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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 3 (März 1932)
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Zum Abbau des Zeichen- und Kunstunterrichts, [2]: Ausstellung der Arbeiten der Studierenden der Staatlichen Kunstschule in Berlin (3. - 24. Febr. 1932)
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Zum Nachdenken / Umschau / Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0063

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Doch das sind Illusionen — der Zeichenunterricht
wird abgebaut, und eine Welt des Kindes aut neuen
geistigen Fundamenten wird von Amts wegen ad acta
gelegt. W. G.
Anmerkung der Schrittleitung:
Diese Auslassung hat, nach Zuschriften, die mir zu-
gingen, viele ältere Zeichenlehrer verletzt und zwar
gerade die tüchtigsten, die ihrer Pflicht allezeit nach
bestem Wissen und Gewissen genügten. Die „Düngen"
sollten bedenken, daß sie die Schüler der „Alten"
sind, auf ihren Schultern stehen, daß die „Alten" es
waren, die den neuen Zeichen- und Kunstunterricht,
mit dem sich die „Dungen" heute brüsten, unter un-
säglichen Mühen und Opfern Bahn gebrochen haben.
„Mehr Ehrfurcht I" würde Goethe sagen.
Aber wir „Alten" dürfen auch nicht vergessen, wel-
chen harten Kampf ums Dasein unsere „Dungen" heute
kämpfen müssen. G. K.
Um die Seele des Kindes
Der Kunstunterricht war auf dem Wege, dem jungen
Menschen das Beste zu bringen, was er in dieser
Zeit erlangen kann, ein inneres Verhältnis zur Musik
und zur bildenden Kunst. Produktives Schaffen des
Kindes und systematische Einführung in Kunsterleben
und Kunstwerkverständnis verhüteten ein Überwuchern
durch die wissenschaftlichen Fächer. Daß man das
jetzt in der Schule durch den Abbau des Kunstunter-
richtes, der Zeichen- und Musikstunden unmöglich
gemacht hat, ist ein bedauerlicher Eingriff in das Ent-
wicklungsleben unserer Dugend. Gerade heute, in un-
serer so sachlichen Zeit, hätte den Fächern, die der
Pflege des Gefühlslebens gewidmet sind, am aller-
wenigsten die Wirkungsmöglichkeit genommen wer-
den dürfen.
Wer Kinder hat malen und musizieren sehen, der
weiß, daß das Kind mit ganzer Seele beteiligt ist, daß
es nach Ausdruck in graphischer und malerischer Form
ebenso sucht, wie es seine Erlebnisse in Musik um-
setzen oder in Worte pressen will. Das beweist, daß
das Kind ein inneres Verhältnis zur Kunst in sich trägt,
das aber ins Bewußte geleitet werden muß, wenn es
nicht verkümmern sollI Daß man diese einfachen Tat-
sachen nicht beachtet hat, zeugt von dem unpäda-
gogischen Geist jener Verordnung. Durch den ein-
seitig wissenschaftlichen Betrieb in der Schule wird
jetzt wieder das Seelische vom Geistigen überwu-
chert. Die Schaffung des nötigen Ausgleiches, für den
die jungen Kunsterzieher in begeisterter Arbeit wirk-
ten, fehlt jetzt wieder. Es ist unbegreiflich, daß man
die Kunstfächer bis auf fast ein Nichts abgebaut hat,
woraus der Dugend derselbe Schaden erwächst, den
die älteren Generationen immer wieder beklagen, die
ihr von der Schule herrührendes mangelhaftes Ver-
hältnis zur Musik und bildenden Kunst nur durch spä-
tere eigene Arbeit überwinden konnten.
Es ist nur zu verständlich, daß die verzweifelt
schlechte wirtschaftliche Lage der jungen Lehrer-
schaft immer wieder betont wird. Wir wollen aber
auch nicht die Dugend vergessen, die den bedeuten-
den Wert dieser Fächer für inre geistige und see-
lische Entwicklung zu schätzen weiß und die Kürzung
dieser Stunden um die Hälfte aufs stärkste bedauert,
und es ist im Interesse unserer Dugend zu fordern,
daß diese Fächer einen ihrer Bedeutung zugemesse-
nen Raum im Schulleben erhalten. F. L.
(Aus „Der Tag”.)

ZUM NACHDENKEN
Fortpflanzung ist die in ähnlichen Zeitspannen erfol-
gende Wiederkehr ähnlicher Bilder
Die sog. Fortpflanzlichkeit ist die wichtigste rhyth-
mische Lebenserscheinung. Ihr zufolge hängt alles
heute Lebendige mit den allerersten Protoplasmen

zusammen, die vor Dahresmillionen auf Erden entsinn
den. Eine nirgends unlerbrochene Kette knüpft jedes
Lebewesen der Gegenwart an die Lebewesen der
frühesten Vorzeit an und nimmt sie alle in den einen
und selben durch Dahresäonen und über die ganze
Erde ausgespannten Lebensverband. Worin be-
steht nun aber das Bindende, da doch die Einzel-
wesen voneinander getrennt und für sich selber le-
bendig sind?
Vom Buchbaum fällt ein Buchecker und gedeiht im
Waldesboden zum neuen Baum. Lebt etwa die Mutier-
buche im Buchenkinde fort? Gewiß nicht. Dene könn-
ten wir umhauen und verbrennen, dieses wächst fröh-
lich weiter. Oder lebt etwas vom Stoff der alten
in der erneuerten Buche? Ebenfalls nicht! Denn dei
vollerwachsene Dungbaum birgt auch nicht ein Atom
mehr vom Stoff der Frucht, aus der er gedieh! Wenn
aber im neuen Individuum weder das alte Individuum
noch auch dessen Materie erhalten bleibt, was ist
es denn eigentlich, das durch Abertausende von Ge-
schlechtern ununterbrochen h i n d u r c h r e i c h t? Die
Antwort lautet: ein Bild! Das Bild der Eiche, das Bild
der Föhre, das Bild des Fisches, das Bild des Hundes,
das Bild des Menschen kehrt in jedem Einzelträger
der Gattung wieder. „Fortpflanzung" heißt der physi-
kalisch ewig unzugängliche Vorgang der Weitergabe
des Urbildes der Gattung von Ort zu Ort und von
Zeit zu Zeit. Das wandernde aber ist ein sich w a fi-
del nd es Bild, und unser Vermögen des Wieder-
erkennens der Gattung in jeglichem Einzelträger zu-
samt der Befähigung, nach jener ihn zu benennen,
gründet wiederum im Erlebnis der Ähnlichkeit.
Nicht gleich, aber ähnlich ist der Düngling dem Mann,
nicht gleich, aber ähnlich das Kind den Eltern, nicht
gleich, aber ähnlich jede heutige Gattung der Stam-
mesart, der sie entzweigte, da denn in nur weit län-
geren Fristen die Arten nicht weniger entstehen und
vergehen wie ihre einzellebigen Träger. „Keiner
bleibt", sagt Plutarch, „keiner ist ein einziger, sondern
wir werden viele, indem nur die Materie sich um ein
einziges Bild ... herumtreibt und wieder ent-
schlüpft."
Fortpflanzung ist die in ähnlichen Zeitspannen
erfolgende Wiederkehr ähnlicher Bilder; womit
der Beweis geschlossen wäre, daß der Rhythmus die
Urerscheinung des Lebens sei.
Aus „Ausdrucksbewegung und Gestaltungskraft'' von Dr. Ludw. Klages.
1923. (Verleg Job. Ambrosius Barth, Leipzig.)

UMSCHAU
Deutsche Pädagogische Auslandstolle c. V.
Am 20. Danuar wurde die im Dahre 1929 gegründete
Deutsche Pädagogische Auslandstelle als eingelra
gener Verein konstituiert. Unter Anteilnahme der
Reichsbehörden, der Unterricht.'verwaltungen der
deutschen Länder und der großen pädagogischen
Fach- und Berufsverbände wurde die Deutsche Päda-
gogische Auslandstelle als E. V. in ihrer Eigenschaft
als Zentralstelle für den pädagogischen Austausch
Deutschlands mit dem Ausland ausdrücklich bestätigt.
In der Satzung des Vereins wurde in dem § 2 und 3
der Zweck und der Aufgabenkreis der Stelle folgen-
dermaßen umschrieben:
Die Deutsche Pädagogische Auslandstelle hat den
Zweck, die Beziehungen zwischen Deutschland und
dem Ausland auf pädagogischem Gebiet zusammen-
fassend zu beobachten, zu fördern und zu vertiefen,
soweit diese Aufgaben nicht in den Geschäflskreis
amtlicher Stellen fallen.
Sie sucht ihren Zweck zu erreichen
1. durch Auskunfterteilung an nichtamtliche Stellen im
Ausland über Fragen des deutschen Bildungswesens
ausschließlich des Hochschulwesens und über die
pädagogische Bewegung in Deutschland;

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