Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend
— N.F. 12.1932
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0201
DOI Heft:
Heft 11 (November 1932)
DOI Artikel:Sohst, Paul: Kunstmittel und Stilbegrenzung: (Vortrag gehalten vor der Arbeitsgemeinschaft des Provinzialverbandes Niederschlesien im Schlesischen Museum für die Bildenden Künste, Breslau)
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0201
B A R L A C H, Bäuerin
Werden, das Aufleben unmöglich geworden ist und
schlägt damit einen Bogen zu dem anderen Tode, in
dem der Mensch vor dem Erwachen zum Leben ge-
fangen liegt. Und wenn die Rhythmik den Pulsschlag
des Lebens angibt, dann bedarf die Kunst zur Dar-
stellung des überwundenen Lebens des Unrhyth-
mischen, das aber längst in unsere komplizierter ge-
wordene Kunstlehre auch bei ganz anderen Motiven
als Faktor eingezogen ist.
Drittes Bild: B a r I a c h, Bäuerin.
So sehe ich z. B. bei dieser Plastik von Barlach eine
Anwendung des in mancher Gotik bewährten Kunst-
elementes. Diese Figur widerspricht schon mit ihrem
verdrängten Schwerpunkte dem Prinzip des Stand-
bildes. Dazu die monumental vereinfachten mensch-
lichen Häßlichkeiten. So erscheint die Plastik zunächst
als ein einziger Widerspruch auf alles Positive in
Kunst und Weltanschauung. Aber wie eine Rechnung
aus vielen negativen Werten in der Multiplikation
durchaus mit einem positiven Resultat aufgehen kann,
ähnlich, wie das philosophische System des Vernei-
ners Schopenhauer im Ganzen ein starkes Plus in un-
serer Geistesgeschichte ausmacht, so hat auch Bar-
lach hier mit großer Sicherheit im Wissen um die end-
gültige Wirkung in dieser Bäuerin ein positiv starkes
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Werden, das Aufleben unmöglich geworden ist und
schlägt damit einen Bogen zu dem anderen Tode, in
dem der Mensch vor dem Erwachen zum Leben ge-
fangen liegt. Und wenn die Rhythmik den Pulsschlag
des Lebens angibt, dann bedarf die Kunst zur Dar-
stellung des überwundenen Lebens des Unrhyth-
mischen, das aber längst in unsere komplizierter ge-
wordene Kunstlehre auch bei ganz anderen Motiven
als Faktor eingezogen ist.
Drittes Bild: B a r I a c h, Bäuerin.
So sehe ich z. B. bei dieser Plastik von Barlach eine
Anwendung des in mancher Gotik bewährten Kunst-
elementes. Diese Figur widerspricht schon mit ihrem
verdrängten Schwerpunkte dem Prinzip des Stand-
bildes. Dazu die monumental vereinfachten mensch-
lichen Häßlichkeiten. So erscheint die Plastik zunächst
als ein einziger Widerspruch auf alles Positive in
Kunst und Weltanschauung. Aber wie eine Rechnung
aus vielen negativen Werten in der Multiplikation
durchaus mit einem positiven Resultat aufgehen kann,
ähnlich, wie das philosophische System des Vernei-
ners Schopenhauer im Ganzen ein starkes Plus in un-
serer Geistesgeschichte ausmacht, so hat auch Bar-
lach hier mit großer Sicherheit im Wissen um die end-
gültige Wirkung in dieser Bäuerin ein positiv starkes
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