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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 3
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Eidlitz, Walter: Bettina
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Schäfer, Lisbeth: Kriegergrabmal und Kriegerdenkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0116

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Bettina.
Bettina: Da kommen sie gratulieren, die Onkel und
Tanten und fremden Leute und lärmen und wollen
essen und machen Witze, das mag ich nicht.
Arnim: So lassen wir uns heimlich trauen von dem
alten achtzigjährigen Pastor. Es braucht's niemand
zu wissen.
Bettina: Und der Schwager und die Leute?
Arnim: Denen spielen wir eine Komödie vor. Wir
könnend gleich ausprobieren. Also: Gute Nacht,
gnädiges Fräulein, das war heute ein äußerst ereignis-
loser Tag.
Bettina: Sie haben recht. Nicht die geringste Neuig-
keit. Angenehme Ruhe, Herr von Arnim!
Arnim: Ach, wie bin ich traurig. Jetzt muß ich allein
sein. Ich will die Tür fest zuschlagen. Jeder soll
merken, daß ich auf mein Zimmer geh.
Bettina : Und ich laß mich von der Jungfer ausziehen.
Arnim: Du schickst sie aber gleich weg!
Bettina: Und ich werd denken.
Arnim: An eine Wiege, an kleine rosige Kinder.
Bettina: Geh, schäm dich.
Arnim: Ich schäme mich schon, aber ich komme über die
Stiege, ganz leise. Soll ich anklopfen?
Bettina: Untersteh dich!
Arnim: Du, ich komme herein. Bettina, wo bist du
denn? Hast du dich versteckt? Jetzt hab ich dich, jetzt
gehörst du mir.
Bettina: Grüß dich Gott!
Arnim: Und wie schön du alles hergerichtet hast. Das
Bett bekränzt mit Rosen und Myrten.
Bettina: Und Schneeglöckerln. Und im Ofen brennt
ein Feuer. Hörst du's knistern? Siehst du den roten
Schein auf den Boden flackern?
Arnim: Wir werden horchen auf den Wind im Kamin.
Wirst du dich auf meinen Schoß setzen?
Bettina: Erst gehn wir noch zum Fenster.
Arnim: Und blicken auf den Rhein, ob noch Eisschollen
treiben. Wir beugen uns in die Nachtluft, die um
unsere Schläfen streicht.
Bettina: Mir wird kalt.
Arnim: Da schauen wir, was unsere Blumen machen.
Bettina: Wirst du mich zudecken?
Arnim: Ja, aber du mußt mich einsingen.
Bettina:Geh schlafen Kind, geh schlafen,
wer möcht nicht schlafen gehn.
Die Scbifflein sind im Hafen,
die flinken Fischlein schlafen
in Flüssen und in Seen.
Arnim: Vom kalten Himmel scheinet
der Mond auf die Au.
Auf der Himmelswiese muß weinen
über ihre verlorenen Kleinen
eine wunderschöne Frau.
Bettina:Da kommen sie alle gesprungen,
ein Kränzet hell im Haar.
Liebe Mutter, liebe Mutter: gesungen!
Da ist im Kreis erklungen
ein Lied wunderbar.

Arnim: Es gleitet auf zitternden Fäden
gesponnen silberfein.
Es wird zum Bettlein treten,
nun wollen wir nicht mehr reden.
Schlaf ein, schlaf ein. f5?9js
t^riegergrabmal und
Kriegerdenkmal.
Mit allerlei Hoffnungen hörte man von der Eröffnung
einer Kriegsgrabmal-Ausstellung in Mannheim; die
Werkbundbewegung hatte sich immerhin als ein Vorbote
jener Gesinnung gezeigt, die wir im Ausbruch dieses
Krieges als eine vaterländische Erneuerung erlebten,
so durften wir hoffen, nicht noch einmal das Schauspiel
der vernagelten Holzpuppen zu erleben, bei denen der
Aweck selten das künstlerische Mittel zu heiligen vermochte.
Wenn erst einmal die wirklichen Künstler unseres Volkes
aufgerufen wurden, mußte — so durfte man glauben —-
zum mindesten etwas Würdigeres entstehen. Es kam nur
eben darauf an, daß diese wirklichen Kräfte einmal in
einer Übersicht dem Volk gezeigt wurden.
Der „Freie Bund zur Einbürgerung der Kunst
in Mannheim" hat diese Aufgabe rasch aufgegriffen
und, soweit sich übersehen läßt, auch gut gelöst, wenn
man von einer solchen Veranstaltung nicht mehr als
kundige Führung verlangt. Seine Ausstellung bietet
eine systematisch musterhaft geordnete Übersicht über
alles, was historisch zu diesem Thema zu sagen ist.
Die deutliche Absicht, die Tradition nicht zu verlieren,
geht für den allerdings zu weitläufig vor, der hier
Neuartiges zu sehen hoffte. Aus dieser Krieger-
grabmal- und Kriegerdenkmal-Ausstellung ist eine be-
lehrende Zusammenstellung geworden für alle, die sich
über dies Thema zu unterrichten wünschen, ohne daß
man — außer einigen wenigen Beispielen — stark daran
erinnert würde, welcher Art die ungeheuren Ereignisse
sind, die schließlich auch den Anlaß zu dieser Veran-
staltung gaben. Sie macht mehr den Eindruck einer
Sonderausstellung zu einem zufällig gewählten Thema,
als daß man die aus dem Willen unserer Zeit gestellte
neue ungeschichtliche Forderung spürte.
Systematisch wird an der Hand von Photographien,
Stichen und Lithographien das Thema des Kriegs-
denkmals abgewandelt. Man findet schließlich, wenn
man von den Beispielen aus der Antike und der Re-
naissance absieht, die in schöner Vollständigkeit hier ihre
Patenschaft an den meisten modernen Entwürfen ver-
treten, als Kernzelle der Ausstellung die reichhaltige
Zusammenstellung jener künstlerischen Leistungen, die
vor etwa hundert Jahren die Befreiungskriege in der
Denkmalskunst hervorbrachten. Wozu die Zeit der nach-
friderizianischen Kunst das Vorspiel gibt, indem der
damit einsetzende klassizistische Stil schon einen Teil
der Formen und Typen schafft, die in den Denkmälern
der Freiheitskriege ins Vielfache verändert wurden.
Auffallend ist, daß fast alle Künstler jener Zeit der Idee
des Denkmals ihre Aufmerksamkeit zuwenden, was wohl
ebensosehr aus dem sich eben fest bildenden Stil wie aus

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