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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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Mörtzsch, Otto: Kursächsische Artillerie und Heergeräte zur Zeit Kurfürst Augusts und unter dessen Nachfolgern
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0021

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Kursächsische Artillerie und Heergeräte
zur Zeit Kurfürst Augusts und unter dessen Nachfolgern
Von Otto Mörtzsch, Dresden

Zu derselben Zeit, da Alfons Diener-Schön-
berg im Haupt - Staatsarchiv zu Dresden
das „Inventarium über des Churfürsten
zu Sachsen usw. Artolerey — vom Jahre
1581“1) fand, kam mir im Finanzarchiv2 3) da-
selbst ein 20 Jahre älteres Register in die Hände,
welches eine wertvolle Ergänzung des erstge-
nannten Verzeichnisses bildet. Enthält das erste
interessante Angaben über den Wert der Waffen-
bestände damaliger Zeit, so verschafft uns das
zweite einen genauen Einblick in Bauart und Be-
schaffenheit der kursächsischen Artillerie und
Heergeräte. Einer Aufforderung von Professor
Dr. Erich Haenel folgend, hielt ich im Dresdner
Waffengeschichtlichen Seminar über das ge-
fundene Material einen Vortrag, der hier in Kürze
wiedergegeben werden soll.
Feuerwaffen kleineren und mittleren Kalibers
kamen am Anfang des 14. Jahrhunderts zum
ersten Male aus den romanischen Staaten, Italien,
Spanien und Frankreich zu uns nach Deutschland.8)
Die wohlhabenden Reichsstädte des Südens schaff-
ten sich die ersten Büchsen zur Verstärkung ihrer
Verteidigungsmittel an. In Mitteldeutschland soll
Erfurt bereits 1362 die ersten Büchsen besessen
haben.4) In dem Kriege des Mainzer Erzbischofs
gegen Herzog Albrecht II. von Braunschweig-
Salze (Linie Grubenhagen) beschofs dieser 1365

') Vgl. Zeitschrift für Histor. Waffenkunde. Bd. IV,
Heft 10.
2) Finanzarchiv. Rep. XX. Loc. 32 450. Nr. 103. „In-
ventarium der Zeugkheuser Drefsdenn, Wyttenbergk, Leypt-
zigk, Zwicka, Pyrna, Stolpen, Magdenburgk. Mychaelis
Anno 1561 Endet sich Michaelis Anno 1562.“ Das Akten-
stück ist in bemaltes Pergament eingebunden, das wahr-
scheinlich von einem Missale des ehemaligen Franziskaner-
klosters zu Dresden (jetzt Sophienkirche) stammt; dienten
doch dessen Räume vorübergehend (bis 1555) als kurfürst-
liches Zeughaus.
3) Böheim, Waffenkunde.
4) Köhler, Die Entwicklung des Kriegswesens. —
III, 1. S. 238.

die Belagerungswerke und -maschinen Friedrichs
des Strengen, eines Verbündeten des Mainzers
vor dem Schlosse Salzderhelden mit einer „bly-
buchsin“ (Bleibüchse). „Das was die erste buchfse,
die yn difsen landen vernommen wart“, schreibt
Johann Rothe in seiner „Düringischen Chronik“.
Nachdem der Wettiner die Wirkung der neuen
mörderischen Erfindung kennen gelernt hatte,
mufs er unverzüglich die Anschaffung von Feuer-
waffen und die Anstellung feuerwaffenkundiger
Männer anbefohlen haben. Bereits 1371 wird
Johann Schuftei der Jüngere als markgräflicher
Büchsenmeister zu Dresden mit 4 Mark Silber
(und 2 Malter Korn) Jahresgehalt bestellt. (Der
gleichzeitige Schützenmeister Konrad zu Thoms-
brück in Thüringen bekam nur 3 Mark.) 1382 hatte
Balthasar, Landgraf von Thüringen, bei der Ein-
nahme von Brandenfels bereits „steynbüchsen“ mit
im Felde, und 1385 hat er bei der Belagerung-
von Kassel „zentnerschwere Steinkugeln“ in die
Stadt werfen lassen.5) Im Hussitenkriege ver-
dankten viele Städte und Schlösser ihre Rettung
den weittragenden Feuerwaffen (Dresden und
Zwickau8). Auf 23 sächsisch-thüringischen Schlös-
sern befanden sich 393 Handbüchsen, 9 Tarras-
büchsen, 1 grofse Tarrasbüchse, 61 Steinbüchsen,
3 kleine und 1 grofse Steinbüchse von 13 Zentnern.7)
Dies ist das erste Verzeichnis der kursächsischen
„Artillerie“ aus der Zeit nach 1436, welches uns
zugleich mit der Einteilung der Büchsen und
Geschütze damaliger Zeit bekannt macht. Fort
und fort waren die Wettiner besorgt, die Ver-
besserungen im Bau der Feuerwaffen sich zu nutze
zu machen, besonders im Jahrhundert der Er-
findungen und Entdeckungen. Man bezog Ge-
5) Lippert, Über das Geschützwesen der Wettiner.
Historische Untersuchungen, Ernst Förstemann gewidmet.
1894.
6) Richter, Geschichte der Stadt Dresden, I; Herzog,
Zwickauer Chronik, II, 113.
7) Zeitschrift für Histor. Waffenkunde, II, 322.

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