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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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7. Heft
DOI Artikel:
Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [1]
DOI Artikel:
Müller-Hickler, Hans: Studien über die Helmbarte, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0222

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7. HEFT H. MÜLLER-HICKLER, STUDIEN ÜBER DIE HELMBARTE 199

wicht 140 m weit. Der Wurfhebel war etwa 1,5 m
lang, das Nervenbündel xo cm stark, die Schleuder
war etwa 30 cm lang.
Steinkugeln von gleichem oder leichterem Ge-
wicht, sowie leichtere Bleikugeln als die eben ge-
nannten, gaben bei den Schrammschen Versuchen
unsichere Schüsse.

Jede Kohorte der Römer führte einen Onager,
der auf einem mit Ochsen bespannten Blockwagen
mitgeführt wurde. Sie wurden nur in Stellungen,
nicht als Feldgeschütz verwendet, sie ersetzten
das Palintonon. Nach Prokop sollen jedoch die
Steinschleudern auch auf den Mauern Verwendung
gefunden haben.

(Fortsetzung folgt.)

Studien über die Helmbarte
Von Hans Müller-Hickler

Die Tat vielleicht, die zum ersten Male den
Urmenschen vom Tiere schied, weil er
durch einen Funken Verstand zu kombi-
nieren vermochte, war die Erfindung des
Steinbeiles.
Im harten Kampfe mit seinesgleichen und
den Mitbewohnern der rauhen, unwirtlichen Erde
war es ihm klar geworden, dafs es vor allem
darauf ankam, sich den Gegner vom Leibe zu
halten, dafs er ihn strecken müsse, bevor er
von seinem furchtbaren Gebifs Gebrauch machte.
Der Eichenknüppel, des Schwertes Urahn, hatte
auf den fossilen Schädeln die Probe nicht be-
standen, der Stein war verworfen; da mag dem
Waffenlosen der Gedanke gekommen sein, dafs,
wenn er des Eichenastes Wucht mit der Durch-
schlagskraft des scharfen Steines vereinige, er ein
Werkzeug erhielt, dem aufgetan würde, so man
damit anklopfte.
Er erfand das Beil, im Anfang freilich roh
in Form und Ausführung, aber handlich, brav
und einleuchtend.
Das Werkzeug ward zur wohlbearbeiteten
Steinaxt, und als unsere Vorfahren die fertigen
konnten, als sie die wohlberechneten Fassetten
daran schliffen, das Loch so tadelfrei darein
bohrten, Elch- und Hirschhorn mit Figuren, die
einen beobachtenden Geist verraten, bedeckten, da
waren sie bereit, jede Kultur aufzunehmen. Sie
schritten durch Kupfer, Bronze und Eisen auf
stets höheren Stufen zum Helden- und Bürger-
tum hinan.
Wohl war die Schulung eine Jahrtausend
lange und harte, doch keinem Volk der Erde
blieb sie erspart. Jetzt freilich ist es für die
leichter, die noch rückständig sind; ringsum ist
die Welt bereit sie zu bilden, in Aller Hände
sind Mordwerkzeuge der geistreichsten Art. Gebt
den mit dem Steinwerkzeug heut noch bewehrten
Insulanern das Browninggewehr, sie erholen sich

rasch vom ersten Schrecken, überspringen zwanzig-
tausend Jahre und sind morgen der Weifsen erfolg-
reichste Feinde. Vor 20 Jahren schofs der Meister-
schütz, der Hottentot, unserer braven Reiter
wütiger Feind, noch mit dem Bogen!
So ward das Beil ein Kulturerschaffer und
-Träger. Von jenem Steinbeil an war es des
Menschen, des Kriegers, steter Begleiter. Als
Streitaxt, als deren Tochter die Helmbarte in den
Fäusten der Eidgenossen, der Landknechte, reich
bekleideter Trabanten, armseliger Nachtwächter,
als Begleiterin der stolzen Adler des ersten
Kaiserreiches, als Fokosch der Ungarn, als Werk-
zeug der Sappeure, als Pike unserer Infante-
risten lebt es durch die Ewigkeiten hindurch
als das praktischste, gefährlichste Werkzeug. Es
mag die Popularität auch daran liegen, dafs
das Beil die Volkskraft im Kriege so recht ver-
sinnbildlicht, die Bauernwucht, die kampfliche,
arbeitsharte Männerwaffe im Gegensatz zum
ritterlichen Schwert, der Königin Lanze. In jeder
der angedeuteten Kulturepochen hat das Beil eine
ganze Familie gezüchtet. Unendlich grofs ist die
Mannigfaltigkeit in der Steinzeit; die Streitaxt
hat im Laufe der Jahrtausende einen Kreis ge-
schaffen, dessen Studium interessanter ist als das
vieler anderer Waffen. Keinen Nachkommen der
Streitaxt aber kennt das Volk besser als die Helm-
barte. Sie zu studieren und zu helfen Licht in ihre
Geschichte, die in den besten Waffenwerken so
stiefmütterlich behandelt wird, habe ich mir wäh-
rend langer Jahre zur Aufgabe gemacht.
Keine Waffe ist so praktisch zum Hieb und
Stofs wie sie, keine so gefährlich für Reiter und
Fufsvolk, keine so rassig und schnittig, selbst in
der Barockzeit tiefstem Waffenelend.
Das einzige Land, das uns über sie richtigen
Aufschlufs geben kann, ist ihre Heimat, die
Schweiz. Die Erde, die blutgetränkte, freiheitsbe-
dürftige und von Knechtschaft bedrohte, mag noch
 
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