Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (3) — 1921

DOI Kapitel:
Nr. 91 - Nr. 100 (20. April - 30. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44129#0513
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

EskeszeiikiKg M öie VeEiiAs BeHs^LrmW dr? AmtsSezirke Heidelberg, WieMsch, Smshsrm, GppmZL-r, Gberbach, Mosbach, Buche», Adelsheim, -ZsxSskL
TauherSischofshKiM «ud Werthsim.


HMsMKrg, GLMsiKg, 23. April M21
M. S4 » 3. IsHrgarZs

Ka'rl«r«^rÄr'.2rsri. Tek.-Mr. :Äsl?ssti!uug HrkdrlSeer.
-AS»SSSiWEBS^SLSSNWWSMSLSL>L.».TMSS»

AeMsprels-. MonaMS elnschl. TräqerMn S.— M. An;-igm'rrckr:
D'e e!nspattl«e petitzeils mm breit) SS Afg., Nskssms-Mzei;--,
tZ9 mm k>re!y 2.26 M. Lei Wi-decholuagen MchlaS naH Tar-f
Gekelmmittel-Anzeigen Gerden nicht aufgsnsmirsn.

Dersntwortl.r Für lnnereu. äuFereKsliki?, JolksMirkschaft uiii» Zeu!s>etsn:
Dr. .Kraus) für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Gei bei? für die Anzeigen: H. Horchler, sLmti. in Hzideiderz.
VrucklmdÄerlaz der llnterbadi'Hrn Aerlagsanstalt D.m.d.^.,Heidelder-
Geschäftsstelle: Gchroderstraße ZS.
FernsKrrchsr: AnzeigLn-Annahms2673,R-.dattion rss».

Zur Lage.
Kr. Heidelberg, den L>. April.
Än Aci'.e der seither nur alle 14 Tage erschienenen „Mick-
bliäs" wird von heute an jeden 'Samstag ein Leitartikel
„Zur Lage" treten, in dem die brennendsten politischen Ta-
gesftagen der Woche eine zusammenfaflende Beurteilung finden
sollen.' Die Rod. d. „B." --
Es gibt heute in der deutschen Demokratie Staatsbürger, denen
die Uniform, in welcher die FriedensgeneralrtäL der Beerdigung der
'Exkaiserin beiwohnte, wichtiger ist als die Folgen der neuen Zoll-
ordmmg im Rheinland, denen die illusionäre Erinnerung an die
„herrlichen Hohenzollern" näher liegt, als die realpolitische Einstel-
lung aus das tatsächliche Europa, wie es aus dem Weltkrieg hervvr-
aegangen ist. Es gibt Kapitalisten — und ihre Zahl ist sehr groß —
die ihrem persönlichen Prosit aus luxuriösem Ex- und Import, ihren
Dividenden, Bonus und Vorzugsaktien mehr Nachdenken widmen
al« der großen wirtschatflichen und sozialen Notlage Gesamtdeutsch-
lands. And es gibt genug Arbeiter, denen es nur sehr schwer klar
gemacht werden kann, daß dis Frage der Verständigung mit der
Entente, die Lösung des Wiedergutmachungsproblems wichtiger ist
ist als die Sorge um Essen und Trinken, als Lohn- und Tariffragen.
Mit einem Wort: es gibt sehr Wenige, welche das Wiedergutma-
chungsproblem als bis Fundamentalfrage der deutschen
Gegenwart erkannt Haden, von der alle anderen abhängig sind. Da-
rum müssen diese Wenigen immer wieder zu den anderen sprechen,
sie aufrütteln und warnen, ihnen Wege und Losungen zeigen.
Noch 7 Tage sind bis zum 1. Mai. Heute kommen Briand
und Lloyd George in Lympnc zusammen, um über ihre gemeinsamen
Schritte zu eventl. neuen Sanktionen sich auszusprschen. Wie ist
dir Lage für Deutschland? Trostlos und hoffnungslos!
Anders kann man sie nicht bezeichnen. Von außen haben wir kei-
nerlei Hilfe zu erwarten: der englische Bergarbeiterstreik ist nicht zu
einem grundsätzlichen Klaffenkampf gegen Lioyo George geworden
und Sowjetrußland ziehen die Wirtschaftlichen Schwierigkeiten im
Innern immer mehr von der Tribüne der WeltpolM ab. And im
Innern? Eben ist der kommunistische Putsch beendet und schon
schicken sich in Preußen die bürgerlichen Parteien an, eine Koalition
geaen die Sozialisten aller Schattierungen zu bilden. Wohl hat die
R.P.D. eine schwere Niederlage erlitten, aber leider ist die Folge
davon, daß große Arbeiter-masten sich der Apathie und Wurstigkeit
in die Arme werfen. And überall können wir eine scharfe Zu-
spitzung der wirtschaftlichen Situation konstatieren. Man hört kein
Wort mehr von der Sozialisierung der Kohle, von der endgültigen
Durchführung des wirtschaftlichen Rätesystems, im Gegenteil. ^er
Kapitalismus bricht sich mehr denn ie Bahn; die Freiheit der De-
mokratie droht genau wie in Frankreich und Amerika zur Freiheit
der schrankenlosen Ausbeutung zu werden. Während breite Volks-
Essen immer tiefer ins Elend sinken, die Arbeitslosigkeit und damit
die Not Vieler Arbeiterfamilien von Tag zu Tag wächst, werden die
Reingewinne und Dividenden der industriellen Werke immer fetter.
(Siehe die Wirtschaftspolitische Rundschau i« unserer heutiges
Beilage.)
Das Werschsimmste aber ist das völlige Versagen der Reichs-
rsgierrmg in der Mgsrrwärtrgen Situation. .Seit 2 Jahren hatte die
deutsche Regierung Gelegenheit, aus Grund gründlicher Berechnun-
gen und sachverständiger Besprechungen ein großzügiges W-isder-
guirnachungsprogramm auszuarbesten. Was ist geschehen? Sv
gut wie -nichts, man hat von Fall zu Fall protestiert und immer
wieder den guten Willen betont, als man von -emand auf die Dauer
das Vertrauen zum eigenen guten Willen erzwingen könne, wenn
man ihn nicht durch die Tat beweist. Vor allem aber hat es die
Regierung nicht verstanden, sich moralische Werte in der
Welt zu erobern. Es kam die wichtige Londoner Konferenz, die
nicht zuletzt auch moralisch für uns^hne Erfolg blieb, weil man nicht
genügend vorbereitet war, weil man, von verantwortlichen Stellen
beeinflußt, wesentliche Momente in den deutschen Gegenvorschlägen
unberücksichtigt ließ. Wir haben dam^HMe deutsche Außenpolitik
noch ^weitgehend zu stützen gesucht, was aber seither geschehen, ist,
müssen wir restlos verurteilen. .Es war doch für .jeden politisch
Urteilsfähigen klar, daß es auf die Dauer nicht bei den Sanktionen
bleiben werde, sondern daß früher oder später eine Verständigung
zustande kommen müsse, darum verlangten wir — in mehreren
Leitartikeln und in einem Vortrag, den Verfasser dieses in einer
hiesigen sozialdemokratischen Parteiversammlung gehalten hat —,
daß sofort an die gründliche Ausarbeitung neuer Gegenvorschläge
gegangen wird unter Berücksichtigung all der Moments, die zu un-
serem Schaden in London unberücksichtigt blieben und in einer
Weise, die weiten Kreisen aus des Auslands' ermöglicht hätte, auf
die neue'Basis zu treten. «Zwei günstige Momente kamen dazu noch
der deutschen Außenpolitik zu Hilfe: einmal die für uns günstige
Abstimmung in Oberschiefien und dann die Wiederaufbauvor-
schläge der internationalen Arbeiterorganisationen in Amsterdam.
Was hätte näher gelegen, als auf der Basis dieser beiden Tatsachen
mit einem neuen großzügigen Programm vor den Reichstag und
damit vor die Welt zu treten und dadurch der Gewaltpolitik der
Briand und Lloyd George soweit als möglich den Wind aus den
Segeln zu nehmen: Aber nichts dergleichen geschah, der Reichstag
vertagte sich, und Herr Simons ging in Urlaub! Da kam das Ber-
ner Interview mit Sauerwein, die mystischen Andeutungen einer
neutralen Vermittlungsaktion bei Amerika und die Mitteilung, daß
die deutsche Regierung in den nächsten Tagen einen neuen Schritt
unternehmen werde. Aber Dr. Simons hüllte sich in tiefstes
Schweigen. Der Reichstag blieb vertagt und auch der auswärtige
Ausschuß wurde nicht einberufen, trotzdem z. B. die „Franks. Ztg."
schrieb:
„Eg wäre wirklich höchste, allerhöchste Zeit, daß die Ver-
treter des deutschen Volkes, die Reichstagsabgeordneten, einmal
ein heiliges Donnerwetter, nicht allein mit Worten, sondern auch

AmsmZa lshNt Kb rmv Verlangt direkte
ÄENtsche GegsKNsrschLiigT.
Washington, 22. April. (United Telegraph.) Dis Ant-
wort der Bundesregierung auf das deutsche Vermittelungsgefuch
lauter folgendermaßen:
Die Regierung der Vereinigten Staaten kann sich nicht
dazu verstehen, in der Reparaüonsftsge die BermiArmg zu
übernehmen mit der Aussicht, dabei Schiedsrichter zu wer-
den. «Messen ist die Regierung der Bereinigte» Staaten des
Ernstes der gegenwärtigen Krise wohl bewußt, weil die ganze Welt
davon in Mitlsiöknschast gezogen ist, und hat em lebhaftes Interesse
daran, baß dis Frage der Reparation einer baldigen gerech-
ten Lösung entgsgengeführt werde. Die Bereinigten Staaten
hegen die lebhaftesten Wünsche für eine Ä n m iitelbare Wie-
deraufnahme der Verhandlungen zwischen Deutschland und
den alliierten Mächten. Sie geben der ernsten Hoffnung Ausdruck,
das; die deutsche Regierung baldigst Bor schlage imterbreitm
werbe, aus denen sich eine geeignete Grundlage für weitere Erörte-
rungen ergibt. Sollte die deutsche Regierung sich hierzu verstehen,
so würden die Vereinigten Staaten erwägen, die Regierungen des
alliierten Mächte darauf hinzuweisen, daß sich ein annehm-
barer Weg zur baldige» Wiederaufnahme neuer Verhandlungen
eröffnet.
DLe Beus BesstzurrgslirrrK.
Poris, 22. April. Das „Echo de Paris" meldet über die
Grenzen des beabsichtigten militärischen Vorgehens im
Ruhrgebiet, die Sachverständigen der «Alliierten hätten es
für geboten gehalten, sich nicht in der Frage des Llebergrei-
fens n a ch W s st f a l e n auszusprechen, da nur die Regierungs-
chefs letzten Endes entscheiden können, ob man auch auf Hamm die
H-and legen solle. Die Besetzungslinie nördlich Düffeldorf würde
längs der Lippe verlaufen, bis hinter Hamm dann im schar-
fen Winkel Loer Anna nach dem Rhein, Nobel sie Elberfeld mit
seiner bedeutenden Textilindustrie einschließen und dem linken Wup-
peruser folgen werde, wobei die Besetzung der wichtigen Schluß-
und Eisenbahnstationen Dorten, Löhnen, Anna und Hagen ermög-
licht werde. Da die großen Häfen Ruhrort und Duisburg bereits
unter Aufsicht der Alliierten ständen, würde die Überwachung des
gesamten Verkehrs des Ruhrbeckens fest in der Hand der Alliierten
sein. Die für die Besetzung nötigen Truppen seien von Fock auf
80 000 Mann geschätzt worden. Sie würden von den ans Cilicien
abberufenen Truppen gestellt werden. Ms zu deren Eintreffen
und bis zu der ersten Ausbildung des Jahrgangs 1921 würde der
Jahrgang 1919 einberufen werden.
Paris, 22. April. Nach einer Havasmeldung fand heute
vormittag im Ministerium des Aeußeren unter dem Vorsitze
Briands eine Sitzung statt, um die Schlußfolgerungen der fran-
zösischen Sachverständigen über die etwa nötigen Zwangsmaßnah-
men gegen Deutschland zu prüfen.

mit der reinigenden Tat, dreinschlagen ließen Aber was tun die
Abgeordneten? Der Ausschuß des Auswärtigen sollte eigentlich
ansangs der Woche tagen, um den Bericht des Außenministers
über die Lage und seine Pläne entgegenzunehmen. Doch er ist
vertagt worden und hat sich willenlos vertagen las-
s e n. „Die in Betracht kommenden Kreise sind sich noch nicht
einig", — das gilt natürlich auch für den Ausschuß — und die
verantwortungsbewußten-Abgeordneten haben zu viel Koali-
tion s di sz i p lin, um einmal alle Parteirücksichten über den
Haufen zu werfen und in der Stunde der höchsten Not wirklich
vaterländische Politik zu machen. „Diem Betracht kom --
menden Kreise sind sich noch nicht eini g."
Seit Wochen haben wir gegen diese Geheimnistuerei, gegen
das Hinhalten und Hinausziehen Front gemacht, in der Aeberzeu-
gung, daß nichts Gutes dabei herauskvmme. And so ists nun tat-
sächlich gekommen. Wir haben bereits gestern zu dem Hilferuf
nach Amerika Stellung genommen und auf feine Aussichtslosigkeit
hingewiesen. Die Antwort Hardings hat uns nur zu sehr
Recht gegeben. Konnte denn irgend ein politischer -Kopf in Berlin
annehmen, daß Harding nach dem, was in den letzten Wochen ge-
gangen ist, sich direkt in der Wiedergutmachungsfrage werbe en-
gagieren lasten, womöglich ausspielen lassen gegen die Entente?
Simons mußte wissen, daß es für uns nur den direkten Weg gibt;
er hat das selbst zu wiederholten Malen ausgesprochen, warum blieb
er nicht konsequent, oder konnte er sich etwa nicht durchsetzen? Die
deutsche Außenpolitik hat eine schwere Schlappe erlitten, das kann
kaum mehr länger bestritten werden und den Revanchepolitikern in
Frankreich und England haben wir aufs neue unnötig Waffen ge-
gen uur in die Hand gegeben.
Zum Schluß noch eine Bemerkung. Wir haben den Eindruck
und das muß fetzt einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden —,
daß unsere Partei an diesem Gang der Dinge nicht unschuldig ist;
Nach den Amsterdamer Konferenzen verlangten wir, daß unsere
Partei allen Ernstes den Versuch machen solle, gemeinsam mit de»
Gewerkschaften und der ASP. ein Wiedergutmachungsprvgramm
im Reichstag einzubringen und die Regierung zu einem klaren und
eindeutigen Bekenntnis heraus-zufordernl Warum ist nichts in die-
ser Richtung geschehen, oder hat man sich etwa von gewißen un-
kontrollierbaren Regierungsinteresten beeinflussen lasten wie so oft
im Weltkrieg? Warum hat man nicht die sofortige Einberufung
des Reichstages verlangt und dort sich zum Sprachrohr -der Not
gemacht? Warum hat man nicht an die Arbeiterschaft appelliert,
nm endlich einmal einen anderen Kurs in unserer Außenpolitik em-
Zvschlagen? Hier liegen zweifellos Unterlassungssünden vor, die in
den nächsten Tagen und Wochen ihre Aufklärung finden Wüsten.
Wird der 1. Mai ims bereit finden? Wir zweifeln!

Deutscher Reichstag.
Eins ErkLiLnMg Dr. Simons.
Berlin, 22. April. (Eigener Drahtbericht.)
Die Frage, wie aus den unabsehbaren Wirren, mit denen
wir am l. Mai zu rechnen haben, herauszukommen ist, führte uns
zu einem Angebot an die Regierung der Vereinigten Staaten, das
Schiedsrichteramt zwischen Deutschland und der Entente zu über-
nehmen und führte zu der Versicherung der deutschen Regierung,
daß wir bedingungslos die Entscheidung der Vereinigten Staaten
durchführen werden. Auch dieser Versuch, Deutschland vor den
Zwangsmaßnahmen der Entente zu bewahren, ist gescheitert.
Wohl erklärte sich der amerikanische Präsident bereit, auf der
Grundlage weitestgehender Zugeständnisse für Deutschland eine
Aebermittlung zu übernehmen. Alle anderen Fragen treten bei
dieser Sachlage zurück. Nicht viel mehr als eine Woche trennt uns
von dem 1. Mai. Bis dahin muß eine Einigung getroffen fein,
wenn wir nicht nur noch ein leidendes Objekt für die Entente -wer-
den wollen. Der Reichstag nahm deshalb Abstand, die am Schluffe
der gestrigen Sitzung verkündete Tagesordnung zu erledigen. Ei
hörte nur die
Erklärung des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten
an. Dieser führte aus: Nach dem Scheitern der Londoner Der-
Handlungen sei es notwendig geworden, eine neue Basis für die
Unterhandlungen mit den Alliierten zu finden. Im Vordergrund
des Reparations-Problems stände die Frage des Wiederauf-
baus. Das Ergebnis der Arbeit des VÄederaufbauministeriums
fände sich in der Note an die Reparationskommisfion. Unter den
verschiedenen vorgeschlagenen Systemen für die technische Durch-
führung sei das hauptsächlichste jenes, das an die Vorschläge
der deutschen Gewerkschaften angelehnt sei. Das zweite
Problem, die Aufbringung der Zahlungsmittel, könne nur auf dem
Wege einer internationalen Anleihe gelöst werden, deren Tilgung
Deutschland zu übernehmen hätte. Die entsprechenden
Versuchs seien gescheitert. Deshalb könne er (der Mi-
nister) auf Einzelheiten nicht eingshen, zumal es den internationalen
Rücksichten nicht entspräche, die vermittelnden Personen und Mächte
namentlich zu bezeichnen.
Die Regierung Habs sich deshalb entschlossen, die Vermittlung
Amerikas anzurufen, das einmal bestimmenden Einfluß auf den
Ausgang des Krieges gehabt hättte und das zum zweiten wegen
seiner Ginanzkrast in der Lage wäre, wesentliches bei der Lösung
der Schwierigkeiten zu tun. Wegen des formell noch bestehenden
Kriegszustandes zwischen Deutschland und Amerika bade n Zs-
gierung den ungewöhnlichen Schritt der Entsendung der bekannten
Note gewählt. In dieser Rote sei dis Beschränkung der deuii^en
Leistungsfähigkeit nicht besonders betont worden, um jeden Zweifel
an der Ernstlichkeit des Angebots auszuschließen. Amerika habe
abgelehnt, als Schiedsmann zu fungieren, sich dagegen bereiterklärt,
die Rolle eines Uebermittlers der deutschen Vorschläge zu über-
nehmen. Da das Kabinett erst Freitag nachmittag in der Lage sei,
hierüber zu beraten, könne der Minister für auswärtige Angelegen-
heiten erst amSamsLag über die Politik in der Reparations-
frage Rede und Antwort stehen.
Dis Regierung sei der Aeberzeugung, daß sie bis an die Grenze
der Leistungsfähigkeit gehen muffe. Es fei dringend nötig, dem
Auslands über unsere Lage klaren Wein einzuschenken, da man dort
der Meinung sei, daß Deutschland seine eigene Leistungsfähigkeit
unterschätze. Der in Brüste! einmal beschrittene Weg, der durch
die Beschlüsse der Pariser Konferenz verstärkt sei, müsse wieder ein-
geschlagen werden. Der Vorschlag des Präsidenten Löbe, die
Sitzung auf Samstag zu vertagen, wurde ohne Widerspruch an-
genommen.

Politische Ueberstcht.
WolksMrLsMcher Vorstoß gegsw das Karbmett
StLgerwald.
Berlin, 22. April. Nach der „Bost. Ztg." beschloß die
Landtagsfraktion der deutschen Volkspartei, gegen den neuen preu-
ßischen Minister des Innern, Dominikus, ein Mißtrauens-
votum einzubringen. Damit erhielte Dominikus im Landtag keine
Mehrheit und -wäre zum Rücktritt gezwungen. Wie das Blatt von
parlamentarischer Seite hört, trete in diesem Falle auch Minister
Fischbeck zurück.

SLegerWalVNsgisrmkgKMograAkrrt. — Schärfste
K«Mpfarrsage der SozLaldemÄrKttL.
r. B erlin, 22. April.
In der heutigen Sitzung des preußischen Landtags stellte der
Ministerpräsident Stegerwald sein neues Kabinett vor
und verkündete sein Programm. Vorerst hebt er hervor, daß alle
Herren des Ministeriums auf dem Boden der Reichs-
verfassung und der pr euß i s ch e n Versüssung stehen, dis sie
erforderlichenfalls mit allen staatlichen Machtmitteln zu verteidigen
entschlossen sind. Der Ministerpräsident betonte die Notwendigkeit
einer zielsicheren Führung der inneren Verwaltung der jetzigen Zeit
und versprach die energische Förderung aller notwendigen inne-
ren Reformen, insbesondere des wichtigen Gesetzes über die
Gemeindeverfassung. Er stellt sodann eine Verbesserung
der Rechtspflege in Aussicht, Kampf gegen die Arbeitslosigkeit durch
planmäßige Ausgestaltung der produktiven Erwerbslvsenfiirsvrge,
Kampf gegen Wucher- und Schiebertum und Stärkung eines unab-
hängigen Mittelstandes stellt er als Richtlinien auf. Förderung
der landwirtschaftlichen Erzeugung zur Sicherung der Vvlksernäh-
rung und Ausbau der inneren Kolonisation sind weitere Programm-
punkte. Abmilderung des Kampfes Mische« Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer verspricht Herr Stegerwsld. Die bewußts Pflege der
 
Annotationen