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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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11. Heft
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Lenz, Eduard von: Mitteilungen aus der Kaiserlichen Eremitage zu St. Petersburg, [6]
DOI Artikel:
Mörtzsch, Otto: Die Dresdner Harnischkammer
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0380

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11. HEFT O. MÖRTZSCH, DIE DRESDNER HARNISCHKAMMER 351

hunderts.5) Der bärtige Kopf ist vom Kreuz-
nimbus umgeben, Arme und Rumpf von Band-
schlingen umwunden. Zeitlich mit dem Helm des
Hlg. Wenzeslaus zusammenfallend, zeigt diese
Figur doch viel realistischere Auffassung und
Andeutungen anatomischer Details, während das
Bandgeflecht mehr Umrahmung und Füllornament
darstellt und nicht mit den Konturen der Gestalt
zusammenhängt.
Auf dieselben Flechtornamente ist wohl das
„seltsam verschlungene Purpurgewand ohne
Ärmel“ der Christusfigur in einem irischen Kodex
des VIII. Jahrhunderts der Klosterbibliothek
von St. Gallen6) zurückzuführen, dessen zum
6) Du Chaillu. The Viking Age. London 1889. Vol. I.
p. 183.
6) R. Forrer und G. Müller. Kreuz und Kreuzigung
Christi in ihrer Kunstentwicklung. Straßburg 1894. Taf. IV,
Abb. 6.

Teil ganz willkürliche, konventionelle Anordnung
die Anlehnung an eine Schablone anzudeuten
scheint (Abb. 7).
Die oben angeführten Daten und Vergleiche
scheinen zu nachstehenden Schlufsfolgerungen zu
berechtigen:
Das Schwert von Paddas gehört nach Form
und Stil dem nordischen normannisch-irischen
Gebiete an. Die nur mehr angedeutete, gleichsam
als stilistische Reminiszenz fortbestehende Zwei-
teilung des Knaufstückes, die Länge der die
Klingenbreite bedeutend überragenden Parier-
stange, sowie die Länge der zum Ort hin ver-
jüngten Klinge lassen, Gleichzeitigkeit von Griff
und Klinge vorausgesetzt, die Zuschreibung dem
XI. bis XII. Jahrhundert gerechtfertigt erscheinen,
welcher Voraussetzung die jetzt angenommene
Datierung der zum Vergleich herangezogenen
Kunstgegenstände nicht widerspricht.

Die Dresdner Harnischkammer
Von Otto Mörtzsch

Im Mittelalter mufsten die Städte für ihre Ver-
teidigung selbst sorgen. Graben und Wall,
Mauern und Türme wurden mit schweren
Opfern erbaut und erhalten. Schutz- und
Trutzwaffen schafften Rat und Bürgermeister an
und liefsen sie in gutem Zustand erhalten, wenig-
stens für die Stadtknechte, denn jeder waffen-
fähige Mann hatte für seine Ausrüstung selbst
zu sorgen. Als am Ende des 14. Jahrhunderts
die Feuergewehre kleineren und gröfseren Kalibers
in Mitteldeutschland Eingang fanden, mufsten
die Städte die neuen Waffen entweder von aus-
wärts beziehen oder von fachkundigen Männern,
die man zu städtischem Dienst verpflichtete, her-
steilen lassen. Alles, was zur Bewaffnung ge-
hörte, nannte man „Harnasch“ oder „Harnisch“.
Es war in einem besonderen Raume, der „Harnisch-
kammer“, untergebracht und unterstand der Auf-
sicht eines Ratsherrn.
In Dresden war es der Verwalter des Zins-
amtes, der Zinsherr, welcher gleichzeitig den Titel
„Harnischmeister“1) führte. Die erste Bemerkung,
die wir über die Dresdner Harnisch-
kämm er finden, stammt aus dem Jahre 1409.
Aus den Baurechnungen der Stadt erfahren
*) Ratsarchiv Dresden (= R), A. XVb 24 S. 339,
„Vincencius Romchen -czinsherre und harnischmeister“.
Anno 1457.

wir, dafs über der grofsen Ratsstube im alten
Rathause (1707/08 auf Befehl Friedrich Augusts I.,
„des Starken“, abgebrochen) eine „harnifskammer“
erbaut wurde.2) 1453 kaufte der Rat den „Yodin-
hoff“ (= Judenhof; noch heute gibt es einen Platz
„Am Jüdenhof“) von einer Bürgerswitwe zurück
und benutzte ihn u. a. auch als Pulver- und
Waffenhaus. Nach einer Kämmereirechnung von
1466 gab es auch im Marstalle, am südlichen
Ende der jetzigen Schulgasse, eine Harnisch-
kammer.8) Nach einer Revisionsliste vom Jahre
1448*) waren in der Llarnischkammer unterge-
bracht: Handbüchsen, Armbrüste, Spiefse,
Schwerter, Messer, eiserne Flegel, Panzer, Lepken,
Handschuhe, Eisenhüte, blanke Hüte, Schilde,
Pafosen, Setztartschen. Aufserdem befanden sich
noch an demselben Orte das „Heergewette“ oder
,Heergeräte“, das ist nach der Stadt Dresden
„Willkür“ vom Jahre 1559: „— des mannes beste
pferdt, gesattelt und getzeumet, sein schwerdt,
sein schildt und bester harnisch, welchen er gehabt
zu seinem leibe, ein pantzer, ein krebs, armbrust
mit aller zugeh orung, seine tegliche cleyder, ein
bett nechst dem besten, ein küssen, zwey leilach,

-) Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte
der Stadt Dresden. I, 162.
3) Ebenda. I, 229. 169. 27.
4) Ebenda. I, 284.

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