Gemälde, Zeichnungen und Entwürfe religiösen Inhaltes
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nur durch die Behandlung veranlasst wird, das Blatt einem
Nachfolger des Meisters zu geben, möchte ich es für wahr-
scheinlich halten, dass es sich auch hier um ein von ihm ver-
kanntes Original handelt, welches, das Motiv der Maria aus
dem Colonnablatte aufnehmend, vielleicht noch später als XII
entstanden wäre, aus dem Verlangen, der Maria, die in XII
nicht vorhanden, ihre Stelle anzuweisen.
Eine dritte sehr merkwürdige Komposition ist uns in einer,
nach Michelangelo angefertigten Zeichnung erhalten:
XIV. Paris, Louvre 2716. Thode 511 c. Ber. 1744. Phot. Girau-
don 1399. Kreide. Im Vordergründe, nur in Konturen gegeben,
die Gruppe von vier Männern, welche den Leichnam tragen.
Dieser wird von zweien, über deren Schultern und Rücken
seine beiden Arme herabhängen, unter den Oberbeinen gefasst
und etwas nach rechts getragen. Der dritte von rechts vorne
herzutretend, fasst ihn an der Hüfte, der vierte folgt hinten,
mit beiden Händen an seinen Kopf fahrend. Ich weiss nicht,
ob dies dieselbe Gruppe wie XIII, wohl aber kann ich fest-
stellen, dass die Idee der Oxforder Skizzen Nr. XI hier ihre
Ausbildung erfahren hat und dass der Leichnam mit der eben
(II, S. 497) genannten Studie in der Ambrosiana zu Mailand
Nr. IX, die nächste Verwandtschaft zeigt. Hinzugefügt sind
dieser Hauptgruppe nun eine grössere Anzahl ausgeführter
nackter Figuren im Mittelgrund. Sechs von ihnen, Fackeln
in der Hand, bewegen sich dem Grabe links zu, das sich in
einem mit Bäumen und Büschen bewachsenen Felsen befindet.
Acht andere nahen rechts von hinten mit Gebärden der An-
betung. — Es frägt sich nun, ist dieses Leichengefolge eine
Erfindung des Meisters oder die des Kopisten, der ihr nur
die Hauptgruppe entlehnte und das Andere hinzufügte? Die
Idee ist so überraschend neu und eigenartig, dass man wohl
das Erstere annehmen und nur das Landschaftliche als Zuthat
betrachten könnte. Doch erscheint andrerseits, neben der
straff gefügten Gruppe im Vordergründe die Schaar der Leid-
tragenden so lose angeordnet, dass man doch höchstens eine
ganz flüchtige Skizze des Meisters, die dem Verfertiger der
Zeichnung die Anregung gegeben hätte, voraussetzen dürfte.
Ob der Letztere, wie Berenson sich denkt, Daniele da Volterra
war, weiss ich nicht zu sagen, da ich keine Kenntniss. von
Dessen Zeichnungsweise besitze. — Eine Figur ganz hinten
in hohem, runden Filzhut erinnert entfernt an Michelangelo
selbst.
Als Studien für die Träger des Leichnams in einer Grablegung
könnten die früher (II, S. 80, A) von mir erwähnten Skizzen in
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nur durch die Behandlung veranlasst wird, das Blatt einem
Nachfolger des Meisters zu geben, möchte ich es für wahr-
scheinlich halten, dass es sich auch hier um ein von ihm ver-
kanntes Original handelt, welches, das Motiv der Maria aus
dem Colonnablatte aufnehmend, vielleicht noch später als XII
entstanden wäre, aus dem Verlangen, der Maria, die in XII
nicht vorhanden, ihre Stelle anzuweisen.
Eine dritte sehr merkwürdige Komposition ist uns in einer,
nach Michelangelo angefertigten Zeichnung erhalten:
XIV. Paris, Louvre 2716. Thode 511 c. Ber. 1744. Phot. Girau-
don 1399. Kreide. Im Vordergründe, nur in Konturen gegeben,
die Gruppe von vier Männern, welche den Leichnam tragen.
Dieser wird von zweien, über deren Schultern und Rücken
seine beiden Arme herabhängen, unter den Oberbeinen gefasst
und etwas nach rechts getragen. Der dritte von rechts vorne
herzutretend, fasst ihn an der Hüfte, der vierte folgt hinten,
mit beiden Händen an seinen Kopf fahrend. Ich weiss nicht,
ob dies dieselbe Gruppe wie XIII, wohl aber kann ich fest-
stellen, dass die Idee der Oxforder Skizzen Nr. XI hier ihre
Ausbildung erfahren hat und dass der Leichnam mit der eben
(II, S. 497) genannten Studie in der Ambrosiana zu Mailand
Nr. IX, die nächste Verwandtschaft zeigt. Hinzugefügt sind
dieser Hauptgruppe nun eine grössere Anzahl ausgeführter
nackter Figuren im Mittelgrund. Sechs von ihnen, Fackeln
in der Hand, bewegen sich dem Grabe links zu, das sich in
einem mit Bäumen und Büschen bewachsenen Felsen befindet.
Acht andere nahen rechts von hinten mit Gebärden der An-
betung. — Es frägt sich nun, ist dieses Leichengefolge eine
Erfindung des Meisters oder die des Kopisten, der ihr nur
die Hauptgruppe entlehnte und das Andere hinzufügte? Die
Idee ist so überraschend neu und eigenartig, dass man wohl
das Erstere annehmen und nur das Landschaftliche als Zuthat
betrachten könnte. Doch erscheint andrerseits, neben der
straff gefügten Gruppe im Vordergründe die Schaar der Leid-
tragenden so lose angeordnet, dass man doch höchstens eine
ganz flüchtige Skizze des Meisters, die dem Verfertiger der
Zeichnung die Anregung gegeben hätte, voraussetzen dürfte.
Ob der Letztere, wie Berenson sich denkt, Daniele da Volterra
war, weiss ich nicht zu sagen, da ich keine Kenntniss. von
Dessen Zeichnungsweise besitze. — Eine Figur ganz hinten
in hohem, runden Filzhut erinnert entfernt an Michelangelo
selbst.
Als Studien für die Träger des Leichnams in einer Grablegung
könnten die früher (II, S. 80, A) von mir erwähnten Skizzen in