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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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4. Heft
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Forrer, Robert: Über kombinierte Waffen
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Bemmann, Rudolf: Die Artillerie der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0124

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104

R. FORRER, ÜBER KOMBINIERTE WAFFEN

V. BAND

verdanke ich Professor E. Haenel, vgl. hier Ab-
bildung 16—18, davon Abbildung 17 bereits bei
Demmin unter Fig. 57x/2, S. 736 skizziert ist,
wo dieser beiläufig erwähnt: ,,In Hans Fran-
colins 1560 zu Wien erschienenem Turnierbuch
kommt ein geharnischter Ritter zu Pferde vor,
welcher im Gestech sein Büchsenschwert ab-
feuert“.
Hierher gehört weiter auch die Musketen-
gabel von Schlofs Monbijou Fig. 41, S. 958 bei
Demmin, deren Stock ein Degen und deren Griff-
ende zur Gewehrgabel ausgebildet ist, während
längs der Klinge ein Feuerrohr läuft.
Andere Kombinationen bieten schliefslich die
Waffen mit verborgenen Springklingen, so
der Papageischnabel des Museums in Sigma-
ringen, Demmin Fig. 8, S. 812 (zwar sicher nicht
„15.“, sondern 16. Jahrhundert und sicher nicht
die Waffe eines Plussitenanführers): „ein 75 cm
langes Schwert tritt aus dem Hammer hervor,
sobald auf einen Knopf an der Dille gedrückt

wird“; und das Streitbeil mit hervorspringender
Schwertklinge Forrer-Zschille Fig. 281, ebenso
auch das Spiefssch wert, welches ich bei Zschille
unter Nr. 272 abgebildet habe: Es wird als Schwert
getragen, verlängert sich aber beim Druck auf
eine Feder durch Herausspringen der Klinge auf
2,xo m Totallänge, wird damit also zum regel-
rechten Spiefs.
Sehr erquicklich sind im allgemeinen alle
diese Waffen, deren Liste sich sicher noch wesent-
lich vermehren liefse, nicht. Es sind gröfstenteils
Absonderlichkeiten, Spielereien, Artisten-
stücke ohne sonderlichen wissenschaft-
lichen Wert; aber auch sie kennzeichnen doch
das stete Bestreben des Menschen, die Mord-
werkzeuge zu Verteidigung und Angriff nach Mög-
lichkeit in ihrem Effekt zu verstärken oder dien-
licher zu gestalten. Die kombinierten Waffen
bieten in dieser Plinsicht mancherlei bemerkens-
werte Versuche, aber auch viel seltsame Ent-
gleisungen.

Die Artillerie der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen
Von Rudolf Bemmann

Zum x. Male haben nach Rivanders Chronik
die Thüringer und mit ihnen die Mühl-
häuser im Jahre 1365 die Feuerwaffen
kennen gelernt, als sie im Gefolge des
Mark- und Landgrafen Friedrich des Strengen
gegen Herzog Albrecht von Braunschweig vor
der Burg- Salzderhelden lagen1). In Mühlhausen
selbst werden zuerst 1396 Büchsen erwähnt in
einem Statut, das 2 Ratsmannen mit der Auf-
sicht über alles, was zur Wehr gehört: Büchsen,
Armbrüste, Köcher und Gürtel betraut'2). Ge-
naueres geben erst die Ausgabeverzeichnisse der
Kämmerei der Jahre 1417,203). Hier finden sich
allerlei meist zusammenhanglose Notizen über
die Anfertigung von Geschützen „pixides“. 1417
erhielt Meister Nikolaus für eine Büchse in 2
Monaten (vom 30. Sept. bis 23. Nov.) 19 Gulden;
1418 Albert Tuphingiefser 2 Schock Groschen4);
9 Chronik der Stadt Mühlhausen in Thüringen (heraus-
gegeben von Prof. Dr. Jordan 1900/08) I, 88.
2) Lambert, die Ratsgesetzgebung der freien Reichs-
stadt Mühlhausen in Thüringen 1870. 161.
3) Die Rechnungen, wie alle Archivalien befinden sich
im Stadtarchiv von Mühlhausen.
4) In dieser Zeit ist der rhein. Gulden dem Schock
gleichwertig; beide haben 60 Groschen; im 16. und 17. Jahrh.
hat der Gulden 21 Schneeberger Groschen, das Schock 20.

Meister Johannes 1 Gulden 12 Groschen; 1419,
20 Johannes Walsleiben 6 Gulden 44 Groschen.
Die Zahl der Stücke war nicht gering; allein
Walsleiben hat 8 kleine geliefert,' die zusammen
2 4/2 Zentner weniger 7 Pfund wogen. Zum Teil
wenigstens waren sie fahrbar, da der Wagner
Conrad die Räder ausbesserte. Als Material wird
ein Mal 1 Zentner Eisen, öfters Zinn und Blei
erwähnt. Kupfer wird nicht angeführt, so dafs
wir annehmen dürfen, dafs die Stadt davon Vor-
rat besessen hat. Die Geschütze sollten nicht
nur zur Verteidigung der Stadt und auf Heer-
fahrten dienen, auch das Schlofs Seebach, das
Mühlhausen pfandweise besafs, war mit ihnen
versehen. Nach einer Urkunde vom 31. März 1421
„sollen die von Molhausen alle geschuccze, nemlich
buchsen, pulver und waz zcu der were gehört“ im
Schlosse lassen5).
Ausführlicher sind die Rechnungen der Jahre
1429/30. Es war dies eine unruhige Zeit für die
Stadt. Die Fehden mit der Eichsfelder Ritter-
schaft hörten nicht auf, und der Einfall der ITusiten
in Meifsen erfüllte Thüringen mit gröfster Be-
sorgnis. So nehmen in den Kämmereiverzeichnissen

5) Urkunde Nr. 767.
 
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