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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (3) — 1921

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Nr. 91 - Nr. 100 (20. April - 30. April)
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KKgeszettukg für die WelttAiissBeUölkecMg der UMisösZirke HöidelSerg, Mssrsch, Ginshssm, Eppmssrr. CösröaA Mosbach, Buchen, Adelsheim, BaLhsrs
TauherSWsfsHeiM rrnö Wsi'thsLm.

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Heiöelbsrg, Dozmsrsiag, 38. April
M. N8 3, LÄhrgang

Verantwort!.: Für innereu. äußere Politik, Äslkswirt Hast und Feuilleton:
Dr. Kraus: für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Seibel? für die Anzeigen: y Horchler, samt!, in Heidelberg.
Druckund Verlag der llnterbadischen Serlazsaastalt T. Hsidslbrrz
GsÄLftsstells: SchrSderstraKe ZS.
_Fernsprecher: ^nz^igNi-Zlnmrhms 267Z,Redaktion 2S4».

Deutscher Reichstag.
Die Kritik der fszi-aldsmsiraiischen Parteien.
Zusammenstoß MÄKsr-HLlfferrch.
Berlin, 28. April. (Eig. Drahtber.)
Die heutige Reichstagssitzung begann mit der ange-
kündigten
gemeinsamen Erklärung der vier Regierungsparteien,
die vom Abg. Rießer (Deutsche Bvlkspartei) vvrgetragen wurde.
Die Sanktionen hätten ihren Zweck bisher nicht erreicht, sie
würden ihn auch verstärkt nie erreichen. Trotzdem hätten wir aber
die Pflicht, alles zu tun, um neue Gewalt abzuwenden. „Schweren
Herzens, aber im Vollgefühl unserer Verantwortlichkeit sprechen wir
daher unser Einverständnis dazu aus, daß die Regierung den Weg,
der sich ihr bot, betreten hat, um die Vermittlung des Präsidenten
von Amerika zu erlangen. Wenn der Präsident diese Aufgabe
übernimmt, so eröffnet sich damit auch die Aussicht, der Welt den
Frieden zu geben, nach dem sie ruft. Die Vorschläge muten uns
Ungeheuerliches zu. Das deutsche Volk ist gewillt, rückhaltlos zu
leisten, was es überhaupt leisten kann. Schlägl dieser Versuch fehl,
so ist vor der Geschichte festzustellen, daß Deutschalnd alles getan
hat, was in seinen Kräften stand, um der erschöpften und zerstörten
Welt den Frieden zu verschaffen. In diesem Bewußtsein würde
das deutsche Volk alles Schwere furchtlos und ungebeugt ertragen."
Kaum hat der erste Redner, unser
GLmoffe Abg» Hermann Müller- Franken
begonnen so setzt schon von rechts Unruhe ein. Ganz im Gegensatz
zu der ausfallenden Stille der Dienstags-Sitzung ist die Mittwoch-
Sitzung außerordentlich erregt.
Redner ist gezwungen, auf die Vorfriedensverhältnisse einzu-
gehen; er muß auch ihre politischen Vorgänge berühren, um die
Sachlage Ul klären und jede Aeußerung hierüber bedeutet eine An-
klage gegen die' reaktionäre,v Partüetst besonders'gegen die Deutsch-
nationalen, die mit wildem Geschrei und heftigen Zurufen quittier-
ten, aber nicht aus der Welt geschafft werden.
Unter Hinweis auf die ReichstagGtzung vom 21. März 19t 8,
bei der die Rechtsparteien in Theorie die Kriegsentschädigung neu
und programmatisch aufstellten, unter Hinweis auf das Brest-
Litowsker Diktat und anderer Beispiele maßloser Gewaltpolitik
stellt er unter ohnmächtigem Toben der Deutschnationalen fest, baß
Foch und Clemenceau nur getan hätten, was ihnen vorgemocht
worden war.
Auf die amerikanische Note eingehend, hebt unser Redner her-
vor, daß die Negierung allein die Verantwortung für diesen Schritt
zu tragen habe und berichtigt die Austastung des Außenministers
über das demokratische System dahin, daß bei Maßnahmen, dis das
Leben und Sterben des Volkes betreffen, die Volksvertretung unter
allen Umständen gehört werden müssen und daß die Regierung die
Pflicht habe, sich mit ihnen rechtzeitig, b. h. bevor sie handelt, in
Verbindung zu setzen.
Ueber die Anerkennung und Benutzung der Vorschläge, die die
Gewerkschaften gemacht haben, spricht Gen. Müller seine Genug-
tuung aus und erinnert gleichzeitig daran, daß die deutsche Regie-
rung bereits im August 1919 der französischen Regierung 60 000
Holzbaracken angeboten hat, auf die der Minister Loucheur aber
verzichtet hat. Die Regierung dürfe sich nicht darüber täuschen, daß
die Beschlüsse der Amsterdamer Resolution das Maximum an
Wohlwollen darstellen, das augenblicklich in Europa überhaupt aus-
zubringen sei. Immer hin wäre die Zahl derjenigen Franzosen,
die eine Beteiligung der deutschen Arbeiter am Wiederaufbau
wünschten, ständig im Wachsen begriffen. In dieser Beziehung
stände es noch besser, wenn Herr Escherich sich an diesen Arbeiten
beteiligt hätte, zu denen er aufgesordert worden sei, statt daß er
den Friedensvertrag sabotiere.
Die Dividettdenpolitik der Schwerindustrie, der Vergnügungs-
rumMsl der Kriegsgewinnler seien schuld daran, daß Deutschlands
Wohlstand vom Ausland falsch eingeschätzt würde. Dieselben Kreise,
die für die Verbrechen des U-Bootkrieges verantwortlich feien, seien
auch verantwortlich für die unerhörten
Vorgänge im Osten,
für die geplante Mobilmachung, die der Abg. Dißmann in der
Dienstag-Sitzung erwähnt hat. Das sei die alte Einmischung der'
Militärs in die Politik; eine Einmischung, die die sozialdemokratische
Partei sich aufs energischste verbitte. Kein Arbeiter dürfe sich an
diesen Organisationen beteiligen. Daß die Regierung das Gegenteil
von Energie in der Entwaffnungsfrage gezeigt HÄ>e, hätten die
Ausführungen des bayrischen Staatssekretärs bewiesen.
Es sei endlich Zeit, daß die Welt zu einem Völkerrecht komme;
denn auch die Sieger des Weltkrieges müssen wissen, daß sich auch
das deutsche Volk ebenso wie das belgische Märtyrervolk gegen wirf-
schaftliche Versklavung und politische Zerreißung zu wehren wisse.
Die Dcutfchnativnalen, die bis dahin ihr Schuldkonto mit Ge-
schrei zu übertäuben suchten, schickten den Abg. Dr. Helfferich,
weiland Finanzminister Mseligen Angedenkens als Redner vor.
Dieser dem Auslande gegenüber denkbar ungeeignetste und als
provokatorisch wirkender Mann wird gleich zu Anfang mit stürmi-
schen Zurufen der in dieser Frage einigen Linksparteien empfangen.
Es tont hohl und falsch aus dieser gehorsteten Säule der zusammen-
gebrochenen Macht Wilhelms des Schwertrasselnden. Die Behaup-
tung Heg Herrn Helfferich von der großen Friedensliebe oes kaiser-
lichen Deutschland wird mit bitterem Lachen auf der linken Seite
ausgenommen. Dasselbe Schicksal hat die unerhörte Anmaßung
des deutschnationalen Redners, sein großes Verantwortlichkeits-
tzefüh! gegen das des sozialdemokratischen Redners auszuspielen.
Als der Redner auf die Schuldfraae im Krieae einaebt und diese-

Lord Ä'Aherrrsn bei Dr. Gimmrs.
Berlin, 29. April. Wie wir erfahren, hat der englische
Botschafter in Berlin Lord d'Abernvn den Minister Dr.
Simons besucht, der ihm erläuternde Mitteilungen zu.
den nach Washington gesandten Vorschlägen machte.
Amerika gegen die französische Gewaltpolitik?
Berlin, 28. April. Blättermeldungen aus London zufolge
sind dort Nachrichten aus Amerika eingetroffen über die wahrschein-
liche Bereitwilligkeit Amerikas mit Deutschland weiter zu verhan-
deln, um eine Grundlage für neue Besprechungen zwischen Deutsch-
land und den Alliierten zu finden. 'Amerika wird vermutlich Frank-
reich zu verstehen geben, daß eine Besetzung des Ruhrgebietes
Amerika unangenehm sein würde, solange nicht alles versucht wor-
den ist, um vorher zu einer Verständigung zu gelangen. Im Falls
einer Weigerung Frankreichs werde England und Italien gebeten,
die neuen Pläne Frankreichs nicht zu unterstützen.
Dis.tza«delspslitik Sorvzstrrchlmrds.
Riga, 27. April. (Priv.-Tel. der „Franks. Ztg.") Außer
Scheinmattn, der als Bevollmächtigter Sowjetrußlands
zu den Verhandlungen über ein deutsch-russisches Han-
delsabkommen nach Berlin geht, soll auch, wie die
„Prawda" mitteilt, Krassin aus London auf einige Tage nach
Berlin kommen.
Der Rat der Volkskommissare hatte am Samstag (23. April)
längere Sitzungen, wobei die Handelsbeziehungen Sowjet-Rußlands
mit dem Auslands besprochen und neue Entschlüsse gefaßt wurden.
Im besonderen wurde der Entwurf eines vorläufigen Abkommens
mit Deutschland bestätigt, desgleichen sind Entwürfe für Handels-
abmachungen mit Dänemark, Norwegen und der Tsche-
choslowakei bestätigt worden.

in der demagogischsten Weise von sich und seinen Parteigenosse!! ab-
zuwälzen sucht, wird er durch den Genossen Müller mit dem Zuruf:
„Sie Lügnerl" unterbrochen.
Es ist selbstverständlich, daß Herr Helfferich, der sich vorher so
gern bereit erklärt hatte, Opfer zu tragen, gegen die deutschen An-
gebote polemisierte. Ihm wäre ein Fortführen der Politik der „ge-
panzerten Faust", wie ihm von links zugerufen wurde, zweifellos
angenehmer. Trotzdem sie, wie der Gen. Müller ausgeführt hat,
ein Wahnsinn war und heute ein großer Wahnsinn wäre.
Der Redner endet unter fortdauerndem stürmischen Widerruf
links und Lärmen von rechts mit einer Geschichtsklitterung, die eben-
so den Stempel der Wahrheit an der Stirn trägt, wie die ganze
Rede des Herrn Helfferich.
Der Unabhängige Dr. Breitscheid, der dem deutsch-
nationalen Redner folgt, hat verhältnismäßig leichtes Spiel, die
Behauptungen Helfferichs ad absurdum zu führen. Auch er rechnet
energisch mit den deutschnationalen Militaristen und Gewaltpoli-
tikern ab, schont aber auch die Schwerindustrie nicht und wendet sich
direkt an den Abgeordneten der deutschen Volkspartei Herrn Hugo
Stinnes, den er als Vertreter der schwerindustriellen Interessen
für die Verwüstungen in Belgien verantwortlich macht. Der kapi-
talistMen Lösung der Reparations- und Wiedergutmachungssrage
hält er die sozialistische gegenüber als die einzige, die mit Erfolg
rechnen dürfen. Auch dieser Redner geht nicht, wie das bereits der
Vorredner vermieden hat, auf Einzelheiten der amerikanischen Note
ein, dagegen hält er scharf Gericht über die Haltung der Regierung
vor der Absendung dieser Noten. Wie es bereits Gen. Müller
getan hat, kritisiert er in energischer Weise das eigenartige Vorgehen
der Regierung, die das Parlament ebenso wie den auswärtigen
Ausschuß in der unverantwortlichsten Weise bei lebenswichtigen
Fragen ausschaltete. Der Zickzackkurs der Regierung wird auch von
ihm sowie von den Deutschnativnalen als nicht allein unzweckmäßig,
sondern auch als höchst gefahrvoll für das deutsche Volk gebrcmd-
markt. Wenn man „im Namen des deutschen Volkes" sprechen
wolle, so muffe man sich vorher des Einverständnisses des Volkes
sichern. Die Regierung hat bis jetzt mehr Glück als staatsmännische
Fähigkeit bewiesen. Er, der Redner, zweifle daran, ob man Politik
nur im Vertrauen auf Glücksfälle machen könne. Die Lage fei
außerordentlich schwierig, und selbst eine augenblickliche Lösung be-
deute keine endgültige Lösung. Die letzte Alternative seien doch die
vermittelnden Gewerkschaftsvorschläge, die das wirtschaftliche Inter-
esse aller Völker am besten wahren würden.
Vor gähnenden Bänken im Plenum, vor gähnenden einzelnen
Abgeordneten, vor gähnenden Gesichtern und vor gähnenden Tri-
bünen hält hieraus der kommunistische Abgeordnete Fröhlich
seine lange und langweilige Rede. Er beschäftigt sich darin in übri-
gens ziemlich ruhiger Weise mehr mit innerpolitischen als mit außen-
politischen Fragen. Als er sich allzulang bei den Vorgängen in
Mitteldeutschland aufhält, wird er vom Präsidenten zur Sache ge-
rufen und hält darauf ein Zwiegespräch mit Dr. Breitscheidt von
der U.S.P., betr. die Nichtbeteiligung an den mitteldeutschen Put-
schen und schließt, wie es bei kommunistischen Rednern üblich ist,
mit der Heiligpreisung Svwjetrußlands und der allein sefigmachen-
den Gewaltpolitik und begibt sich damit in die gute Gesellschaft der
Deutschnationalen.
Nachdem sich das Haus gegen den Widerspruch der Kommu-
nisten auf Donnerstag vertagt hatte, erhält Gen. Müller das
Wort zu einer persönl. Bemerkung in der er noch einmal die de-
magogischen Manöver des Abg. Helfferich entlarvt. Helfferich,
der ihm antwortet, kann seine reine Politik nur seiner Partei und
nicht dec unbefangenen übrigen Welt beweisen.
Aus diplomatischen Gründen mußten sich die verschiedenen
Redner in der Besprechung von Einzelfragen der Note zurückbalten.

Immerhin ist bei dieser immer wieder und wieder zum Ausdruck ge-
kommen, daß das deutsche Volk heute für die Sünden derjenigen
büßen muß, die glauben das Nativnalgefühl in Erbpacht genommen
zu haben.

Politische Ueberficht.
Eine eigenartige Vorgeschichte des deutschen Angebots.
B e rlin, 26. April. Ueber die Vorgeschichte der deutschen
Reparationsnote an Harding weiß das „W. T." mitzuteilen: Vor
ungefähr vier Wochen traf in Berlin eine Gesellschaft von vier
amerikanischen Finanzmännern ein, deren Mission rein privatge-
schäftlicher Natur war. Sie fußte auf dem Auftrage amerikanischer
Großhandelskreife, mit deutschen Interessenten über Rohstoffliefe-
rungen aus Amerika zu verhandeln. Das führende Mitglied war
Rechtsanwalt Höfler aus San Francisco, der persönlich Beziehun-
gen zu Staatssekretär Hughes unterhält. Die Verhandlungen nah-
men von Anfang an eiyen günstigen Verlauf. Man schritt alsbald
zur Gründung einer Treuhandgesellschaft, an der sich eine Reihe
deutscher Großbanken beteiligte. Die ungeklärte politische Lage
stand jedoch dem Abschluß eines definitiven Abkommens im Wege.
Dies veranlaßte Höfler, bei einer Unterredung mit Dr. Simons auf
die Möglichkeit einer Lösung in der Reparationsfrage durch ame-
rikanische Intervention hiuzuweisen. Das Reichskabinett zog diese
'Anregung in ernstliche Erwägung. Seine Entschlüsse jedoch faßte
selbstverständlich das Kabinett in voller Selbständigkeit.
Besprechungen in Washington.
Berlin, 27. April. (Priv.-Tel.) Wie wir hören, ist in den
ersten Nachmittagsstunden auf die deutsche Note noch keine
Antwort hier eingetroffen. Der Grund dafür dürfte sich aus
den offiziellen Nachrichten aus Washington ergeben, die berichten,
daß Präsident Harding wegen der neuen deutschen Vorschläge
zunächst mit den Botschaftern der alliierten Hauptmächte Fühlung
genommen hat.
Washington, 27. April. Nach Empfang der deutschen
Gegenvorschläge haben sich auf Einladung von Hughes die Bot-
schafter Frank v-?i chs, Englands, Italiens und I a-
pans im Staatsdepartement versammelt. Die alliierten Diploma-
ten waren davon in Kenntnis gesetzt, daß die Vereinigten Staaten
zuerst die Ansicht der Alliierten bezüglich der deutschen Gegenvor-
schläge hören wollten, be vor sie Deutschland antworteten.
Hoffnungen?
Paris, 27. April. Havas meldet: Die letzte Nacht über-
mittelte Nachricht aus Washington, daß die deutschen Vorschläge in
Amerika einen günstigen Eindruck hervorgerusen haben, stammt
aus englischer Quelle.
Paris, 27. April. Die „Chicago Tribüne" meldet aus
Washington: In wohlunterrichteten Kreisen herrscht volles
Vertrauen, daß der gegenwärtige Notenaustausch über das er-
gänzende deutsche Angebot zu einem U e b e r e i n k o m m e n führe.
London, 27. April. Reuter meldet: Das Kabinett beriet
die deutschen Reparationsvorschläge heute Vormittag.
Enteignung privater Devisen?
Berlin, 26. April. Falls in Ausführung des deutschen
Angebots an die Alliierten eine Enteignung ausländischer Wert-
papiere aus deutschem Privatbesitz erforderlich sein sollte, beabsich-
tigt die Reichssinanzverwaltung, den Besitzern der Werte — in
gleicher Weise, wie dies bei den auf Grund der Bekanntmachung
vom 26. März 1919 dem Reich überlassenen Effekten geschieht —
den bei der Veräußerung der Papiere erzielten Nettoerlös zu ver>
güten und sofort bei Ablieferung der Papiere eine angemessene Ab-
schlagszahlung zu leisten. Mir die Enteignung würden gegebenen-
falls voraussichtlich nur festverzinsliche Wertpapiere mit Ausnahme
österreichischer, ungarischer und russischer in Frage kommen.

Ausland.
Die EntsnLepresie zum. deutscher ANgebot,
Französische Ablehnung. —- Zurückhaltung in England.
Paris, 26. April. Nach Havas gewinnt man aus den
Zeitungsbesprechungen die Ansicht, daß die deutschen Vorschläge
einmütig als unannehmbar bezeichnet werden. Es genüge
eine einfache Durchsicht des Entwurfes, um sich dieses Urteil zu bil-
den, ohnedaß man deshalb der Leichtfertigkeit bezichtigt werden
könnte.
Paris, 26. April. Havas meldet, die zuständigen Kreise
erklären« die neuen deutschen Vorschläge, wie sie durch
ein Havastelegramm bekanntgeworden seien, für vollkommen
unannehmbar. Das Ministerium des Äeußeren sei amtlich
über diese Vorschläge noch nicht in Kenntnis gesetzt worden, die
keineUnterlage für eine förderliche Wiederaufnahme böten.
Die von der deutschen Regierung angegebenen Zahlen seien durch-
aus ungenügend, da sie mindestens um 100 Millionen hinter
der Summe des Pariser Abkommens zurückliegen, welche die ver-
bündeten Regierungen als Mindestforderung betrachteten. Deutsch-
land wolle sich wohl verpflichten, innerhalb einer Frist von drei
Monaten eine erste Abschlagszahlung von einer Milliarde Gold-
mark zu zahlen, vergesse aber vollständig, daß noch ein R e st d e -
trag von 12 Milliarden Goldmark ausstehe von der am 1
Mai fälligen Rate von 20 Milliarden Gvldmark. Andersecks
schlage Deutschland vor, sich am Wiederaufbau der zerstörten Ge-
biete zu beteiligen und unter gewissen Umständen an Stelle der
Verbündeten Negierungen deren Schulden den Vereinigten Staaten
gegenüber zu bezahlen. Wer alle diese Anerbietungen seien von
einer Menge von Vorbedingungen abhängig gemacht morden, die
ihren Wert, bedeutend herabminderten. , Deutschland Ms soweit.
 
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