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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 7 (Juli 1932)
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Zum Nachdenken / Umschau / Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0134

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und künstlerischen Gesichtspunkten. 1930. 8", 144 Seiten
(mit 154 Abbildungen und einer viertarbigen Beilage).
Leinen RM. 7.—. Pädagogischer Verlag, G. m. b. H.,
Düsseldorf.
Was wir in unseren Schulen an Wandschmuck fin-
den, ist meistens thematisch, d. h. im Hinblick auf ge-
schichtliche, erdkundliche, naturkundliche Zielpunkte
usw., gerichtet. Unter ausgesprochener Vernachlässi-
gung des Bildkünstlerischen, das seinen Eigenwert
besitzt. Diese Vernachlässigung erfolgt in doppelter
Hinsicht: entweder grenzt der Wandschmuck gefähr-
lich nahe an den Kitsch oder er übersteigt das bild-
hafte Fassungsvermögen des urteilenden Schülers.
Ohne Zweifel, das Problem des Wandschmuckes ist
dringend.
Das Buch von Wommelsdorff hat zwei Teile. Im er-
sten werden die kunstpädagogischen Grundlagen be-
sprochen, im zweiten wird eine Auswahl von Bild-
werken gezeigt.
Die einzelnen Kapitel sind durchweg lebendig, ver-
ständlich und überzeugend geschrieben. Es handelt
sich hier um einige Bildbesprechungen der Klasse,
charakteristische Aussagen von Kindern über das Ge-
sehene, die der Erwachsene (aber nur der verbildeteI)
nicht begreift, auf die jedoch der Erzieher verständnis-
voll eingehen muß. Es handelt sich weiterhin um eine
Darstellung des Sich-Ewig-Gleichbleibenden und des
Sich-Ständig-Wiederholenden in der Kunst, um die
Fehler der bisherigen Erziehung und um die Folgerun-
gen, die heute gezogen werden müssen. Der Verfas-
ser fußt ausschließlich auf Britsch, den er ausgezeich-
net wiedergibt. Daß das sehr einseitig, lückenhaft und
gefährlich ist, darüber wird in der Zukunft noch man-
ches zu sagen sein.
Der Reproduktionsfrage ist ein besonderer Abschnitt
gewidmet. Meiner Erfahrung nach sind ältere Schüler
sehr wohl imstande, Wiedergaben von Originalen zu
unterscheiden. Das hat sich in Hannover gezeigt. Hier
veranstaltete die Kestner-Gesellschaft eine Aufsehen
erregende Ausstellung „Original und Reproduktion",
die mit einer öffentlichen Preisfrage verbunden war.
Es handelte sich darum, unter 108 überglasten Blättern
(Graphik und AquarellI) 36 Originale ausfindig zu ma-
chen. Uber 70?« der Preise wurden von Schülern zweier
Lehranstalten gewonnen. Sie hatten nicht weniger als
32—36 richtige Lösungen sachkundig und zielstrebig
gefunden, und damit eine ganze Anzahl von erfahre-
nen Kunsthistorikern hinter sich gelassen. Daß das ir-
gendwie auf den Zeichenunterricht zurückgeführt wer-
den mußte, wurde von der überraschten Fachwelt
offen zugegeben. Ich unterstreiche Wommelsdorffs
Ansicht, daß die gute Wiedergabe eines guten Bildes
trotzdem besser ist als ein schwaches Original.
Zwischen den theoretischen Ausführungen und den
praktischen Auswahlvorschlägen des Verfassers be-
sieht leider ein nicht zu leugnender Gegensatz. Wer
als Kunstlehrer zunächst einmal den Bildteil durch-
blättert und dann den Text zu lesen beginnt, wartet
die ganze Zeit über neugierig und ungeduldig auf
die diesbezügliche Selbsterkenntnis des Verfassers,
die auf Seite 39 denn auch prompt erfolgt. Wommels-
dorff stellt hier fest, daß die voigeschlagene Auswahl
nicht genüge, daß sie vielmehr im Hinblick auf den
Mangel an geeigneten Wiedergaben jugendnaher
Werke noch verfrüht sei.
Abei auch zu dieser zwangsläufig eingeschränkten
Zusammenstellung muß die kritische Bemerkung ge-
macht werden, daß eine klare Linie in ihr fehlt. Was
im 5. und 6. Schuljahr gezeigt wird (z. B. die bekannte
Miniatur „Walter von der Vogelweide" und „die Ma-
donna mit der Wickenblüte") gehört unbestreitbar im
Sinne von Britsch in das 1. bis 4. Schuljahr. Und um-
gekehrt: Was hier zur Betrachtung empfohlen wird,
sollte teilweise in höheren Klassen angeschaut wer-
den (z. B. Cranachs „Ruhe auf der Flucht" und die bei-

den Arbeiten von Richter). Man könnte diese Beispiele
noch um eine Anzahl erweitern.
M. E. ist die Frage des Wandschmucks, was ihren
künstlerischen Wert anbelangt, i. a. theoretisch durch-
aus geklärt. Fragt sich nur, ob nicht auch die thema-
tischen Gesichtspunkte, die sich von den andern Schul-
fächern aus ergeben, mit Rücksicht auf die Gesamtbil-
dung planmäßig mit bedacht werden sollten. Was die
Schulen heute unbedingt brauchen, ist ein eindeu-
tiger Vorschlag für die Praxis. Hier versagt
das Buch bedauerlicherweise. Ich kann mir denken,
daß die Schaffung des Buches sehr verlockte; ein gro-
ßer Bestand von Druckstöcken stand ja dem Verfasser
durch die großen Kunstanstalten zur Verfügung. Aber
so ein Buch ist doch wirklich zweifelhaft im Wert,
wenn die an sich klare Theorie nicht durch die heute
so dringend erforderlichen praktischen Auswahlvot-
schläge ergänzt wird.
Nach Wommelsdorff: Der Mensch erfaßt in einem
Kunstwerk nur das, was er von seiner eigenen Vor-
stellungskraft aus auch hätte schaffen können. Hält
der Verfasser die Abbildung 22 (immer wieder im
Sinne von Britsch) für einheitlich, und überschreitet er
damit nicht die ihm selbst gezogenen Grenzen künst-
lerischer Urteilssicherheit? Dies Blatt bringt einen Miß-
ton in den prächtigen Chor der Klassiker.
Immerhin: Das Buch regt an zu einer gründlichen
Verbesserung.
Nochmals der „Schuljahrs-Kalender: Malende Ju-
gend". In „Schauen und Schaffen" 1932, Heft 11, bringt
deren Schriftleiter eine scharfe Kritik des „Schuljahrs-
Kalenders: Malende Jugend", die mit meiner zu glei
eher Zeit erschienenen Beurteilung in „Kunst und Ju-
gend", Heft 6, sachlich übereinstimmt. Seine Anmer-
kung: „Die meisten Arbeiten scheinen aus Stutt-
garter oder Württemberger Schulen zu
stammenl" wäre besser weggeblieben. Man meikt
die Absicht und —HerrKrötzsch möge sich beruhigen:
der Herausgeber des Kalenders ist mir nur dem Namen
nach bekannt. Er ist kein württ. Zeichenlehrer. Sein
Tun hat mit unseren amtlichen Lehrplänen und unserer
Arbeitsgemeinschaft nichts zu tun. Solche „Gegenbei-
spiele" können überall, vermutlich auch in Sachsen
Vorkommen. Wenn das „ringende Bemühen unserer
besten Köpfe" dadurch „gehemmt" würde, wäre es
um diese „besten Köpfe" und ihr „Ringen" schlecht
bestellt. G. K,

Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:
Studienassessor Hans Herrmann - Bamberg, Am Friedrichsbrunnen 14:
„Die Erziehung der Oberstufe."
Sludienral G. Stietiler- Leipzig S. 3, Scheffelstr. 23: „Gegenwartsfragen."
Zeichenlehrer Wilhelm Busse, Halle n. S.( Königstrafje 13: „Die Beur-
teilung der Schülerarbeiten im Zeichen- und Kunstunlerrichl."
Studienrat E. Bettler-Frankfurt a. M.-Eschersheim, Fontanestrafje 17:
„Gegen den Abbau. Eine Kundgebung in Frankfurt a. M."
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