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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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3. Heft
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Forrer, Robert: Die frühgotischen Dolchstreitkolben
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Schneider, Rudolf: Eine byzantinische Feuerwaffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0103

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R. SCHNEIDER, EINE BYZANTINISCHE FEUERWAFFE

3. HEFT

in Betracht kommt; punkto Provenienz weisen die
niederrheinischen Gemälde und die beiden
bekannten Fundorte Grafsendorf und Worringen
eher auf das rheinische als auf das östliche
Deutschland. Das ist vielleicht ein Hinweis darauf,
dafs wir den Ursprungsort dieser Waffen dort zu
suchen haben, wo die Bronzeindustrie im Mittel-
alter ganz besonders blühte, in Flandern, wo
in und um D i nä n t die „Dinanderie“ sich auf Kirchen-
und Profangeräte aller Art erstreckte, und wo am
ehesten der Gedanke auftauchen konnte, den
„laicton“ auch für Waffen in neuer Form und
in künstlerischer Ausgestaltung heranzuziehen.
Halten wir diese Möglichkeit im Auge, so gewinnt
der oben erwähnte Fundort Worringen insofern
noch besondere Bedeutung, als wir dort Truppen
des Grafen Rainald von Geldern und des Herzogs
Johann von Brabant im Kampfe sehen, also

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Kriegsvolk, das gerade aus jenen westlichen Ge-
bieten herangezogen war. Und ebendorthin weist
schliefslich auch der Dinanderiecharakter einen
gleichaltrigen Streitkolben, denGimbelaufTafellll
seiner oben zitierten „Tafeln“ unter Fig.40 abbildet,
ein in Bronze gegossener Männerkopf mit langem
lockigem Haar und Schnurrbart, der Hals in eine
runde Bronzetülle zur Aufnahme des Holzschaftes
übergehend, der Kopfüber dem Scheitel eine eiserne
Stofsspitze tragend, so dafs die Waffe als Keule
und wie manche Streitäxte des 15. und 16. Jahr-
hunderts auch als Stofswaffe gebraucht werden
konnte — die ganze Waffe ersichtlich den Dolch-
streitkolben inbezug auf Technik, Herstellungsort
und Herstellungszeit aufs engste verwandt — wie
jene ein Versuch, in die nüchterne mittel-
alterliche Bewaffnung einen ins Figurale
gehenden künstlerischen Zug zu bringen.

Eine byzantinische Feuerwaffe
Von Rudolf Schneider, Heidelberg

«4 pollodoros von Damaskus ist jedermann
/\ bekannt als der berühmte Architekt des
2 \. Kaisers Trajan; aber nur wenige wissen
überhaupt, dafs er auch unter die Kriegs-
schriftsteller gehört, und sicherlich hat noch kein
Leser dieser Zeitschrift seine kleine Schrift „Uber
die Belagerungskunst“ in der Ursprache ge-
lesen. Das ist sehr begreiflich. Denn bis vor
kurzem gab es nur zwei Ausgaben dieses Buches,
und beide sind auf dem Büchermärkte schwer
aufzutreiben. Die erste befindet sich in dem Pracht-
bande von Thevenot, Mathematici Veteres Paris
1693, die auf Befehl Ludwigs XIV. herausgegeben
wurden; aber leider zeigt dieses Buch, dafs der
grofse König auch in der Wissenschaft oft übel
beraten ward. Die zweite steht in Weschers
Poliorcetique des Grecs Paris 1867; und dieses
Werk gehört zu den umfassenden Vorarbeiten,
die der Kaiser Napoleon III. für seine eigenen
Studien auf dem Gebiete der Altertumswissen-
schaft hat anfertigen lassen. Wescher hat seine
Aufgabe glänzend erfüllt, indem er aus der Fülle
der Handschriften mit richtigem Blicke die mafs-
gebenden auswählte und darnach den Text so
herstellte, dafs er für den Philologen als sichere
Grundlage dienen kann. Weitere Kreise haben
jedoch aus dieser Ausgabe keinen Vorteil ziehen
können, weil auch die Gräcisten den Text mit
seiner Fülle von technischen Ausdrücken nicht

verstehen und die griechischen Lexika ihre Hilfe
versagen. Zum vollen Verständnisse solcher
Schriften müssen eben zwei sehr verschiedene
Kräfte Zusammenarbeiten, Philologie und Tech-
nik, vereinzelt aber mühen sie sich umsonst. Es
kam mir deshalb sehr erwünscht, dafs mir der
Oberst Schramm in Metz bereitwilligst seine Hilfe
versprach, wenn ich dieTechmker des griechischen
Belagerungswesens philologisch bearbeiten wolle;
und im Vertrauen auf diese seitdem oft bewährte
Zusage, konnte ich an die Königl. Gesellschaft
der Wissenschaften zu Göttingen die Bitte richten,
die Kosten für die Pierausgabe der griechischen
Poliorketiker zu übernehmen. Als erstes Stück
ist Apollodors Poliorketik erschienen (Berlin,
Weidmannsche Buchhandlung 1908); und diese
Schrift habe ich an den Anfang gestellt, weil
wir deren Entstehungszeit genau datieren können,
und somit einen festen Punkt gewinnen, von dem
aus wir vor- und rückwärts blicken können, um
für die sehr umstrittenen Genossen Heron und
Philon u. a. einen Anhalt zu finden. Dazu kommt,
dafs Apollodor ein Praktiker war, also auch jedes
Ding mit dem rechten Namen genannt hat, was
bei den Mathematikern und Theoretikern nicht
ohne weiteres vorausgesetzt werden darf. Endlich
empfiehlt sich Apollodors Schrift noch dadurch
zur Einführung in die griechische Technik, weil
der Verfasser nach seinen eigenen Worten für
 
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