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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (3) — 1921

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Nr. 81 - Nr. 90 (8. April - 19. April)
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TsLkezeiil-ng für Hie WeEiigeNsvöttemW der AmisSeMe Heiöslberg, Wr'eslsch, SiKShsim, GM'lszsH, LSeBaH, MssSsG Büchen, Mersheim, BoKSer-
TKuSerbischofSheim Mö Werihsim.


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HMslßsrg, MsnLsg, US. April ^S2ll
Nr. SS » 3. LsHrgang

Verantwort!.: Für innere». Süßere Politik, Volkswirt'chast und Feuilleton:
Dr. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Geibel; für die Anzeigen: H.Horchler, sämtl. in Heidribrrg,
Druckund Verlag der ilnterdadi chsn Verlagsanstalt Ä. m. d.H.,Heidelberg
Geschäftsstelle: GchrSderstraße 34.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahmersrz, Redaktion 2SL8.


OefterVZichs ZWKUZZlKgs-
Der Bundeskanzler gegen die AnschlußkundgebungLN.
Wien, 17. April. Heute sand in der VvlkslesehaM des Rat-
hauses sowie aus dem Rathausplatz eine Kundgebung der gewerb-
lich tätigen Bevölkerung Wiens für den Anschluß an
Deutschland statt, zu der sich die gewerblichen, industriellen
und fachtechnischen Berufe sowie die Studentenschaft und die Mit-
telschüler eingefunden hatten. Es wurde eine Entschließung ange-
nommen, in der erklärt wird, daß angesichts derRichtlebens-
Fähigkeit Oesterreichs nur der Anschluß an Deutschland
wirtschaftliche Hilfe bieten könne. Es müsse ferner gefordert wer-
den, daß dem österreichischen Volke ermöglicht werde, seinen Wunsch
auch vor dem Völkerbund zum Ausdruck zu bringen.
Rach der heutigen vom Arbeitsausschuß der Berufsstände
für den Anschluß an Deutschland veranstalteten Kundgebung, in der
Regierung und Nationalrat aufgefordert werden, sofort alles zu
tun, was zur Ermöglichung des Anschlusses erforderlich ist, erschien
eine große Abordnung beim Bundeskanzler Mayr.- Dieser erklärte
ihr aber, daß die Regierung den Weg des unmittelbaren Anschlusses
im gegenwärtigen Augenblick nicht beschreiten könne, da Oesterreich
dann keinen Kredit mehr bekommen würde, abgesehen davon, daß
man Oesterreich den Anschluß an Deutschland gar nicht gestatten
würde. Auch Deutschland könne gegenwärtig den Anschluß Oester-
reichs nicht zulassen und nicht wünschen, da es sich selbst in einer
furchtbaren Zwangslage befinde. Ich muß daher- fuhr der Bundes-
kanzler fort, ihren Schritt gegenwärtig als nicht glücklich bezeichnen.
Durch einen solchen unbesonnenen Schritt können wir selbst das
Burgenland noch verlieren und auch das Schicksal Oberschtesiens
kann dadurch ungünstig beeinflußt werden. Bedenken Sie auch, daß
Oesterreich ohne auswärtige Hilfe vielleicht in zwei Monaten nichts
mehr zu essen hat. Die Regierung muß daher gegenwärtig drin-
gend bitten. Wenigstens in den nächsten Wochen von derartigen
Kundgebungen abzusehen.
Dry Nrchtmrgskampf in der K.P.D.
Berlin,!?. April. Die Kommunisten Braß, Däu m i g,
Adolf Hoffmann, Klara Zetkin und andere ergreifen in
einer Erklärung in der „Roten Gähne" das Wort zur Verteidigung
des aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossenen Paul Levi
und erklären, daß sie die politische Auffassung Levis über die März-
aktion und das Verhalten der K.P.D. teilen. Die Zentrale habe
durch Einleitung der putschistischen Aktion die Partei in schwerste
Verwirrung gestürzt. Die Unterzeichner der Erklärung verlangen
die schleunigste Einberufung eines außerordentlichen Parteitags, der
Stellung zu den umstrittenen Fragen nehmen soll, da sie der Zen-
trale das politische Recht absprechen, allein und selbstherrlich über
dis Köpfe der Mitgliedschaft hinweg über Fragen zu entscheiden,
ssn denen die gesamte Existenz der Partei abhänge. — In einer
Gegenerklärung teilt die Zentrale mit, daß sie das gesamte
Material über die Märzaktion der Exekutive der Dritten Inter-
nationale unterbreiten wolle, um deren Entscheidung einzuhvlsn.
Sobald die Verhältnisse es irgendwie gestatteten, berufe die Zen-
trale einen Parteitag ein, wenn irgend möglich, noch vor dem
dritten Wahlkongretz, der am 1. Juni stattfinde. — In einem
Schreiben an die Zentrale der V.K.P.D. hat der aus der Partei
ausgeschlossene Levi gegen den Ausschluß Berufung eingelegt.
Die „Rote Fahne" teilt mit, dem Appell werde Rechnung getragen.
Das MtioNLPUÄgSKMM dsV Obersten Nates'
Gens, 16. April, lieber die Mitteilungen, die der franzö-
sische Ministerpräsident Brianb gestern in nahezu dreistündigen
Ausführungen der 'Kammerkommission für auswärtige Angelegen-
heiten gemacht hat, liegen in den Lyoner Blättern ziemlich aus-
führliche Meldungen vor, aus denen sich das französische Programm
für die am 1. Mai zu beginnende „Vollstreckung" des Versailler
Vertrags ergibt. Herr Briand hat dieses Programm vorher durch
einen Kriegsrat billigen lassen, der sich unter dem Vorsitz des Prä-
sidenten Millerand versammelte und zu dem auch der General
Degoutte aus Mainz erschienen war. In diesem französischen
Programm sind drei Maßnahmen in Aussicht genommen: Erstens
soll die französisch-belgische Besetzung rechtsrheinischen Gebietes
auf das ganze Ruhrgebiet und den übrigen westfälischen
Industriebezirk bis Essen ausgedehnt 'werden, während den 'Eng-
ländern empfohlen wird, den Hasen von Hamburg zu
besetzen; zweitens soll in dem gesamten besetzten ^Gebiet die fiska-
lische Verwaltung auf die Besatzungsbehörden übertragen
werden, die im besonderen das Verfügungsrecht über dieSteuern
und Zölle und die Kontrolle über den Umlauf von Wertpa-
pieren erhalten würden; drittens verlangt Frankreich die Durch-
führung dieser Maßregeln als vorläufige Garantie selbst für den
Fall, daß die Reichsregierung vor dem 1. Mai ernsthafte Vorschläge
machen sollte. Dieses Programm ist der e n g l i schen, der ita-
lienischen und der japanischen Regierung vorgelegt wor-
den Unterdessen hat die französische Regierung bereits die mi-
litärischen Vorbereitungen getrosten. 'Der Kriegs-
minister hat einen Aufruf erlassen, in dem -die Unteroffiziere der
Reserve der letzten Jahrgänge aufgefordert werden, ihren Dienst
unter günstigen Bedingungen freiwillig wieder aufzunehmen. Außer-
dem ist die allgemeine Einberufung von zwei Jahrgängen
der Reserve vorbereitet; die Offiziere haben bereits Anweisung
erhalten, sich bereitzuhalten.
Die Durchführung aller dieser Maßnahmen hängt zunächst
noch, wie erwähnt, von der Zustimmung der Alliierten ab.
Falls Deutschland inzwischen neue Entschädigungsvorschläge macht,
so ist nach den Erklärungen Briands anzunehmen, daß Frankreich
diese in einer gemeinschaftlichen Konferenz erörtern lassen wird,
doch müßten diese Vorschläge nach dem Willen der französischen
Regierung unmittelbar an die Entente gerichtet werden, da
die französische Regierung jede Vermittlung, die in erster Linie aus
ein 'S chiedsge r^ch t hinauska'me, ablehnt.


Enthüllungen und

Anklagen

Levi».

Im Verlag von A. Seehofu. Co. in Berlin ist soeben eine
Broschüre erschienen: „Unser Weg — Wider den PutschisMUs", in
welcher Tr. Paul Levi mit der neuen kommunistischen Zentrale
abrechnet und den Vorwurf begründet, daß sie den Aufstand in der
Karwoche gewissenlos provoziert und ohne jedes Verantwortlich-
keitsgefühl die Arbeiter in 'Tod und Zuchthaus getrieben habe. Wir
geben einige der wichtigsten Stetten im Wortlaut wieder und hoffen,
daß sich feder Arbeiter dieselben ins Gedächtnis einhämmern wird.
Wie der Putsch inszeniert wurde.
Ueber Moskaus Einfluß hinter, den Kulissen schreibt Levi:
„Wie kam es zu der Aktion? Der erste Anstoß zu dieser
Aktion kam nicht aus der deutschen Partei. Wir wissen nicht,
wer dafür die Verantwortung trägt. Der Gall war schon häufiger,
daß Abgesandte des Exekutivkomitees über ihre Boll-
macht hinausgingen, d. h. daß sich nachträglich ergab, die
Abgesandten hätten zu dem oder jenem keine Vollmachten gehabt.
'Wir sind also nicht in der Lage, dem Exekutivkomitee der Kom-
munistischen Internationale die Verantwortung zuzuschieben,
wenngleich nicht verhehlt werden darf, daß in Kreisen der
Exekutive eine gewisse Mißstimmung über die „Inakti-
vität" der Partei bestand. Abgesehen von schweren Fehlern in
der Kappbewegung konnten freilich positive Unterlassungen der
deutschen Partei nicht nachgesagt werden. Es lag also ein ge-
wisser starker Einfluß auf die Zentrale vor, setzt, sofort und um
jeden Preis in die Aktion sinzutreten."
Es werden dann einige Reden zitiert, die in der Sitzung des
kommunistischen Zentralausschusses vom 17. März von verantwort-
lichen Führern gehalten wurden, in denen von der Zuspitzung der
allgemeinen Lage, dem bevorstehenden englisch-amerikanischen Krieg
die Rede ist, sowie davon, daß 2—3 Millionen Arbeiter im Reich
bereit sind, für die kommunistische Sache M kämpfen und daß des-
halb eine baldige Aktion notwendig sei. Levi urteilt darüber:
„Wir behaupten: in jeder Partei, die auf sich hält, würde
ein verantwortliches Mitglied der Leitung, das behauptet, in der
Zeit von Mitte Februar bis Mitte März dieses Jahres hätten
sich die Gegensätze zwischen den imperialistischen Staaten ver-
schärft, die Gegensätze zwischen England und Amerika sich zuge-
spitzt, daß wir „in Kürze vor einem englisch-amerikanischen Krieg
stehen", statt in die Leitung der Partei, in
den Keller eine Kaltwasserheilanstalt gebracht.
Es würde ein Mitglied der Leitung, das, in einer so schwerwiegen-
den Entscheidung sich stützt auf „geheime Informationen", „Doku-
mente, die nicht veröffentlicht werden dürfen", „90 Proz. Wahr-
scheinlichkeit" für einen Krieg, kurz — einen Bericht gibt, gegen
den sich ein Weißmannscher Spitzelbericht wie ein Dokument von
geschichtlichem Wert ausnimmt, schleunigst von seinem Posten
entfernt. Und daran knüpft ein verantwortlich leitender Genosse
noch die Milchmädchenrechnung von den zwei bis drei
Millionen Nichtkommunisten, die auch in „Angriffsaktionen"
kämpfen werden —- und das war die politische Basis für die
Aktion, die kam'."
Dis Waffe» in die Hand der Arbeiter!
Ueber die unsinnige 'Aufforderung der „Roten Fahne" zur
Bewaffnung des Proletariats schreibt Levi:
„Am 21. März schrieb die „Rots Fahne": „Rur das Pro-
letariat kann die schändlichen Absichten der Orgeschbanden zu-
schanden machen. Es kann dies nur tun, wenn es sich einig zu-
farnmenschließt zur Aktion, wenn es den sozialverräterischen
Schwätzern den Laufpaß gibt und die Gegenrevolution schlägt,
wie sie allein geschlagen werden kann,
mit der Waffe in der Handl
Gleichzeitig geht durch die Organisation die „neue Theorie"
samt dem Aufruf zur Aktivität und samt der 'Erklärung,
loszuschlagen, sobald es geht, und sei es auch nur dank einer
Provokation. In dieser Situation faßten die mansfeldischen Ar-
beiter die Parole so auf, wie sie auf jeden vernünftigen Menschen
wirken muß. Es ist eine feige Verleumdung von toten Helden,
die im guten Glauben gefallen sind, wenn jetzt diese selben mans-
felbische« Arbeiter als die „Difziplinbrecher" hingestellt'werden
Kein Mensch konnte denken, daß, wenn die „Rote Fahne" zu
den Waffen ries, damit gemeint sei, die Waffen vorläufig hinter
den Ofen zu stellen.
llnd so entbrannte der Aufstand im Mans selbi-
schen, in der ungünstigsten Woche, in einer politisch völlig un-
möglichen Situation, in der Defensive vom ersten Tage an,
ohne jede organisatorische Vorbereitung, dank der Spielerei mit
dem Aufstand, die man in der Zentrale getrieben hatte."
Wohl das interessanteste Kapitel des Levischen Buches dürste
Der Krieg gegen die Arbeiter
sein. Levi zeigt da die unverhüllte Wahrheit. Daß die ganze
Aktion ein verbrecherischer Krieg der Kommunisten gegen die Ar-
beiterschaft war, wie die Arbeitslosen geprügelt, wie die Betriebe
mit einem Terror sondergleichen „kommunistenrein" gemacht wurden.
„Also: die Kriegerklärung an die Arbeiter-
schaft war da. Die Zentrale scheint auch das nickt bemerkt zu
haben. Denn ein oben erwähntes Mitglied der Zentrale gab
auch für diese „falsche Einleitung" der Bewegung — den
mansfeldischen Arbeitern die Schuld, llnd für
das, was nun geschah, gibt es kein Wort der Bezeichnung. Das

Wort Blanquismus auf diese Aktion anMwrndsn, wäre eint
Schändung von Blanqui. Denn auch Blanqui war
immerhin nur der von Marx wie Engels in jedem Teil ge-
mißdiliigten — Auffassung: „daß Revolutionen überhaupt sich
nicht selbst machen, sondern gemacht werden; daß sie gemacht
werden von einer verhältnismäßig geringen Minderzahl", und
Haß diese Minderheit die Mehrheit durch ihr Beispiel mit forl-
reißt. In der „Roten Fahne" aber, unter der Automat
der Zentrale der V.K.P.D. erklärt ein Artikeljchreiber zu Begin»
der Aktion den Arbeitern den Krieg, um sie dann zur Aktion zu
prügeln. Und der Krieg begann. Die Arbeitslosen wurden als
Sturmkolonnen vvrangeschickt. Sie besetzten die Tore der Fa-
briken. Sie drangen in dis Betriebe ein, löschten hier und da die
Geuer und versuchten, die Arbeiter aus den Betrieben heraus-
zuprügeln. Es kam zum offenen Krieg der Kommunisten gegen
die Arbeiter. Aus dem Mörser Bezirk kam beispielsweise fol-
gende Nachricht:
„Auf der Kruppschen Friedrich-Alfred-Hütte in Rhein-
hausen ist es am Donnerstag morgen zu heftigen Kämpfen ge-
kommen zwischen Kommunisten, die das Wer? besetzt hielten
und Arbeitern, die zur Arbeit wollten. Die Arbeiter gingen
schließlich mit Knüppeln auf die Kommunisten los und er-
zwangen sich den Zutritt zur Arbeitsstelle mit Gewalt. Dabei
gab es acht Verwundete. In die Schlägerei griffen schließlich
belgische Soldaten ein, die die Kämpfenden auseinanderbrach-
ten und 20 Kommunisten verhafteten. Die aus den Betrieben
herausgeworfmen Kommunisten kehrten später mit Verstär-
kungen zurück und besetzten erneut das Werk."
Roch erschütterndere Berichte werden aus Berlin gegeben.
Es sei, so sagt man uns, ein sntsetzlicherAnblick gewesen,
wie die Arbeitslosen, laut weinend vorSchmerz über
die Prügel, die sie empfangen, aus den Betrieben hinaus-
geworfen wurden, und wie sie denen fluchten, die sie dahin ge-
sandt. Freilich, als es dann zu spät war, als der Krieg der
Kommunisten gegen dis Arbeiter schon begonnen und für dis
Kommunisten schon verloren war, kam auch die „Rote Fahne"
plötzlich mit guten Lehren. Am 26. März setzte offenbar
ein anderer Redakteur der „Roten Fahne" als der, der den Ar-
tikel „Wer nicht für mich ist, der ist wider mich" in Druck gegeben
hatte, Mahnungen in die Zeitung: kein Kampf von Arbeitern
gegen Arbeiter! Dieser Pontius Pilatus wusch feine Hände in
Anschuld.
Aber nicht genug damit:
Ware« nicht schon Arbeitslose genug da, so schuf man neue.
Die Kommunisten in den Betrieben waren in der schweren Lage,
zu entscheiden, ob sie aus den Betrieben herausgehen sollten, in
denen sie die Minderheit waren, in denen also ihr Streik keine
Stillegung, ost nicht einmal eine Behinderung bedeutete. Die
Zentrale will die Anweisung gegeben haben, dieses Falles in
den Betrieben zu bleiben. Der Berliner Sekretär will dasselbe
getan haben, aber es liegt ein Schreiben der Berliner
Organisation vom 29. März vor, in dem es heißt: „llnter
keinen Umständen darf ein Kommunist, auch wenn er Minderheit
ist, zur Arbeit schreiten." Die Kommunisten gingen heraus aus
den Betrieben. In Trupps von 200, 300 Mann, oft mehr, ost
weniger, gingen sie aus den Betrieben; der Betrieb ging weiter;
sie sind arbeitslos, die Unternehmer haben die Gelegenheit be-
nutzt, die Betriebe „kommunistenrein" M machen in einem Falle,
in dem sie selbst ein groß Teil der Arbeiter auf ihrer Seite hatten.
Kurzum, die „Aktion", die begann mit der Kriegserklärung der
KoMmunisten gegen das Proletariat und der Arbeitslosen gegen
die Arbeiter, war verloren vom ersten Augenblick an und in einer
Aktion, die so beginnt, können die Kommunisten nie und nimmer
irgendetwas, auch nur moralische Werke, gewinnen."
Zum Schlüsse steigert Levi seine Darlegungen zur folgenden
Brandmarkung der Schuldigen.
„Und was nun folgte, war ein e r s ch ü tter n d e s 'S ch a u-
spiel. Die Zentrale „steigerte die Aktion". Fähnlein um
Fähnlein erhob sich. Da war kein Unterschied zwischen „Alt-
kommunisten" und „Neukommunisten", über die die ganz Ge-
salbten noch immer die Nase rümpfen. Mit Heldenmut und
Todesverachtung ohnegleichen standen die Genossen auf. In den
Städtchen und Dörfern Mitteldeutschlands, im Leunawerk, rn
den kleinen und großen Fabriken: Fähnlein um Fähnlein trat
an zum Sturm — wie es die Zentrale gebot. Fähnlein um
Fähnlein ging vor in den Kamps — wie es die Zentrale gebot.
Fähnlein um Fähnlein ging in den Tod — wie es die Zentrale
gebot. Ave morituri te salutant! (Die Toten grüßen Euch!)
Da ward nicht einmal, da ward dutzende Male in Mitteldeutsch-
land das Geschick der dreihundert Spartaner unter Leonidas
erfüllt. Dutzende und Hunderte von mallosen Gräbern in Mit-
teldeutschland sprechen heute zum Wanderer, der vorübergeht:
„Verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das
Gesetz es befahl!"
llnd die Zentrale? Sie saß in Berlin und „steigerte die
Aktion". Seit Tagen bereits vor Abbruch der Aktion stand in
einer Sitzung der Zentrale das Stimmenverhältnis der anwesen-
den Mitglieder auf fünf zu drei für Abbruch der Aktion. Aber
es zeigte sich auch hier: in die Grube der „Schlappheit", des
„Opportunismus", der „Inaktivität", die sie anderen gegraben,
fielen sie nun selbst. Gegenüber der Minorität von drei
Stimmen, die für „Durchhalten" waren, wagten die fünf
 
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