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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

DOI Heft:
Heft 8 (August 1932)
DOI Artikel:
Braun, Albrecht: Zwei Beispiele des streng sachlichen Zeichnens
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0145

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DR. ALBRECHT BRAUN-ESSLINGEN:
ZWEI BEISPIELE DES STRENG SACHLICHEN ZEICHNENS

In unserem würll. Arbeitskreis sind schon seil Jahren Ver-
suche im Gange, das räumliche und konslruklive Vorstel-
lungs- und Denkvermögen zu entwickeln durch sachliches
Darstellen ohne Benützung der Zentralperspektive, die ja
bekanntlich auch der Techniker nicht anwendet. Die hier
gezeigten Beispiele sind Proben dieser Bemühungen, die
bei den meisten Schülern auf fruchtbaren Boden fallen. Zu
den Zeichnungen ist noch zu sagen, dafj die Originale Blei-
stiftzeichnungen sind, die der Billigkeit halber in Zinkätzung
(statt Rasteräljung) klischierI wurden. Leider geht dabei die
Biegsamkeit, das An- und Abschwellen der gezeichneten
Linie verloren. Sie erhält etwas Starres, Lebloses, Unemp-
fundenes. Das tritt besonders störend zutage bei Wieder-
gabe von Pflanzenzeichnungen (s. z. B. Heft 1,1932, Seite 10).
Die Schriflltgi
1. Aufgabe: Huilfeldbindung(UII, O II).
Nähere Bestimmung der Aufgabe:
Düi Schüler soll eine anschauliche Darstellung einer
Skibindung (Huitfeld) geben. Wer die Zeichnung sieht,
soll den „Mechanismus" leicht lassen können. Nicht
zufällige Erscheinungsformen sollen wiedergegeben
werden, sondern die des „Typus". Dadurch entsteht
eine „sachliche" Darstellung. Sie soll bei dieser all-
gemeinen Verständlichkeit jedem Schüler erreichbar
sein. Daraus ergibt sich die Art der Darstellung.
Es scheiden aus: die zentralperspektivische Darstel-
lung, da sie die wahren Ausmaße verzerrt, Wichtiges
verdeckt und auch bis zu einem gewissen Grade sub-
jektiv bedingt ist und die Darstellung in Grund- und
Aulriß, da sie zu wenig anschaulich ist. Es bleibt die
Darstellung schräg von oben in einer Art
Paiollelperspektive als die anschaulichste (3 Seiten),
die leine Linienzeichnung als die knappste, genaueste.
Mil ihr kann man das Wesentliche am klarsten zeigen.
(Vgl. auch die in technischen Betrieben verwandte
Ddistellung bei Aufnahmen von Maschinen, die Richt-
linien des DATSCH, deutschen Ausschusses für tech-

nisches Schulwesen, Berlin). Die einfache sachliche
Darstellung ist dem Schüler erreichbar und seiner Vor-
stellungsweise gemäß. Die Darstellung geschieht nicht
nach unmittelbarer Anschauung durch Abzeichnen,
wird jedoch durch Beobachtung des Gegenstandes
bzw. von Hilfsgegenständen erarbeitet.
Ihre klare Verwirklichung ist der überzeugendste
Beweis des Verständnisses für die Konstruktions- und
Funktionsformen des Gegenstandes. Die Zeichnungen
erhalten der Aufgabe entsprechend, etwas Kühles,
Technisches.
Erziehliche Bedeutung der Aufgabe:
Den Schülern muß klar werden, zu welchem Zweck
man gerade in dieser Weise darstellt, das dürfte heute
nicht schwer zu erläutern sein, da jeder technische
Bestand oder Apparat anschaulich, knapp und mit den
einfachsten Mitteln dargestellt werden muß. Im natur-
wissenschaftlichen Unterricht werden solche Übungen
unmittelbar nutzbringend sein.
Der Lehrer muß sich aber über den Weg, auf dem
man zu solchen Darstellungen kommt, klar sein.
Nach solchen Übungen wird der Schüler bei etwai-
gen Zeichnungen nach unmittelbarer Anschau-
ung selbständig das Zufällige erkennen und in seiner
Zeichnung beachten und unterdrücken lernen. Die
Fähigkeit, zu beobachten und zu sehen, wird also
durch solche Übungen sicher gesteigert. Erst wenn
einmal Formen in ihrem Gehalt und Sinn erfaßt wur-
den, beginnt ein Sehen aus eigener Kraft.
2. Aufgabe: Innenraumdarstellung,
Wohnungsinneres (Uli, Oll). Eine durchdachte
Wohnung mit Inneneinrichtung soll anschaulich dar-
gestellt werden,

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