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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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7. Heft
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Hillig, Hugo: Die Waffen auf der Ausstellung von Meisterwerken mohammedanischer Kunst in München
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Erben, Wilhelm: Die "goldenen Kanonen" von 1640 und 1643
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0231

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208 H. HILLIG, DIE WAFFEN AUF DER AUSSTELLUNG V. MEISTERWERKEN IN MÜNCHEN V. BAND

gerettet und ihm diese tadellose Erhaltung ver-
schafft.
Die Ausstellung enthält dann noch Rüstungen
aus getriebenem Eisenblech von sehr feiner Tau-
schierung und auch Rüstungen aus Kettenge-
hängen. Ferner türkische Feldzeichen, Trophäen
aus Waffen, Rofsschweife, Trommeln, Handpauken,
Kleidungsstücke und Kopfbedeckungen von Ja-
nitscharen, Hutagraffen, Feldflaschen, Pferde-

decken, Schabraken, in deren dekorativer Aus-
schmückung die Mauren besondere Meisterschaft
zeigen. In prunkvoller Überladung dieser Decken
mit kostbaren grofsen Edelsteinen neben wertlosen
Glasstücken und sonstigem metallischem Plunder
leisteten die Türken besonderes, wie eine solche
Pferdedecke aus blauem Sammet zeigt. Schliefs-
lich sind noch Pferderüstungen und Sättel ver-
schiedener Art zu sehen.

Die „goldenen Kanonen“ von 1640 und 1643
Von Wilhelm Erben

Im 5. Heft dieses Bandes (Zeitschr. f. histor. W affen-
kunde 5,141 ff.) hatW.Gohlke Nachrichten über
nichtmetallische Geschützrohre zusammenge-
stellt. Im Anschlufs an die aus Holz ver-
fertigten Rohre gedenkt er auch zweier aus Holz
und Blech hergestellter, aufsen vergoldeter Kanonen
vom Jahre 1643, von denen sich die eine jetzt in Berlin,
die andere in Hamburg befindet, und er gibt von
diesen merkwürdigen Stücken und ihren kunstvoll
geschmückten Lafetten eine sehr ins einzelne ge-
hende, durch zwei Abbildungen erläuterte Be-
schreibung (a. a. O. 145 bis 147, Fig. 6 und 7).
Gohlkes Ausführungen sind dankbar zu begrüfsen,
sie ergänzen in willkommener Weise, was die in
Betracht kommenden Museumskataloge von Berlin
und Hamburg1) in diesem Punkt berichten. Die
Wichtigkeit des Gegenstandes und der Umstand,
dafs ich schon vor mehr als zehn Jahren, zur Zeit
meiner musealen Tätigkeit, Anlafs hatte, mich
damit zu befassen, mögen es rechtfertigen, wenn
ich mir erlaube, den Freunden historischer Waffen-
kunde hier einen kleinen Nachtrag zu diesem Teil
des Gohlkeschen Aufsatzes vorzulegen. Die beiden
in Hamburg und Berlin verwahrten Zwillinge haben
nämlich in Wien noch eine dritte, aus derselben
Werkstatt hervorgegangene, nur um drei Jahre
ältere Schwester, welche mit den von Gohlke
beschriebenen Stücken in bezug auf Gröfse,
Gestalt und Zusammensetzung so enge verwandt
ist, dafs die Forschung von allen dreien als von
einer zusammengehörigen Gruppe sprechen und
bei der Untersuchung der Herkunft ebenso sehr
von dem Wiener Stück als von den beiden nord-
deutschen ihren Ausgang nehmen kann.
') Das Königliche Zeughaus, Führer durch die Ruhmes-
halle und die Sammlungen, Berlin 1900, S. 185 Nr. 154,
4. Aufl. 1907, S. 118 Nr. 130, und Schräder, Führer durch
das Museum für hamburgische Geschichte, 7. Auf!., Ham-
burg 1908, S. 50 L 14.

Dieses dritte Stück befindet sich im Wiener
Heeres-Museum (Artillerie-Saal Nr. 8) und wird dort
gewöhnlich als die Lederkanone bezeichnet. Seine
Unterschiede gegenüber den beiden von Gohlke
besprochenen Stücken sind, wenn man von Zu-
fälligkeiten der Erhaltung absieht, nicht bedeutend.
Das wesentlichste ist, dafs die Henkel des Wiener
Rohres anstatt der ringenden Recken Frauen-
gestalten darstellen2), dafs die neben den Buch-
staben H R M am Lafettenbeschläge eingeätzte
Jahrzahl anstatt 1643 hier 1640 lautet, und dafs
die ziselierten Rankenverzierungen, welche die
beiden jüngeren Rohre aufsen aufweisen, an dem
Wiener Exemplar nicht wahrzunehmen sind. Ziem-
lich ausführliche Beschreibungen des Wiener
Stückes haben schon vor langem Leber (Wiens
Kaiserliches Zeughaus, Leipzig 1846, S. 148 ff.) und
Böheim (in den Mitteilungen der Zentralkommission,
Neue Folge 12, S. 45) geboten. Auf sie gestützt hat
dann wohl auch Demmin (Die Kriegswaffen, 4. Auf-
lage, S. 936) in seiner Art recht flüchtig dieses „im
Kaiserlichen Arsenal in Wien“ befindliche Stück
erwähnt. Aber allen den genannten Autoren war
der Zusammenhang mit den auf norddeutschem
Boden erhaltenen Schwestergeschützen unbekannt,
und so ist er auch Gohlke bei einer gelegentlichen,
nur auf Demmin beruhenden Erwähnung des Wiener
Geschützes (Zeitschr. f. histor. Waffenkunde 4, 391)
begreiflicherweise entgangen. Der Zusammen-
hang war zur Zeit, als Leber und Böheim schrieben,
2) Ob ein entsprechender Unterschied etwa auch bei
der abschraubbaren Traube bestand, läfst sich nicht fest-
stellen, da diese an dem Wiener Stück fehlt; sie mufs da-
selbst schon vor 1846 abhanden gekommen sein. Sollte sie
sich etwa in einer kunstgewerblichen Sammlung irgendwo
erhalten haben? Auch der eine Henkel des Hamburger
Rohres war seinerzeit vom Rohre abgenommen worden,
um ihn im dortigen Museum für Kunst und Gewerbe aus-
zustellen, s. Schräder in den Mitteilungen des Museums-
vereins in Hamburg 7 S. 112 (vgl. unten S. 210 Anm. 6).
 
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