe, völlig übereinstimmen. G. K.
Jak. Schug, Aufbau des Zeichen* und Kunstunier*
richts, (Verl. Gebr. Hofer A.-G., Saarbrücken 1931.) Das
Werk verdankt seine Entstehung den Erfahrungen der
Arbeitsgemeinschaft der Zeichenlehrer im Saargebiet;
es baut aber auf dem „Bildhaften Gestalten" von G.
Kolb auf, das Schug auch „das erste grundlegende
Werk über den neuen Unterricht" nennt. Dem Kampf
gegen das Chaos, das heute im Zeichen- und Kunst-
unterricht, besonders der Volks- und Mittelschulen
herrscht, soll damit eine wirksame Waffe geliefert
werden.
Die Stoffgebiete gliedert Schug in: I. Bildhaf-
tes Gestalten; II. schmückendes Zeichnen; III. Zeich-
nen nach der Vorstellung und IV. Zeichnen nach Na-
tur. Auch der Kunst- und Bildbetrachtung wird ein
breiter Raum gegeben. Der Entwurf eines Zeichen-
lehrplans beschließt den Textteil des Buches.

Was das Werk besonders aufschlußreich und an
regend macht, sind die vielen Abbildungen im lext
und fast 50 Tafeln in Offsetdruck, welche
eine Auswahl typischer Schülerarbeiten aus dem Un-
terricht Schugs und anderer Mitarbeiter zeigen. Auch
die typographische Gestalt des Buches darf vorzüg-
lich genannt werden.
Der Unterrichtsgrundsatz, den das Werk aufstellt, ist
derselbe wie ihn das „Bildhafte Gestalten" verlangt
Aktives Eingreifen des Lehrers in die Arbeit des Schü-
lers (Korrektur), besonders auf der Unter- und Mittel-
stufe und bei der Vorstellungszeichnung ist zu ver-
meiden. Förderung der individuellen Kräfte der Schü-
ler im Rahmen des Klassenunterrichts. Ein „Gehen-
lassen" der Schüler führt ebenso zum Erlöschen der
gestaltenden Kräfte wie ein zu starkes Beeinflussen.
„Die starken Kräfte des kindlichen Gestailungsdranges
hinüberretten ins bewußte Gestalten ist unsere schwie-
rige Aufgabe."
Alle wichtigen Errungenschaften der letzten Jahre
sind in dem Werk verwertet. Der Aufbau des Unter-
richts im Großen, wie die Durchführung der Unter-
richtsarbeit im Einzelnen, ist gut. Einwände ließen sich
bei der Photomontage machen, besonders den Text-
tafeln .10, 11 12, und 17; ferner bei dem Schmückenden
Zeichnen, Texttafeln 8, 13, 14 und zum Teil 15. Diese
Seite des modernen Kunstgewerbes bliebe besser
dem Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen
fern. Sie zeigt zu sehr den mechanischen Geist einer,
flachen Zeit.
Aber viele andere Anregungen sind brauchbar.
Schug schreibt dabei so, daß der Nichtfachlehrer es
leicht verstehen kann. Er meidet deshalb auch die
Terminologie Britschs, obwohl er die Theorie Britschs
kennt und verwertet.
Auch Schug kommt nach jahrelanger Arbeit zu der
Erkenntnis, daß das Abzeichnen unmittelbar vor
der Natur das Kind nur hemmt und verwirrt. Erst im
14. Jahre führt er das eigentliche Naturzeichnen ein,
das jedoch das bildhafte Gestalten nicht überflüssig
macht. Dabei sucht er jede Aufgabe, sei sie dem Vor-
stellungszeichnen oder Naturzeichnen entnommen, mit
einer Kunst- und Bildbetrachtung zu verbinden. Ohne
Bildwerfer läßt sich der neue Zeichen- und Kunstunler-
richt auch bei Schug kaum mehr denken.
Diese Kunstbetrachtungen sollen jedoch
keine Kunstgeschichte geben, sondern in erster Linie
vergleichende Betrachtung sein; im engen Anschluß
an die Gestaltung dasselbe Thema behandeln, das
von den Schülern vorher bearbeitet wurde. Er betont
dabei, daß „das letzte Erleben der großen Kunstoffen-
barungen ein Stück Gnade ist und nicht Sache der
Schulen oder irgend eines Lehrenden sein kann."
Wir können das Buch empfehlen. H. K.
Dr. Ernst Ziorer, Kunst* und Weltgesetze (J. J. Ottens-
Verlag, Berlin-Friedenau 1928). Neben der Britsch-
Theorie macht die neue „Tiefenanschauung" Zierers
gegenwärtig viel von sich reden in Fachkreisen. Sie
ist in einer Reihe von Schriften niedergelegt, zu deren
bedeutungsvollsten neben der oben genannten noch
„Das Ende der Kunstkritik" von Zierer und
„Objektive Wertgruppierung. Kunstmono-
graphische Übersicht über das Werk des Walter Ku-
rau", von demselben Verfasser (Verlag Seebote G. m.
b. H. in Uberlingen) zählen.
Zierer nennt seine neuartigen und durchaus nicht
leicht faßbaren Gedanken eine „Tiefenanschauung".
Er befaßt sich nicht mit Deutungen der Kunstwerke,
nicht mit der Aufstellung einer Theorie, sondern mit
dem wirklichen und faßbaren Inhalt des Kunstwer-
kes, den er durch Versenkung in der Betrachtung er-
lebt. Freilich ist dieser Inhalt für ihn weder das „Moti-
vische" (Gegenständliche), noch das Individuelle,
noch das Zeitgebundene. Auch ist für ihn der bewußte

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