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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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3. Heft
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Literatur
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Vereins-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0116

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LITERATUR - VEREINS NACHRICHTEN

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auswärtigen Höfen durch seine Residenten empfehlen liefs,
boykottierte sie sozusagen Friedrich Wilhem I. unter auf-
fälliger Begünstigung von Lüttich, in dem Gedanken, die
Essener Gewehrindustrie in seine Lande ziehen zu können —
eine Idee, die in anderer Ausgestaltung durch die Gründung
der Potsdamer Gewehrfabrik verwirklicht wurde. Diese
wurde 1722 durch den Bankier Daun als Unternehmer an-
gelegt, fast gleichzeitig mit der 1723 durch Splittgerber und
Daun angelegten Gewehrfabrik in Spandau. Anfangs glaubte
Friedrich Wilhelm I. allein Ltittichauer Meister brauchen
zu können, denen er, wie Nicolai berichtet, in beiden Städten
eine katholische Kirche bauen liefs. Doch bald ergab sich
die Notwendigkeit, mit anderen deutschen Arbeitskräften
auch Essener Meister und Gesellen anzunehmen, wie auch
Essener mit Ausübung des gleichzeitig durch den König
eingerichteten Regimentsbüchsenmacheramts in preufsische
Heeresdienste traten.
Was nun den waffengeschichtlichen Standpunkt
betrifft, so ist die vorliegende Abhandlung von besonderem
Wert durch die Fülle der urkundlichen Angaben. Einiges
davon hat der Verfasser bereits in diesem Band (S. 31) mit-
geteilt, wie jene Bestimmungen über die dem Stadtwappen
entnommene Beschaumarke des Schwertes und ihre unter-
schiedliche Art der Anbringung, sowie über die Bezeich-
nungen durch die einzelnen Muster. Besondersistzu erwähnen
der im Laufe des 18. Jahrhunderts aufgekommene Brauch,
bei Essener Fabrikation die Namen der fremden Zwischen-
händler auf die Gewehre zu stechen. Dann sind es die
Meisternamen selbst, die in grofser Zahl aus Steuerlisten
und Ratsprotokollen, aus den Kontrakten gelegentlich grofser
Gesamtlieferungen ans Licht gezogen sind; vornehmlich
auch aus den Stadtrechnungen, als nämlich bei der Über-
nahme der Akziseverwaltung durch die Stadt alle ausge-
führten Büchsen und Namen der Meister genau gebucht
werden. Aufstellungen von Kriegsmaterial mit Benennung
der Stücke ergeben erhaltene Lieferungsverträge, wie auch
z. B.die Spezifikation der Lieferung von 1723 für den Malteser-
orden gegen die Türken. Ob solche Stücke Essener Arbeit
sich in der Rüstkammer von La Valetta auf Malta erhalten
haben, wäre interessant, jedoch nur mit Schwierigkeiten
festzustellen, da der Lakingsche (Zeitschrift III, 84 genügend
gekennzeichnete) Katalog auch bezüglich Marken etc. voll-
ständig versagt. Sehr ergiebig sind die in der Anlage an-

V. BAND

geführten Mitteilungen von Handwerksordnungen Und Zunft-
bestimmungen. (Die alle Gilden und Ämter gleich machende
„Neue Verordnung“ von 1669 ist unterzeichnet von Matthias
Krupp; der Name kommt schon früh unter den alteinge-
sessenen Familien vor). Schliefslich seien noch die Gewehr-
ordnungen genannt, die eine Menge technischer Ausdrücke
geben und uns bekannt machen mit der Hantierung, den
traditionellen Anforderungen und Bedingungen und mit den
Ämtern im Dienst der Fabrikation zur Prüfung, Probung
und Überwachung. Es ist eine inhaltsreiche Entwicklung,
die der Verfasser entrollt, wie sie in nächstem Zusammen-
hang mit den politischen Ereignissen steht, durch das
kriegerische Auf und Nieder in der Konjunktur fortwährend
rückwirkend beeinflufst. Zugleich ersteht vor uns eine alt-
eingewurzelte Tradition, von der sich die Brücke zur heu-
tigen associatif mit dem Namen Krupp verbundenen Berühmt-
heit der Waffenschmiede der Welt spannt: In dem jungen
Gufsstahlwerke von Friedrich Krupp werden 1815 die Am-
bofse der dahinsiechenden Essener Gewehrfabrik repariert.
Eine sehr willkommene Ergänzung bildet in diesem
Zusammenhänge die Veröffentlichung von Wilhelm Grevel.
Im Rahmen dieser Zeitschrift interessiert am meisten die
erste der Mitteilungen. Es ist eine im Besitz des Autors
befindliche, gedruckte „Gewehr Ordnung der Stadt Essen“
— Mews verweist auf die in seiner Arbeit S. 85 unter Nr. 70 —
„Renovirt und revidirt den 17. May 1720“ „zu mehreren
auft'nehmen unter Gewehr Fabric, und dieselbe in einem
florisanten Stand zu bringen“; wie es scheint, nur noch in
diesem Exemplar vorhanden. In 6 Kapiteln sind genau um-
schriebene handwerkliche Instruktionen für die Lauf-
schmiede, Bereiter, Schlofsmacher und Schäfter enthalten.
Kapitel 5 „Vom Connestabel und Visitatoren“ führt an deren
Befugnisse, Obliegenheiten und Gebühren, sowie die recht
detaillierten Eidesformeln. Sehr wichtig ist das 6. Kapitel
„Von den Gewehrs Lieferungen insgemein“ über Beschau
und Probung, sowie das Appellationsrecht der Meister gegen
„bestraffte Faute“; wird die Berufung verworfen, so hat
„der Verbrecher die Brächte doppelt zu bezahlen“. Am
Schlüsse folgt eine Rekapitulation über die Lieferungen
früherer Zeiten und Angabe über den Bezug des Roh-
materials und Fabrikationsprinzipien. Die Verordnung ist
gezeichnet mit G. D. Krupp, Syndicus et Secretarius Civit.
Efsend. Eduard Eyfsen.

VEREINS-NACHRICHTEN

Dem Verein neu beigetreten sind:
v. Brause, M., Rentner, Eltville a. Rh., Villa Emmy.
v. Kawaczynski, Max, herzogl. Sachsen-Coburg-Gothaischer
Hof-Medailleur und Porträt-Bildhauer, Berlin SW. 29,
Belle Alliancestrafse 58.
v. Nida, Carl August, Ingenieur, Essen (Ruhr) 704.
Ritter, Ernst, Apothekenbesitzer, Hof i. B , Einhorn-Apotheke.
Kriegstechnische Abteilung, Bern.

Veränderungen:
Boeddinghaus, Elberfeld, ist zum Königl. Niederländischen
Vizekonsul ernannt worden.
Hauptmann Dreger, Essen, ist nach Huyssenallee 100 verzogen.
Prof. Dr. Erben, Innsbruck, ist nach Biirgerstrafse 20 verzogen.
Architekt Reutter, ist von La Chaux de Fonds nach Neuchätel
verzogen.
Regierungsrat Rose wohnt Berlin W. 15, Kaiserallee 16.
Colonel Timmers ist zum Inspekteur van het Korps Mariniers
ernannt worden und wohnt Haag, Bazarstraat 13.

Verantwortlicher Schriftleiter: Professor Dr. Erich Haenel in Dresden — Druck von Wilhelm Baensch in Dresden
 
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