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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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3. Heft
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Eyßen, Eduard: Ein gefälschter Harnisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0107

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3. HEFT

E. EYSSEN, EIN GEFÄLSCHTER HARNISCH

87

Ein gefälschter Harnisch
Von Dr. Eduard Eyßen

Auf dem Antiquitätenmarkt wurde im April
1909 ein ganzer Feldharnisch aus dem
ersten Drittel des 16. Jahrhunderts an-
geboten, mit geätzten Strichen und Rän-
dern, teilweise stark verschliffen und verputzt.
Besondere Bedeutung wurde dem Harnisch da-
durch verliehen, dafs sich auf der Brust das kur-
brandenburgische Wappen befand, dazu am Har-

des Helms und der Kugelbrust, die Hentzen und
Kuhmäuler vollkommen.
Bei näherer Betrachtung indessen erwuchsen
schwere Bedenken. Zunächst war die Form des
Wappenschildes für das erste Drittel des 16. Jahr-
hunderts heraldisch kaum möglich; sie verwies
vielmehr auf gewisse unhistorisch-willkürliche
Typen des 19. Jahrhunderts (Abb. 1). Und nach-


Abb. 1. Wappen im Ätzstreifen auf dem Bruststück.

nischkragen die Inschrift „IVDICIO —IVSTITIA“,
die Devise des Kurfürsten Joachim I.1).
Nach der Blasonierung des Wappenschildes
— geviert, mit Herzschild für die Kur, 1. Branden-
burg, 2. Stettin, 3. Nürnberg, 4. Zollern — konnte
der Harnisch nicht später fallen wie 1530: mit
der förmlichen Mitbelehnung Kurbrandenburgs
mit Pommern, die gemäfs der Lehnsreversation
Joachim I. von 1529 auf dem Reichstag zu Augs-
burg am 26. Juli 1530 erfolgte, hat der Kurfürst
Teile der Pommerschen Lande, wenn auch nicht
deren Bilder in ihrer Gesamtheit, im Wappen ge-
führt2). Da Kurfürst Joachim I. 1499 zur Re-
gierung kam, war also der Harnisch zu setzen
zwischen 1500 und 1530. Dazu pafsten die Formen

') Dielitz, Wahl- und Denksprüche 1884, S. 164.
2) Gritzner, Das Brandenburg-Preufsische Wappen,
Berlin 1895, Fig. 10.

dem so die Kritik zu vorsichtigster Prüfung ge-
mahnt war, enthüllte sich das Stück bald klarer
und klarer als Fälschung. Der Gang der Unter-
suchung- ist im Folgenden Schritt für Schritt
wiedergegeben. War am geätzten Wappen ge-
gründeter Zweifel rege geworden, so mufste da-
mit auch die ganze Ätzmalerei von vornherein
verdächtig erscheinen. Und in der Tat pafste
der charakterlose, unbestimmte Stil der Orna-
mentik ebensowenig in die Zeit der Frührenaissance,
wie die geistlose Art, mit der die Mittelstreifen
an Armzeug, Hentzen und Beinzeug stets gleich-
seitig, fast schablonenmäfsig genau voneinander
kopiert waren. Stutzig mufsten auch die erstaun-
lichen Mängel der Technik machen: der ganz
unregelmäfsig getupfte Grund, die stümperhaft
gerissenen Einfassungsstriche, die zahlreichen
dilettantischen Abgleitungen und Krickel des
Stiftes, Verwischungen und Ätzflecken, der gänz-
 
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