wenn es ersl später sinnvoll wird, auch die sich be-
wegenden Flächen beschreiben zu lassen, ihr Vor-
kommen und Zurückweichen durch Übergänge mit
moduliertem Strich oder durch Verwischen zu geben,
so kann demgegenüber der Einsatz beim Malen durch-
aus anders sein. Nicht zufällig habe ich in der Ein-
leitung den Vergleich mit der Wandtafel gezogen.
Dort verbietet sich ein durchgehendes Ausmalen des
groben Mittels wegen. Entweder decken die bunten
Kreiden zu ungleich oder sie stäuben weg, wenn man
die wenigen Töne verändern will durch „Mischen".
Stärker geleimte Kreide, die auf dem festen Papier-
grund gut haftet, erlaubt hingegen ein befriedigendes
Abwägen der gemeinten Töne. Und verbietet — aus
dem Mittel heraus — ein Zuviel an „Bezeichnung"
ohne zu plakathafter Flächigkeit zu nötigen. Ich halte
eine Steuerung auf geschlossene Farbigkeit hin, wie
schon erwähnt, nicht für angebracht vor dem 14. Jahr.
Auch dann noch spielen anfangs farbige Nur-Striche
hinein oder Nur-Inseln von Flecken, d. h. der Zusam-
menschlußwird erst mählich gewonnen. Aber er kann
ohne verfrühten Zwang erreicht werden und sinnvoll
entstehen. Uber die Phase einer grenzhaften „Lokal-
färbigkeit" kommen überhaupt nur wenige Schüler
hinaus. Was auch nicht zu fordern ist, weil innerhalb
dieser Möglichkeit eine ungemein reiche Ausgestal-
tung liegt, die erfüllbar ist und allerdings durchaus
andre Bilder ergibt als die vielfach einseitig kulti-
vierten Zeichnungen mit spitzem Stift. Um deutlich zu
machen, daß es wirklich um ein Setzen von Farben
geht, um ein Formen mit Farbmitteln, das mit dem
Bleistift nicht verglichen werden kann, erinnere ich
an die erfüllbaren Bildwerke, wie sie vornehmlich in
Mädchenklassen aus dem Sticken mit bunten Woll-
fäden oder in Applikationsarbeit erstehen, oder mög-
lich wären aus dem Leben bunter Steine (Mosaik;
Glas- oder Holzperlen in Kitt). Genau wie dabei Men-
schengesichter ganz aus Farbe aufgebaut werden kön-
nen, ist es mit den Buntstiften möglich unter Wahrung
des „natürlichen" Kunstzustandes der Schüler. Viel-
fach muten übrigens die Pastellbildnisse der Schüler
ohnehin wie leuchtende Stickereien an, bei denen
die „Fäden" ganz dicht liegen.
Dies sei zur Beruhigung vermerkt, falls in meiner
Darlegung ein Rückfall in „impressionistische" Absich-
ten vermutet würde. Leider behalten die Buntstift-
erzeugnisse einen großen Mangel gegenüber den
gestickten Bildern; die Verwischbarkeil. Dieser ihr
Vorzug beim Arbeiten, der den empfindsameren Schü-
lern die Freiheit läßt, die Farben zu bewegen, kehrt
sich zum erheblichen Nachteil, wenn die Blätter auf-
bewahrt werden sollen. Fixieren mit der üblichen
Schellacklösung hilft nur wenig. Ich kenne jedenfalls
kein Universal-Schutzmittel. Hier liegt schließlich wohl
der Grund, weshalb die bunten Kreiden wenig genutzt
werden, obwohl ihre Überlegenheit evident bleibt,
wenn es gilt (zum Unterschied von der Wasserfarbe)
mit Entschiedenheit Farbe an Farbe und auch Farbe
auf Farbe in Zusammenhang zu bringen und gilt, in
nur einer Stunde etwas Ganzes zustande zu bringen.
KARL HILS-STUTTG ART; DER SELBSTGEBAUTE BRENNOFEN
(Siehe dazu die Abbildungen Seite 150.)
Mit Recht ist man in jüngster Zeit etwas mißtrauisch
gerade gegen die vielen Versuche auf dem
Gebiete des Werkunterrichts. Denn es hat wirklich
keinen Zweck, die verschiedensten Zweige des Kunst-
gewerbes in den Schulunterricht hineinzubauen, bloß
weil der oder jener Werklehrer eine besondere Vor-
liebe für diese oder jene Technik hat, die er nun den
Schülern mundgerecht oder vielmehr handgerecht
machen will, dabei aber nur ein bescheidenes „tech-
nisches" Endergebnis erreicht. Diese Einstellung mag
vor Jahren noch eine gewisse Berechtigung gehabt
haben. Aber im Sinne des naturgemäßen Weges der
lugend- und Volkserziehung, wie er z. B. in Kolbs
Werk psychologisch und methodisch dargestellt wird,
sind diese Bemühungen nicht.
Anschließend an die Handbetätigung des Kleinkin-
des im freien Spiel sollen die Kinder zum selbstän-
digen Erleben der Werkstoffe gelangen, sie sollen
die Wege zu Formgestaltung selber suchen und Ihrer
Altersstufe entsprechend die Arbeit gestalten. Dann
wird jede Werkarbeit für das betreffende Alter eine
in sich abgeschlossene Vollendung haben können, zu
der der Lehrer nichts mehr hinzufügen darf und von
der er auch nichts mehr hinwegzunehmen berechtigt
ist, genau so wie es bei der Kinderzeichnung der
Fall ist.
Gehen wir vom Gefäßformen aus, einer mensch-
lichen Urtechnik im vollsten Sinne des Wortes. Fast alle
„primtiven" Menschen, die Lehm oder Ton zur Ver-
fügung haben, können Gefäße formen und brennen.
Und jedes Kind findet von sich aus den Weg dazu,
Wir haben in unserm Schulgarten etwa 50 Zentner
roten Ton aufgehäuft, den die Schüler von einer Erd-
arbeit bei der Schule in Eimern zusammengetragen
hatten. Ein kostenloser Vorrat auf Jahre hinaus.
Die Klasse steht im Schulgarten und sieht den vielen
Ton. Ich sage; wir brauchen viele Tonschüsselchen,
denn unsere Wassergefäße, die wir beim Malen brau-
chen, sind zum großen Teil entzwei gegangen. Jeder
Junge erhält einen gleichgroßen Brocken Ton. Die
etwa beigemengten größeren Steinchen werden beim
Kneten herausgeklaubt. Sandkörner schaden nichts.
Die einen Schüler drücken in die Tonkugel mit dem
Finger oder der Faust eine Vertiefung ein, andere
bilden eine Tonplatte und stülpen den Rand auf, an-
dere bauen aus Tonstückchen oder aus Tonwürstchen
den Boden und die Gefäßwand auf.
Hier muß ich folgendes Grundsätzliches einschalten.
— Bei mir wird stets in jeder Urtechnik robinsonartig
gearbeitet. Einige Schüler flechten, andere schnitzen
in Holz, andere bauen Webstühle und weben oder
sie schaffen sich Pfeifen und andere Musikinstrumente
aller Art, aber immer dem Lebenskreis und dem Le-
bensalter entsprechend in bezug auf das Endergebnis,
das ja, genau wie bei der Kinderzeichnung, ein wich-
tiges Kennzeichen der Kindertümlichkeit ist.
Das Aufbauen der Gefäßwand aus Tonwülsten
geht offenbar aus dem Korbflechten oder aus den
dabei gewonnenen Beobachtungen hervor. Bekannt-
lich formten die Menschen der vorgeschichtlichen
Zeit auf unserem Grund und Boden in dieser Weise
ihre schönen Gefäße ohne Töpferscheibe. Das spiral-
förmige Aneinanderkleben der Tonwülste schafft eine
gewisse saubere, einwandfreie Werkform, die der
Warenhauskeramik, die die Schüler in ihrer häuslichen
Umgebung oft sehen, überlegen ist. Wenn ich Im früher
üblichen Sinne modellieren ließ, kamen leicht Anleh-
nungen an diese Hausgreuel heraus. Beim Aufbauen
aus Tonwülsten aber heißt es; Baut flache Schalen,
weite Töpfe, hohe Urnen, bauchige Gefäße mit ein-
gezogenem Halsansatz, natürlich ohne Henkel und
Schnauze usf.
Um zu unserer Aufgabe zurückzukehren, sei gesagt:
es versteht sich von selbst, daß das Gebrauchsgefäß
gebrannt sein muß. Nun kann man die Schülerarbeiten
ja brennen lassen, aber da haben wir schon den Ein-
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wegenden Flächen beschreiben zu lassen, ihr Vor-
kommen und Zurückweichen durch Übergänge mit
moduliertem Strich oder durch Verwischen zu geben,
so kann demgegenüber der Einsatz beim Malen durch-
aus anders sein. Nicht zufällig habe ich in der Ein-
leitung den Vergleich mit der Wandtafel gezogen.
Dort verbietet sich ein durchgehendes Ausmalen des
groben Mittels wegen. Entweder decken die bunten
Kreiden zu ungleich oder sie stäuben weg, wenn man
die wenigen Töne verändern will durch „Mischen".
Stärker geleimte Kreide, die auf dem festen Papier-
grund gut haftet, erlaubt hingegen ein befriedigendes
Abwägen der gemeinten Töne. Und verbietet — aus
dem Mittel heraus — ein Zuviel an „Bezeichnung"
ohne zu plakathafter Flächigkeit zu nötigen. Ich halte
eine Steuerung auf geschlossene Farbigkeit hin, wie
schon erwähnt, nicht für angebracht vor dem 14. Jahr.
Auch dann noch spielen anfangs farbige Nur-Striche
hinein oder Nur-Inseln von Flecken, d. h. der Zusam-
menschlußwird erst mählich gewonnen. Aber er kann
ohne verfrühten Zwang erreicht werden und sinnvoll
entstehen. Uber die Phase einer grenzhaften „Lokal-
färbigkeit" kommen überhaupt nur wenige Schüler
hinaus. Was auch nicht zu fordern ist, weil innerhalb
dieser Möglichkeit eine ungemein reiche Ausgestal-
tung liegt, die erfüllbar ist und allerdings durchaus
andre Bilder ergibt als die vielfach einseitig kulti-
vierten Zeichnungen mit spitzem Stift. Um deutlich zu
machen, daß es wirklich um ein Setzen von Farben
geht, um ein Formen mit Farbmitteln, das mit dem
Bleistift nicht verglichen werden kann, erinnere ich
an die erfüllbaren Bildwerke, wie sie vornehmlich in
Mädchenklassen aus dem Sticken mit bunten Woll-
fäden oder in Applikationsarbeit erstehen, oder mög-
lich wären aus dem Leben bunter Steine (Mosaik;
Glas- oder Holzperlen in Kitt). Genau wie dabei Men-
schengesichter ganz aus Farbe aufgebaut werden kön-
nen, ist es mit den Buntstiften möglich unter Wahrung
des „natürlichen" Kunstzustandes der Schüler. Viel-
fach muten übrigens die Pastellbildnisse der Schüler
ohnehin wie leuchtende Stickereien an, bei denen
die „Fäden" ganz dicht liegen.
Dies sei zur Beruhigung vermerkt, falls in meiner
Darlegung ein Rückfall in „impressionistische" Absich-
ten vermutet würde. Leider behalten die Buntstift-
erzeugnisse einen großen Mangel gegenüber den
gestickten Bildern; die Verwischbarkeil. Dieser ihr
Vorzug beim Arbeiten, der den empfindsameren Schü-
lern die Freiheit läßt, die Farben zu bewegen, kehrt
sich zum erheblichen Nachteil, wenn die Blätter auf-
bewahrt werden sollen. Fixieren mit der üblichen
Schellacklösung hilft nur wenig. Ich kenne jedenfalls
kein Universal-Schutzmittel. Hier liegt schließlich wohl
der Grund, weshalb die bunten Kreiden wenig genutzt
werden, obwohl ihre Überlegenheit evident bleibt,
wenn es gilt (zum Unterschied von der Wasserfarbe)
mit Entschiedenheit Farbe an Farbe und auch Farbe
auf Farbe in Zusammenhang zu bringen und gilt, in
nur einer Stunde etwas Ganzes zustande zu bringen.
KARL HILS-STUTTG ART; DER SELBSTGEBAUTE BRENNOFEN
(Siehe dazu die Abbildungen Seite 150.)
Mit Recht ist man in jüngster Zeit etwas mißtrauisch
gerade gegen die vielen Versuche auf dem
Gebiete des Werkunterrichts. Denn es hat wirklich
keinen Zweck, die verschiedensten Zweige des Kunst-
gewerbes in den Schulunterricht hineinzubauen, bloß
weil der oder jener Werklehrer eine besondere Vor-
liebe für diese oder jene Technik hat, die er nun den
Schülern mundgerecht oder vielmehr handgerecht
machen will, dabei aber nur ein bescheidenes „tech-
nisches" Endergebnis erreicht. Diese Einstellung mag
vor Jahren noch eine gewisse Berechtigung gehabt
haben. Aber im Sinne des naturgemäßen Weges der
lugend- und Volkserziehung, wie er z. B. in Kolbs
Werk psychologisch und methodisch dargestellt wird,
sind diese Bemühungen nicht.
Anschließend an die Handbetätigung des Kleinkin-
des im freien Spiel sollen die Kinder zum selbstän-
digen Erleben der Werkstoffe gelangen, sie sollen
die Wege zu Formgestaltung selber suchen und Ihrer
Altersstufe entsprechend die Arbeit gestalten. Dann
wird jede Werkarbeit für das betreffende Alter eine
in sich abgeschlossene Vollendung haben können, zu
der der Lehrer nichts mehr hinzufügen darf und von
der er auch nichts mehr hinwegzunehmen berechtigt
ist, genau so wie es bei der Kinderzeichnung der
Fall ist.
Gehen wir vom Gefäßformen aus, einer mensch-
lichen Urtechnik im vollsten Sinne des Wortes. Fast alle
„primtiven" Menschen, die Lehm oder Ton zur Ver-
fügung haben, können Gefäße formen und brennen.
Und jedes Kind findet von sich aus den Weg dazu,
Wir haben in unserm Schulgarten etwa 50 Zentner
roten Ton aufgehäuft, den die Schüler von einer Erd-
arbeit bei der Schule in Eimern zusammengetragen
hatten. Ein kostenloser Vorrat auf Jahre hinaus.
Die Klasse steht im Schulgarten und sieht den vielen
Ton. Ich sage; wir brauchen viele Tonschüsselchen,
denn unsere Wassergefäße, die wir beim Malen brau-
chen, sind zum großen Teil entzwei gegangen. Jeder
Junge erhält einen gleichgroßen Brocken Ton. Die
etwa beigemengten größeren Steinchen werden beim
Kneten herausgeklaubt. Sandkörner schaden nichts.
Die einen Schüler drücken in die Tonkugel mit dem
Finger oder der Faust eine Vertiefung ein, andere
bilden eine Tonplatte und stülpen den Rand auf, an-
dere bauen aus Tonstückchen oder aus Tonwürstchen
den Boden und die Gefäßwand auf.
Hier muß ich folgendes Grundsätzliches einschalten.
— Bei mir wird stets in jeder Urtechnik robinsonartig
gearbeitet. Einige Schüler flechten, andere schnitzen
in Holz, andere bauen Webstühle und weben oder
sie schaffen sich Pfeifen und andere Musikinstrumente
aller Art, aber immer dem Lebenskreis und dem Le-
bensalter entsprechend in bezug auf das Endergebnis,
das ja, genau wie bei der Kinderzeichnung, ein wich-
tiges Kennzeichen der Kindertümlichkeit ist.
Das Aufbauen der Gefäßwand aus Tonwülsten
geht offenbar aus dem Korbflechten oder aus den
dabei gewonnenen Beobachtungen hervor. Bekannt-
lich formten die Menschen der vorgeschichtlichen
Zeit auf unserem Grund und Boden in dieser Weise
ihre schönen Gefäße ohne Töpferscheibe. Das spiral-
förmige Aneinanderkleben der Tonwülste schafft eine
gewisse saubere, einwandfreie Werkform, die der
Warenhauskeramik, die die Schüler in ihrer häuslichen
Umgebung oft sehen, überlegen ist. Wenn ich Im früher
üblichen Sinne modellieren ließ, kamen leicht Anleh-
nungen an diese Hausgreuel heraus. Beim Aufbauen
aus Tonwülsten aber heißt es; Baut flache Schalen,
weite Töpfe, hohe Urnen, bauchige Gefäße mit ein-
gezogenem Halsansatz, natürlich ohne Henkel und
Schnauze usf.
Um zu unserer Aufgabe zurückzukehren, sei gesagt:
es versteht sich von selbst, daß das Gebrauchsgefäß
gebrannt sein muß. Nun kann man die Schülerarbeiten
ja brennen lassen, aber da haben wir schon den Ein-
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