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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 11 (1. Märzheft 1903)
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Avenarius, Ferdinand: Traum-Bildnerei
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Schubring, Paul: Die Natur bei Richard Wagner, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0768

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sicht: die greulichen Hände aus dem vorigen Bild wirkten wie so ge-
worden, der Bergriesenarm wirkt gemacht. Der Bergzug selber aber ist
durch das Hineinarbeiten der Menschengestalt um die Größe der Linie
gekommen, was wieder die Stimmung der Traumlandschaft schädigt.
Man braucht bloß an Klinger zu denken, um einen Meister in der
Beherrschung der Traumform neben Kubin als einem Anfänger zu
sehn.

Jch werde mich schön davor hüten, Kubin irgend eine Zukunft
zu prophezeien. Ob dieses sonderbare Spezialistentalent eine große
erreichen wird oder eine kleine, vor allem hüngt das wohl davon ab,
ob der Mensch, in dem es wohnt, mit der Zeit gesünder wird oder
kränker und reicher an geistigem Gut oder ärmer. Einem Schwäch-
ling mit dieser Begabung würde aus seinen Träumen geistige Nacht
drohn, wenn ihre Gewalt noch wüchse, und genialisches Verrücktspielen,
wenn sie nachließe. Ein Starker jedoch, der sich zum Nachtreich das
Tagreich in kühner Arbeit eroberte, ja sreilich, der könnte uns mit
Kubins Begabung, zur vollen Reife gelangt, einst Vieles geben.
Jedensalls tun wir Unrecht, wenn wir meinen, mit dem Auslachen
oder Wegwenden sei's getan; ein Suchender wie Kubin verdient nichts
weniger als Spott, er darf verlangen, daß ihn auf seinem einsamen
Wege aufrichtige Teilnahme begleitet. A.

vie j^alur bei kickarci Magnsr.

(Schluß.)

Jn einem noch tieferen Sinn als der Holländer ist die Trilogie:
Der Ring des Nibelungen ein Naturgedicht, in welchem die
redenden Menschen mit den stumm sich auswirkenden Elementen eine
unauslösbare Einheit bilden. Wie alle Sage ursprünglich Deutung
und Darstellung elementarer Phänome ist, deren stillgewaltige Kraft
in solchen Sagenliedern und Heldengedichten einen Mund bekommt,
um die eigene Schönheit, den Rythmus und die Macht ungeheuren
Dranges im großen Gesang herunterzusingen, so hat auch die alte
deutsche Sage vom Kamps der Liebe mit dem Gold ihre Wald- und
Wasserheimat treu bewahrt. Wagner hat dieser Selbstbezeugung der
Natur mit der glühendsten Verehrung gehuldigt; seine tiefste Leiden-
schaft mag sich gerade in der Darstellung der Elemente mitgeteilt
haben. Jn dieser Sage vom Ring fand er nicht nur bodenständige
Geschlechter, die im Heimatboden gründlich verankert waren; hier bot
sich ihm der pompöse Gang der Elemente selber dar, neben dem das
Menschenleben fast nebensächlich erscheint. Die Schicksale der Götter,
Zwerge, Riesen und Menschen heben sich in der Tat oft nur wie kleine
Silhouetten vor der großen Bühne der Naturmächte ab. Auch hier
wieder ist die Scene durchaus aktiv. Sie ist der wichtigste Zeuge; sie
ist es, welche die Menschen leitet und herüberführt über die schweren
Entschlüsse, die Wendungen. Oft scheinen die Elemente den Menschen
zu widerstehen, aber nur um sie zu locken, sich durchzuschlagen. Wie
gütige Väter legen sie ihren Kindern große Hände auss Haupt. Sie
lassen geduldig das Böse sich tummeln, weil sie wissen, daß aller

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Aunstwart
 
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