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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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I
Zeichnungen für Gemälde Sebastianos del Piombo
Der Antheil, den Michelangelo an dem Schaffen Sebastianos
gehabt haben soll, ist durch die neuere Forschung auf ein
sehr geringes Maass beschränkt worden. Die Studien für „die Auf-
erweckung des Lazarus" und „die Geisselung", welche die Tradition
Michelangelo zuschrieb, wurden Diesem genommen und Sebastiano
zugewiesen und mit ihnen eine grössere Anzahl anderer bisher für
Michelangelos Schöpfung gehaltener Zeichnungen. Die Anregung
hierzu ging von Morelli aus.
In einem Aufsatz des Jahrb. d. k. pr. Kunsts. (XX, S. 204 ff.)
stellte zuerst Franz Wickhoff die Behauptung auf, Vasaris Angabe,
Michelangelo habe dem Sebastiano seine Kompositionen entworfen,
sei nicht glaubwürdig. Vasari sei durch nach dem Tode Raphaels
kursirende Gerüchte, welche, auf Äusserungen Sebastianos sich
stützend, von der beabsichtigten Mitarbeiterschaft des Meisters mit
dem jüngeren Freunde im Vatikan sprachen, und durch den An-
blick der Zeichnungen Sebastianos selbst, die er für solche Michel-
angelos hielt, auf jene Ansicht gebracht worden. Und dass man
später des Venezianers Zeichnungen irrig Michelangelo benannt,
erkläre sich leicht, da Jener sich gewöhnt, die Hand des Meisters
nachzuahmen. Wickhoff, an Morellis Bestimmung der einen Lazarus-
zeichnung anknüpfend, nahm sieben Blätter, die bisher Michel-
angelo hiessen, für Sebastiano in Anspruch: die zwei Studien
zur Erweckung des Lazarus, die zur Geisselung Christi und die
Kreuzigung im British Museum, die Madonna mit Kind und Johannes
in Windsor, die Madonna mit Engeln in Venedig und das Porträt
Leos X. in Chatsworth.
Berenson, den so gewiesenen Weg, der auch von Sidney Colvin
im Hinblick auf einige Blätter beschritten wurde, verfolgend, ging
weiter und fügte viele andere Zeichnungen der Liste hinzu, die
von den neuesten Biographen Sebastianos: Giorgio Bernardini
(Bergamo 1908) und Pietro d'Achiardi (Rom 1908) gebilligt wird,
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