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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (3) — 1921

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Nr. 91 - Nr. 100 (20. April - 30. April)
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TssesZeiirms M die WerMtigeWevslksmW der AMtsSZMs HeidelKsrI, WieswA Gmshsim, LZppm§m, MsrSÄG Mssösch, Buchen, Adelsheim, BsxSsrz
Tauberhischssshsim uuö Wertheim.



DexuosprelS: Menatlich einschl. TrSaei-lshn s.— M. Anzelgrnsrrifr:
Die einspalliae petitzeils (36 mm breit) 86 Hfg„ Rsklamr-Anzetzen
lzo mm breit) 2.20 Mk. Lei Wisoscholungen RachlaA nach Tarif
Geheimmittel-Ameigen werden nicht ausgenommen,
-rfchäsisstunden: 8- V-6 llhr. GprechstundsnderRrdattion: 11 --12 l)r.
KsstschscktontoKarlsruheAr.WZTl. T-l.-Adr. -Äsikszrtturrg AeidslS-rg.

HeiAKsKKrg, MoNis^ 2S. April Ä921
M. ss * 3. Jahrgang

Derankwvril.: Für innereu.§uZsreP»M!t, VoitsD!rk'chafk und Feuilston:
Dr. Kraus,- für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Gsibei; für die Anzeigen: H. Horchler, sämil. in Hridriörrg.
Dmckund Verlag her Antsrbadi Hsn Vsrlagsanstali A. m.b.A./HrihMerz
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Politische Ue-erficht.
Dis deutsche WisdsVamfKsuNsLe.
Infolge unliebsamer Störung der telephonischen Vermittlung
konnten wir in unserer Samstagsnummer diese Londoner Meldung
nur sehr verstümmelt unter den letzten Telegrammen Mitteilen, wes-
halb mir sie heute Nochmals und zwar im Wortlaut, sbdrucken:
London, 28. April. (Eig. Drahtm.) Dir Role an Eng-
land gib! eine ZusaMMenfassung der sogen. Möglichx
leiten zum Zwecke des Wiederaufbaues.
1. Deutschland könnte den Wiederaufbau in Stadt und Dorf
übernehmen, wobei alle Kosten zur Last falten, entweder als Staats-
unternehmen, oder durch Übertragung der Arbeit an die nationale
Siedlungsgesellschast. Deutschland führt diesen Vorschlag nicht
weiter aus angesichts der Tatsache, daß bereits die grundsätzliche
Frage einer Abweisung von feiten der verbündeten Mächte be-
gegnet ist.
Z. Deutschland würde unverzüglich alle Hilfsmittel zum
Wiederaufbau in Frankreich und Belgien zur Verfügung stellen.
Die deutsche Industrie erbietet sich, das Gelände auszuräumen, die
Waldungen aufzuforsten, alle Ziegelbauten wieder herzustellen oder
neu aufzubauen, Fabriken zur Gewinnung von Gips und Zement,
sowie Maschinen und Materialien Zur Bereitung der nötigen Roh-
materialien zu liefern, ebenso die nötigen Grundstoffe. Deutschland
bietet Werkzeuge und Maschinen an, die in den zerstörten Gebieten
nicht zu finden sind. Es erbietet sich ferner, für die kältere Jahres-
zeit 25000 Holzhäuser mit der notigen Ausstattung herzustellen
und die nötigen Ausstattungen nach französischen Plänen vorzuneh-
men. Die Verbandsregierungen werden zu bestimmen haben, ob
das Wem des Wiederaufbaues auf Grund eines Vertrages zwischen
der deutschen und der französischen Regierung, oder auf Ein-
zelverträgen, oder schließlich auf Privatverträgen beruhen
soll. Die deutsche Regierung ist bereit, mit den deutschen Arbeiter-,
Werkmeister- und Angestelltenverbänden die erforderlichen Abma-
chungen zu treffen.
3. Angesichts der Tatsache, daß eine Verständigung Mischen
den Berbandsregierungen und Deutschland eine gewisse Zeit erfor-
dern wird, ist Deutschland bereit, den Privatleuten auf Wunsch
ernsthafte Unternehmer zum Wiederaufbau ihrer Häuser zur
Verfügung zu stellen. Deutsche Privatunternehmer können ihre
Pläne vorlegen und diejenigen deutschen Lieferanten wählen, die sie
irgendwie vorziehen. Deutschland würde die Kosten auf eigene
Rechnung übernehmen. Diese Kosten müßten in Papiermark fest-
gestellt werden und alsdann auf das Reparationskonto verrechnet
werden. Die Ausgaben in ausländischer Münze müßten einem
späteren Abkommen Vorbehalten bleiben.
4. Die deutsche Regierung wird mit den besten 'Absichten solche
Vorschläge prüfen, die ihre Mitarbeit bei anderen Arbeiten als den
oben erwähnten ivorsehen, und bittet die Werbandsrsgierungen, mög-
lichst bald Veranlassung zu nehmen, einen Meinungsaus-
tausch über die Maßnahmen herbeizuführe», die zur Erreichung
dieses Zieles nötig fein werden.

Dis kranke DemoLraLerrparLsi.
Aus Berlin wird uns geschrieben:
Im Lazarett der innerdeutschen Politik liegen zur Zeit Mei
schwere Patienten: Die B.K.P.D. und die D.D.P., die Deutsche
Demokratische Partei. Die erste verursacht in ihrem Leiden mehr
Lärm, Krach zu machen bleibt ja ihr innerster Beruf bis zu ihrem
unseligen Lebensende. Die zweit leidet stiller, aber darum wahr-
fchenüich nicht leichter.
Die Symptome für den bedenklichen Zustand der Demokrati-
schen Partei traten bei derWildung d e sK a b in e t t s S le-
ge r w a l d deutlich genug zutage. Die Partei ist nicht weniger
als dreimal um- und «wieder zurückgefallen. «Erst hieß es, ihre «Be-
teiligung an dem «Kabinett stehe fest, dann ihre Richtbeteiligung stehe
fest, und so wiederholte sich das Spiel dreimal. ««Schließlich meldet
W.T.B., daß der Vorsitzende der demokratischen Reichstagsfraktion,
der altbewährte «Führer der Nationalliberalen, Herr Schiffer,
das Ministerium des Innern übernehmen werde, aber ein paar
Stunden darauf ist es schon wieder einmal anders, und es heißt
nicht nur Herr Schiffer werde nicht annehmen, sondern auch Herr
Fischbeck werde sein «Amt niederlegen. Natürlich kann es in den
nächsten fünf Minuten wieder anders sein. Aber diese raschen Zuk-
kungen und «Schwankungen sind ein Beweis dafür, daß die Partei
jede feste Richtung verloren hat und daß sie ihren Kurs so einschla-
gsn wird, wie es der letzte Zufall will.
Der l i n k e F l ü g e l der Demokratischen Partei ist entschieden
gegen die Beteiligung der Partei an einer Regierung, aus der die
Sozialdemokratie ausgeschaltet ist. Er steht auf dem Standpunkt,
daß in der «Republik ohne oder gar gegen die «Sozialdemokratie gar
nicht regiert «werden könne, und daß die Demokratische Partei die ihr
bei ihrer «Gründung mitgegebene Aufgabe, die demokratische Re-
publik zu schützen, nicht anders erfüllen könne als im Bündnis mit
der -Sozialdemokratie. «Darum wollen sich die Linken auch an einer
preußischen Regierung ohne die Sozialdemokratie nicht beteiligen,
sie sehen voraus, daß in einer solchen Regierung der Einfluß immer
mehr auf die monarchistische Rechte übergehen muß und daß das
Verhältnis zwischen bürgerlicher- und Arbeiterdemokratie auf «Jahre
hinaus zerstört werden wird.
Der rechte Flügel arbeitet dagegen mit dem Argument,
daß man den demokratischen Einfluß auf die Regierung nicht preis-
geben dürfe. Dieses Argument wäre auch beachtlich, «wenn man
nicht zu gut wüßte, wie diese Rechtsdemokraten den demokratische^
Einfluß auf die Regierung sich vorstellen. Ihr ganzes Sehnen und
Streben geht auf die «Vereinigung mit der Deutschen Vvlkspartei,
zn der schön so viele Rechtsdemokraten heimgefunden haben.
Die «Situation «wird verschärft durch die «Zähigkeit, mit der Herr
Fischbeck an seinem Ministersessel festklebt. «Sachverständige be-

NsLerrValLigSuvs MehrhE des Trrolsv
Volkes Mr den AnschLrch an DeAMMrrÄ.
Innsbruck, 24. April. 11.35 Uhr abends. Die Vollsab-
LimMung in Tirol Hal eine riezigsMrhrheitfürdenAn-
chluß ergeben. Rach dem gegenwärtig vorliegenden Resultat
ind 96 Prozent der Bevölkerung zur Urne gegangen. 55 000
Stimmzettel lautsten für den Anschluß, nur 968
Stimmzettel wurden mit Nein abgegeben.
Innsbruck, 24. April. Bon etwa 150000 Abstimmungs-
berechtigten haben ungefähr NO Prozent ihrs Stimmen abgegeben,
davon mindestens 120—125 000 für den Anschluß an Deutschland.
Die dTNtschs AKiworL srr Amerika.
Berlin, 24. April. (Drahtmeldung.) Heute nachmittag
stellte bas Reichskabmett in einer Schlußberatung einmütig den
Text der Antwort au die amerikanische Regierung fest.
Neber deu Inhalt
der Vorschläge erfahren wir, daß im Gegensatz zu dem deutschen
Vorschlag auf der Londoner Konferenz von der Festsetzung einer
Wisdecherftellrmgssumme abgesehen worden ist. Es wird in dem-
neuen Vorschlag «Spielraum für die Entwicklung der deutschen Wirt-
schatf vorgesehen, die sich immer nur für ein paar Jahre abfchätzen
läßt. Für die Aufbringung der einzelnen «Jahresraten wird ein
ganzes «Sy st em von Leistungen vorgefchlagen das neben
Warenlieferungen und Barzahlungen eine Abgabe von der deut-
schen Produktion vorsieht. Eine Nebernahme der Schulden der
alliierten Staaten in Amerika ist nicht vorgesehen.
haupten, daß seine «Entfernung von dort ohne die Anwendung eines
Dampfkrans ganz unmöglich sei. Herr Fischbeck ist ja auch der rich-
tige Repräsentant des „demokratischen Einflusses", den die Rechte
nicht preisgeben will, und Herr Schiffer wäre ein passendes «Gegen-
stück zu ihm gewesen. Fischbeck und Schiffer, das sind dis richtigen
Hüter der Demokratie!
Während nun die Mlehmmg Schiffers von einem Teil der
Demokraten mit Freuden begrüßt wurde, war, wie aus der „«Voss.
Zeitung" ersichtlich, zugleich ein anderer Teil nach Kräften bemüht,
Herrn «Schiffer zur Zrücknahme seiner «Ablehnung zu veranlassen
Sv bewegt sich die ganze demokratische Politik in Purzelbäumen
vorwärts und rückwärts, daß der tüchtigste Parterreakrobat darüber
vor Neid erblassen möchte.
Mag nun die Demokratische Partei in die Stegerwald-Megie-
rung eintreien oder ihr fernbleiben, mag in diesem Augenblick die
Rechte oder die Linke siegen (die erste ist in der Landtagsfraktion
stärker, die Zweite in der Reichstagsfraktion), so wird die Lösung
doch keine Heilung bringen. Das Problem ist nun einmal gestellt,
die Gegensätze sind aufgeworfen, und die ganze politische «Situation
sicht nicht danach aus, als ob eine neue Verkleisterung noch möglich
wäre.
Das stärkste Argument gegen die offene Austragung des Kon-
fliktes dis zu den letzten Konsequenzen ist freilich die «Schwäche der
ganzen Partei. Daß sie an schweren inneren Kämpfen — von
einer förmlichen Spaltung gar nicht zu reden — in kürzester Frist
zugrunde gehen müßte, sicht jeder Mensch. Die Stunde aber, in der
der rechte Flügel mit klingendem Spiel in das Lager der Deutschen
Vvlkspartei übergeht und die verbleibenden Reste ihrem «Schicksal
überläßt, ist noch nicht gekommen.
Das der bürgerlichen Demokratie drohende «Schicksal, zwischen
der Sozialdemokratie und der Deutschen Volkspartei zerrieben zu
«werden, muß uns freilich auch zeigen, daß wir unsere künftige Politik
nicht auf die Wiederaufrichtung der alten Koalition einstellen kön-
nen. Es ist richtig, daß die alte Koalition im preußischen Landtag
noch eine schwache Mehrheit gehabt hat, und daß es nur des «Mutes
der bürgerlichen Mittelparteien und ihrer «Lust dazu bedurft hätte,
um die alte «Koalitions-Politik weiter fortzuführen. Die alte Kvali-
ttonspolitik ist nicht unmöglich geworden durch die zahlenmäßige
Schwäche der Koalitionsparteken sondern durch dis Schwächung
der linksgerichteten Elemente im Zentrum und in der bürgerlichen
Demokratie. Mit dem Zusammenschrumpfen der bürgerlichen De-
mokratie schwindet aber mehr und mehr für die fernere Zukunft auch
die zahlenmäßige «Grundlage der alten Koalition. Darum wäre es
falsch, sich an eine bestimmte Parteikvnstellation, die sich für eine
kurze Zeitspanne bewährt hat mit konservativem Eifer festzuklam-
mern.
Siegt der volksparteiliche Flügel in der Demokratischen Partei,
so wird diese für uns zunächst ebenso bündm'sfährg wie die Deut-
sche Volk',Partei selbst. Ebenso ist mit einem Zentrum, in dem der
agrarisch-reaktionäre Flügel Herold und «Genossen die «Führung an
sich gerissen hat, ein Zusammenarbeiten für uns unmöglich. Die
nächste Folge ist dann die Isolierung der Sozialdemokratischen Par-
tei, man soll nur nicht glauben, daß damit ein sür die Partei selbst
wünschbarer Ruhezustand erreicht sei. «Die Parteivechältnisse sind
im «Fluß, und veränderte Situationen «werden neue taktischen Auf-
gaben bringen.

Das bürgerliche VertraueNZVotrrrn sür
Stegerrvald.
Berlin, 24. April. Der preußische Landtag sprach gestern mit
216 bürgerlichen gegen 13V sozialistische Stimmen der neuen Regierung
Stegerwald bas Vertraue« aus.
Damit hat diese «Regierung bas Vertrauensvotum, das sie verdient,
ein Vertrauensvotum, das sie klar als Regierung der reaktionären
Konzentration kennzeichnet. Die Nachricht bürgerlicher Blätter,
baß die Deutsche Volkspartei wogen des «Innenministers Domini cus
bas Kabinett auffliegen lassen wollte, bestätigt sich nicht. Ihr Redner
sprach Mar aus, baß die Deutsche Vvlkspartei an Stelle des Herrn

Dominicas lieber einen unpolitischen „Fachminister" gesehen hätte, aber
wegen dieses kleinen «Schönheitsfehlers sollte diese bürgerliche Verbrü-
derung von Hergt bis Preuß nicht scheitern. Wer diese kleine Falsch.
Meldung hatte doch das «Tute, daß sie das demokratische „Berl. Tagbl."
veranlaßte zu schreiben:
„Sollten die Deutschen Volksparteiler ihre Absicht wahr machen und
ihr Vertrtuensvotum für Herrn «Stegerwald von der Ausschiffung des
demokratischen Ministers des Innern Dominicas abhängig machen, so
warben -wir bas mir begrüßen, da dann die Demokraten eine gute Gele-
genhrit hätten, aus einer Regierung auszuscherden, die sich nach feder
Richtung hin nur kompromittirren kann."
Es gibt also Demokraten, die sich durch -die Teilnahme ihrer «Partei
am Kabinett «Stegerwald kompromittiert fühlen, wahrscheinlich nicht all-
zu viele, aber baß es solche gibt, beweist mit aller Deutlichkeit, wie ge-
rechtfertigt die «Kampfansage der Sozialdemokratie gegen die Kabinett ist.
--
Deutscher Reichstag.
Dis „Große Aussprache" auf Montag vertagt.
Berlin, 23. Avril. Der Reichstag beschloß nach einer kur-
zen Geschäftsdebatte während deren Reichskanzler Fehrenbach die
Vertagung dec Erörterung über die auswärtigen Angelegenheiten
beantragte, gegen die Stimmen der Unabhängigen und Kommunisten
die Vertagung auf Montag.
--
Die Aussprache w Hythe.
Äoyv Gesrge muß mit dsn Libsrslen,
P^ziMsn und Arbeitern rechnen.
Hythe, 24. April. Lloyd George und Briand unterhieltet»
sich heute früh privatim miteinander. Dief ormelle Bespre-
ch u n g begann um 11 Uhr. Die Premierminister prüften die Be-
richte der «Sachverständigen über die deutsche Wiederaufbaunote, die
in der Nacht zum 22. April einging. Ueber die angekündigte neue
deutschs N 0 ts an die Vereinigten Staaten ist nichts bekannt.
Reuter meldet «weiter aus französischer Quelle: Die «Bespre-
chung der Premierminister wurde gestern Abend nicht fortgesetzt,
aber die britischen Sachverständigen zeichneten einen Berich!
über die deutsche Wiederausbaunote auf, in dem die Stellung um-
schrieben wird, die sie in der allgemeinen «Reparationsfrage einneh-
men können. Berthelot verfaßte eine Denkschrift, in der die
von Frankreich »orgefchlagenen militärischen und wirtschaftlichen
Sanktionen im Ruhrgebiet auseinandergesetzt werden.
Doch sind diese Vorschläge noch nicht abgeschlossen, da die französi-
sche Militärkommiss'vn ihre Arbeiten noch nicht beendet hat.
In einer amtlichen Reutermeldung heißt es: Es ist ein Tele-
gramm mit der Nachricht eingegcmgen, daß Deutschland eine neue
Note ausgearbeitet hat, doch ist diese bisher bei keiner Regierung
eingegangen.
Pari s, 24. Aprli. Der Sonderberichterstatter der Agentur
Havas meldet aus Hythe, die Beratungen Mischen Lloyd George
und Briand seien vormittags um 11 Uhr wieder ausgenommen wor-
den; sie hätten nachmittags um 2 Uhr noch angedauert. Der Be-
richterstatter glaubt zu wissen, daß auch heute die Aussprache sich
wieder in Allgemeinheiten bewegt habe. Lloyd George habe seine
Sympathie sür die Sache Frankreichs ausgesprochen. Deutschland
müsse seine Verpflichtungen erfüllen, jedoch müsse er mit gewisse«
Kundgebungen in englischen liberalen, pazifistischen und Arbeiter-
kreisen rechnen, die sich gegen die Anwendung neuer Sanktionen
ausgesprochen hätten. Man müsse auch ferner keine Maßnahmen
ergreifen, die in der Welt, besonders in Amerika falsch ausgelegl
werden könnten. Von englischer Seite würde man, wie es scheine,
es gerne sehen, wenn die Alliierten Deutschland auffvrdern würden,
das Abkommen von Paris anzunchmen, andernfalls zur Besetzung
des Ruhrgebiets geschritten werde. «Mer diese Besetzung könne nur
vorübergehend sein und müsse aufhören, sobald Deutschland seine
Verpflichtungen halte. Unter keinen Umständen dürfe die Besetzung
den Charakter einer Annexion annehmen. Von französischer ««Seite
scheine man nicht entschlossen zu sein zu dieser vorläufigen Demarche.
Man bemerke, daß die deutschen Delegierten das «Abkommen von
Paris abgelehnt hätten und daß sie nunmehr ein neues Angebot
machen mühten und nicht die Alliierten. Da die deutschen «Vertre-
ter vor einigen Wochen die Ziffern von Paris zu unterschreiben sich
geweigert hätten, könnte ihre Annahme heute nur dann einen ern-
sten Charakter haben, wenn sie von einer «Garantie für Pbn Beginn
der «Ausführung begleitet werde.
Paris, 24. April. Der Sonderberichterstatter der Agentur
Havas meldet um 7 Mr abends aus Hythe,daß die Konferenz um
6.15 Uhr zu Ende gegangen ist. Es wurde beschlossen, den Obersten
Rai auf komme ndenSamstagnachParis zusarnmenzu-
«-erufxn. Sollte Lloyd George durch die Streiklage verhindert fei»,
ich »»ach Paris zu begeben, dann werde die Sitzung in London statt-
indrrr.

AuslKUd.
Französische Gewerkschaften, Genossenschaften und Bürgermeister
fordern Deutschlands Wiederausbauardeit
Paris, 23. April. Der vom «Allgemeinen Arbeiterverband
einberufene Kongreß über den Wiederaufbau in «Frankreich hat
feine Arbeiten gestern abend beendet und den Beschluß gefaßt, ein
Aktionskomitee von 48 Mitgliedern (je 4 für die in Frage kommen-
den Departements zu bilden, deren Aufgabe darin bestehe, sich mit
der französischen Regierung in «Verbindung zu setzen, um allgemeine
Grundlinien für den «Wiederaufbau festzuletzen und eine enge
Zusammenarbeit mit den bereits bestehenden Organisationen der
Geschädigten und mit den Arbeiterverbänden eine praktische Lösung
des Wiederaufbauproblems zu finden. Das Aktionskomitee «wird
 
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