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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1902)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0122

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zurückzuhalten. Bittet dringlichst): Hantierer! Wartet mir noch zu! Habt Ge-
duld, Zimmerleut'!

Rofnerin (bittet): Habt Geduld! Wir werden wohl zahlen!

(Die Hantierer gehen, ohne auf die Worte zu hören, durch die Türe
links ab.)

Erster Zimmermann (ruft noch einmal in die Stube zurück): Wir
werden fchon vom Adookaten 'zahlt kriegen! (Ab.)

Rofner (ruft durch die Türe nach)! He! Zimmerleut'! (Da ihm niemand
antwortet, wirft er die Türe zu. Resigniert) Geht zum Teufel! (Geht mit Rof-
nerin langsam auf den Tisch zu, läßt fich aufatmend daneben auf einem Stuhl
nieder und beginnt mit den Fingern auf den Tisch zu tcommeln. Hört gleich
wieder auf. Rofnerii: fteht hinter ihm. Vollständige Stille.)

Mattes Ehrnreich (unterbricht nach einer Weile die Ruhe): Jft's
jetzt aber auf einmal still!

Rofner (langsam. Mit einem Anflug von Galgenhumor): Jetzt geht
halt ein Engel üurch die Stube!

Ob h olzer (geht nach einer Pause auf den ftumm dasitzenden Rofner zu.
Klopft ihm auf die Achsel): Rofner! Nimm Vernunft an! Das geht ja in einem
Gemeinwesen nit, daß da plötzlich einer auffteht und schreit: Da fchafft einmal
der Bauer! Gerad' der Bauer foll mit dem Schaffen recht vorsichtig sein! Du
gehst jetzt mit uns, holst deinen Bruder und verbietest das Anzünden auf
deiner Bergwiese! Und die Gemeinde zahlt dir dafür gleich morgen die Zimmer-
leut' aus . . und du bleibft auf deinem Gütel! (Zupst ihn am Aermel.) Also
geh'! Sei gescheit! Steh' auf!

Rofner (erhebt fich langsam, fchwer, wie willenlos vom Stuhl.)

Rofnerin (reißt Rofner heftig, in aufloderndem Haß zurück): Martin!
Tu's nit! (Jn wilder Entrüstung zu Obholzer) Gerad' so habt ihr meinen Vater
selig auch gehunzt bis aufs Blut, weil er nit nach eurer Pfeife hat tanzen wollen!
. . . Das Leben habt ihr ihm fauer gemacht bis zur letzten Minute . . . Aber
das müßt ihr selber sagen, alle, wie ihr da feid . . . unterkrochen ift er euch
nit . . . (Droht haßerfüllt mit der Faust) ihr . . .

Obholzer (hat inzwischen Rofners Rock vom Nagel genommen. Er
und Metzger halten ihm denselben recht bequem zum Hineinfchlüpfen hin): Laß
das Weib nur keifen und komm' mitl Rofner! Schlüpf' hinein!

Metzger (will Rofners Hand in den Aermel leiten): Da wär' das
Aermelloch, Rofnerbauer!

Rofnerin (entreißt Obholzer und oem Metzger rasch den Rock und
hängt ihn wieder an den Nagel. Drückt Rofner wieder aus den Stuhl nieder):
Martin! Laß' dich nit untertauchen! Keinen Gulden nimm ihnen von dem
Schand- und Sündengeld! Lieber ziehn wir weg, und lafsen ihnen die Hütte!
Mich freut es da fchon längst nicht mehr!

Rofner (sitzt apathisch auf dem Stuhl. Ganz ruhig, aber fest): Anne-
marie! Die Hütte lassen wir ihnen nit! Jch geh' nit von der Hütte! . . .

Rofnerin (beredt): Hast nit felber im Frühjahr gesagt: Am besten wär's,
wir täten gar nimmer aufbauen und gingen in die Welt! . . .

Rofner (immer ganz ruhig, aber hartnäckig): Ja . . . ja! Das hab'
ich gesagt! Aber jetzt hab' ich schon auf'baut . . .

Rofnerin (zeigt auf die feuchten Stubenmauern): Sagft ja felber
allweil: Man kommt fich ganz fremd vor in dem tropfnassen Neubau da!

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Aunftwart
 
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