486 Gemälde, Zeichnungen und Entwürfe religiösen Inhaltes
geben. Ich bezeichnete früher (I, S. 266, Nr. XCIX) das Blatt als
eine Skizze für die Frau der Ezechiaslunette in der Sixtina.
Zwei ächte Zeichnungen Michelangelos für die Grablegung also
liegen vor, und die zweite weist auf eine frühe Entstehungszeit
derselben hin.
Ehe ich die Schlussfolgerungen ziehe, muss ich aber eine
Parenthese machen. Nähmen wir an, dass die Louvrezeichnung
von Bandinelli sei, wie Berenson doch konsequent, statt Passarotti
zu nennen, sagen müsste, so scheint hierdurch Robinsons Hypo-
these eine Bestätigung zu erhalten.
Vasari erzählt von Bandinelli (VI, 151): „in eben jener Zeit
(1525, 1526) hatte er übernommen, eine ziemlich grosse Altartafel
für die Kirche von Cestello zu malen und hierfür einen sehr schönen
Karton angefertigt: den todten Christus und um ihn die Marien und
Nikodemus mit anderen Figuren; er führte die Tafel aber nicht
in Farben aus in Folge von Gründen, von denen wir später noch
sprechen werden. In dieser Zeit auch machte er den Karton für
ein Gemälde, auf dem Christus vom Kreuz genommen, in des Niko-
demus Armen gehalten, und seine stehende Mutter, die ihn beweint,
und ein Engel, der in den Händen die Nägel und die
Dornenkrone hält, zu sehen waren; und sogleich sich daran
machend, das Bild zu malen, beendigte er es schnell und stellte es
im Mercato nuovo in dem Laden seines Freundes, des Goldschmiedes
Giovanni di Goro aus, um die Meinung der Leute und besonders,
was Michelangelo darüber sagte, zu hören. Dieser wurde vom
Goldschmied Piloto hingeführt, es zu sehen und sagte, nachdem er
es eingehend betrachtet, er wundere sich, dass Baccio', der ein so
guter Zeichner sei, eine so rohe und anmuthlose Malerei aus seinen
Händen gehen lasse; denn jeden schlechten Maler habe er seine
Bilder besser ausführen sehen, und dies sei keine Kunst für Baccio.
Piloto überbrachte Michelangelos Ürtheil dem Baccio, und Dieser,
obgleich er ihn hasste, sah ein, dass er Recht habe. Und gewiss
waren die Zeichnungen Baccios sehr schön, aber die Farbenbehand-
lung verstand er schlecht und ohne Anmuth. Daher entschloss
er sich, nicht mehr mit eigener Hand zu malen, sondern nahm
einen Jüngling, der die Farben ziemlich geschickt handhabte,
zu sich, Namens Agnolo, den Bruder des trefflichen Malers Francia-
bigio, der wenige Jahre zuvor gestorben war. Von diesem Agnolo
wünschte er die Tafel von Cestello ausführen zu lassen, aber sie
blieb unvollendet in Folge der Staatsumwälzung in Florenz im
Jahre 1527."
Wie steht es nun mit Robinsons Behauptung? Könnte unser
Bild Bandinellis unvollendete Altartafel von Cestello sein? Die
Beschreibung bei Vasari ist zu unbestimmt, um dies zu bejahen.
geben. Ich bezeichnete früher (I, S. 266, Nr. XCIX) das Blatt als
eine Skizze für die Frau der Ezechiaslunette in der Sixtina.
Zwei ächte Zeichnungen Michelangelos für die Grablegung also
liegen vor, und die zweite weist auf eine frühe Entstehungszeit
derselben hin.
Ehe ich die Schlussfolgerungen ziehe, muss ich aber eine
Parenthese machen. Nähmen wir an, dass die Louvrezeichnung
von Bandinelli sei, wie Berenson doch konsequent, statt Passarotti
zu nennen, sagen müsste, so scheint hierdurch Robinsons Hypo-
these eine Bestätigung zu erhalten.
Vasari erzählt von Bandinelli (VI, 151): „in eben jener Zeit
(1525, 1526) hatte er übernommen, eine ziemlich grosse Altartafel
für die Kirche von Cestello zu malen und hierfür einen sehr schönen
Karton angefertigt: den todten Christus und um ihn die Marien und
Nikodemus mit anderen Figuren; er führte die Tafel aber nicht
in Farben aus in Folge von Gründen, von denen wir später noch
sprechen werden. In dieser Zeit auch machte er den Karton für
ein Gemälde, auf dem Christus vom Kreuz genommen, in des Niko-
demus Armen gehalten, und seine stehende Mutter, die ihn beweint,
und ein Engel, der in den Händen die Nägel und die
Dornenkrone hält, zu sehen waren; und sogleich sich daran
machend, das Bild zu malen, beendigte er es schnell und stellte es
im Mercato nuovo in dem Laden seines Freundes, des Goldschmiedes
Giovanni di Goro aus, um die Meinung der Leute und besonders,
was Michelangelo darüber sagte, zu hören. Dieser wurde vom
Goldschmied Piloto hingeführt, es zu sehen und sagte, nachdem er
es eingehend betrachtet, er wundere sich, dass Baccio', der ein so
guter Zeichner sei, eine so rohe und anmuthlose Malerei aus seinen
Händen gehen lasse; denn jeden schlechten Maler habe er seine
Bilder besser ausführen sehen, und dies sei keine Kunst für Baccio.
Piloto überbrachte Michelangelos Ürtheil dem Baccio, und Dieser,
obgleich er ihn hasste, sah ein, dass er Recht habe. Und gewiss
waren die Zeichnungen Baccios sehr schön, aber die Farbenbehand-
lung verstand er schlecht und ohne Anmuth. Daher entschloss
er sich, nicht mehr mit eigener Hand zu malen, sondern nahm
einen Jüngling, der die Farben ziemlich geschickt handhabte,
zu sich, Namens Agnolo, den Bruder des trefflichen Malers Francia-
bigio, der wenige Jahre zuvor gestorben war. Von diesem Agnolo
wünschte er die Tafel von Cestello ausführen zu lassen, aber sie
blieb unvollendet in Folge der Staatsumwälzung in Florenz im
Jahre 1527."
Wie steht es nun mit Robinsons Behauptung? Könnte unser
Bild Bandinellis unvollendete Altartafel von Cestello sein? Die
Beschreibung bei Vasari ist zu unbestimmt, um dies zu bejahen.