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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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9. Heft
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Literatur
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Vereins-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0339

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LITERATUR — VEREINS-NACHRICHTEN

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und zwar in der Bedeutung eines Zimmermanns-Werkzeuges
zu suchen, zumal die Vouge nach zahlreichen historischen
Belägen aus dem 14. und 15. Jahrhundert auch alsWerkzeug
zum Ausroden und Herstellen von Hecken gedient hat.
Es würde dies also dem schweizerischen sogenannten
Schwendtgertel resp. Halbartengertei entsprechen, dessen
Bestimmung als Waffe oder Werkzeug bereits Gegenstand
einer eingehenden Besprechung in dieser Zeitschrift ge-
wesen ist8).
Besonderes Interesse erregen die Ausführungen des
Autors in den beiden Schlufskapiteln seines Werkes über
die für Genf in Betracht kommenden italienischen und
französischen Waffenschmiede und - Lieferanten, sowie über
die noch heute vorhandenen Waffenstücke der dortigen
Stadtwache.
Zunächst auf die Mailänder Waffen - Lieferanten an-
gewiesen, von denen aufser dem schon genannten Georgio
Capelli auch Ayrold de Medicis und Bartldemi de Bresen-
soles in Betracht kommen, war das Bestreben der Stadt
Genf schon seit dem Anfänge des 15. Jahrhunderts auf
Selbständigkeit in dieser Hinsicht gerichtet, und die Be-
rufung namhafter französischer Waffenschmiede dorthin liefs
bald darauf eine einheimische Waffenindustrie erblühen,
deren Bedeutung und Vielseitigkeit die in den „Registres
du Conseil“ erwähnten mannigfaltigen, genau abgegrenzten
Zünfte und Namen ihrer Meister erkennen lassen. So lernen
wir neben den eigentlichen Plattnern (armuriers) auch die
Brigantinenschmiede (brigandiniers), darunter Jean Brassard
und Thöric Manz kennen, von denen ersterer am 6. Februar
1460 die zwölf Brigantinen für die auf zwölf Mann erhöhte
Stadtwache lieferte. Hierzu kommen noch die Zünfte der
Schwertfeger (fourbisseurs oder forgeurs d’6p6es), der
Klingenvergolder (doreurs d’6p6es), der Scheidenmacher
(gainiers), der Messerer und Sporer (couteliers und (iperon-
niers), welche auch die Klingen der Vouges lieferten, wäh-
rend die Schäftemacher (boitiers oder coffriers) nur die
Schäfte dieser Stangenwaffen anfertigten. Die Unter-
suchungen Buttins haben nun das erfreuliche Resultat ge-

8) Siehe diese Zeitschrift Bd. I, Heftn, S. 282fr.

V. BAND

habt, dafs man die noch heute im Genfer Zeughause be-
findlichen drei Brigantinen mit grofser Wahrscheinlichkeit
dem ehemaligen Waffenbestande der Genfer Stadtwache
zuschreiben, und auch einen ziemlich sicheren Schlufs auf
den betreffenden Waffenschmied resp. Lieferanten ziehen
darf. Denn abgesehen von der für die Schutzwaffen einer
solchen Truppe passenden völligen Schmucklosigkeit be-
sitzen die einfach verzinnten Schuppen dieser drei Exemplare
eine gröfsere Gestalt und schwache Wölbung, sowie auch
die Probeschufs-Marke durch die Armbrust, was sich beides
nur im 15. Jahrhundert nachweisen läfst. Die eine dieser
Brigantinen trägt dementsprechend auf jeder Schuppe in
den gotischen Lettern des 15. Jahrhunderts ein doppeltes
i b, vermutlich die Initialen des eben erwähnten Brigan-
tinenschmiedes Jean Brassard, während die Schuppen des
zweiten Exemplares ein gekröntes Herz in der charakte-
ristischen Art der Mailänder Marken zeigen, so dafs es sich
hier wahrscheinlich um eins der von dem Mailänder Georgio
Capelli gelieferten Stücke handelt.
Ich bin hiermit am Schlufs meiner Besprechung an-
gelangt. Aus der Fülle des uns gebotenen und durchweg
auf archivalischen Forschungen beruhenden Materials dürfte
hervorgehen, dafs wir in diesem Buttinschen Werke nicht
nur eine hochinteressante Monographie verschiedener Schutz-
und Trutzwaffen des 15. Jahrhunderts, sondern auch eine
sehr wertvolle Bereicherung unserer Waffen-Terminologie
besitzen. Und wenn der geschätzte Autor in seinem Schlufs-
worte hervorhebt: „nous desirions qu’on put se faire, sur
chacune des picces de l’armement des Gardes, non seule-
ment une id6e exacte, mais encore une id6e comporative
relativement aux pieces de meme type anterieures, con-
temporaines ou posterieures“, so können wir nur dankbar
anerkennen, dafs er diesen seinen Zweck durchaus erreicht
und sich ein neues Verdienst um die historische Waffen-
kunde erworben hat. Dr. W. Rose.
Im Verlage von Heinrich Keller, Frankfurt a. M.,
ist erschienen: Der sächsischen Kurfürsten Turnierbücher.
In ihren hervorragendsten Darstellungen auf 40 Tafeln
herausgegeben von Erich Haenel.

VEREINS-NACHRICHTEN

Dem Verein neu beigetreten sind:
Fehler, Arthur, Zeug-Leutnant, Dresden-N., Königsbrücker
Strafse 62.

Dr. Geßler, E. H., Assistent am schweizerischen Landes-
museum, Zürich.
Meyer, Ludwig, Major und Ingenieur-Offizier vom Platz,
Marienburg (Westpr.), Wilhelmistrafse 13.
Wahlin, Andreas Harry, Leutnant, Stockholm, Sturegatan 28.
Dr. Zesiger, Alfred, Bern, Marktgasse 16.
Göteborgs Museum, Göteborg, Schweden.

Verantwortlicher Schriftleiter: Prof. Dr. Erich Haenel in Dresden — Buchdruckerei der Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung in Dresden
 
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