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HANS STÖCKLEIN, MÜNCHNER KLINGENSCHMIEDE
V. BAND
Für den ersteren Bedarf nimmt man die Hülse
dünn und lang, ohne Verschlufs der Mündung,
d. h. ohne Pfropfen oder Unterbindung; für die
Erzeugung eines Donnerschusses wird eine kürzere
aber dickere Hülse genommen, diese nur zur
Hälfte gefüllt (weil sonst das Rohr bersten würde)
und nicht nur das hintere Ende, sondern auch die
vordereMündungverschlossen,d.i. bei einerRakete
unterbunden, bei einem Geschützrohr verpfropft.
So bestätigt und formuliert uns Markus
Graekus klipp und klar, was die älteren byzan-
tinischen Meister nur andeuten und vermuten
lassen: Die Byzantiner kennen mindestens
zweierlei Arten des Schusses, den Feuer-
schufs, der Feuer speit und durch das Feuer
schreckt und zündet, in welche Gattung
auch das Byzantiner Rohr des cot. Yat. 1605
gehört, und den Donnerschufs, der des
Feuers Sengkraft an zweite Stelle setzt,
mehr durch den Schall erschreckend wir-
ken soll.
Aus dem Donnerschufs, d. h. aus der
diesen hervorrufenden Verpfropfung, ging
dann der Kugelschufs hervor und dieser
verdrängte bald vollends den blofsenFeuer-
schufs vom Kriegsschauplätze.
Münchner Klingenschmiede
Von Hans Stöcklein
m Städtischen Archiv München findet sich
unter den Klingenschmiedakten ein Schrift-
stück, welches geeignet ist, auf die Frage
der Klingenschmiedemarken eine Reihe inter-
essanter Streiflichter zu werfen.
Johann von Bolandt, Bürger und Handels-
mann in Köln am Rhein, richtet an den Bürger-
meister und Rat der Stadt München ein Schreiben
folgenden Inhalts: Am 10. November 1617 ist ihm
in Sallingen (Solingen) im Niederland ein grofser
Posten Rapiere im Wert von 6000 fl. beschlag-
nahmt worden. Veranlassung der Beschlagnahme
waren die Solinger Klingenschmiede, welche be-
haupteten, Bolandt habe den Münchner Klingen-
schmieden, von welchen er die Klingen gekauft,
das Schmieden auf Solinger Art gelernt, habe
ihnen auch Stahl von Solingen gebracht, sowie
Werkzeug. Desgleichen habe er die Schleifer
oder Polierer in München gelehrt und ihnen
Werkzeug von Solingen gebracht. Aufserdem
seien auch die Marken Solinger Meister auf den
Klingen gefälscht.
Bolandt mufs seine Unschuld nachweisen,
sonst werden ihm seine Rapiere nicht freige-
geben. Er bittet daher die Stadt München, es
möchten die Klingenschmiede Ständler, Vater
und Sohn, eidlich vernommen werden.
Seinem Brief legt er eine Liste von Frage-
punkten an die Klingenschmiede und Polierer
bei, welche soviel interessante Momente enthalten,
dafs ich sowohl diese, als auch die Antworten
nahezu ungekürzt bringe.
Fragepunkte.
An die beiden Ständler:
1. ob sie von ihm Stahl bekommen, oder woher.
2. ob sie von ihm Werkzeug bekommen, oder
ob sie noch den gleichen Werkzeug wie vor
Jahren haben.
3. ob er sie gelernt habe.
4. ob er ihnen befohlen, der bessern Maister
in Niederlande ihre Namen auf die Klingen zu
zeichnen, oder ob er ihnen befohlen, lateinische
Sprüche zu zeichnen, wie: veritatem diligite
pugnata pro patria, dies dem jüngeren Ständler;
dem älteren aber einen Spänischen Spruch : pogno
por la feh catholica.
5. ob sie nit vor diesem nachvolgende Zaichen
als Morenköpf, Wildeman, die Schlang, das
Huefeisen, Posthorn, den Monschein und
andere mer Zaichen, so auch im Niderlanndt ge-
braucht werden, Ob sy nit soliche Zaichen vor
40 vnd 50 Jaren bei Jren leben vnd von Jren
Voreltern her, gefierth und braucht haben.
6. Entlieh ob sie auch wissen, ob andere
Klingenschmiede in München, von denen er kaufte
oder denen er das Schmieden gelernt.
An die beiden Pallierer.
1. ob er ihnen Schleifsteine aus den Nider-
landen gebracht, damit sie die Kopp oder Griff
an den Rappieren hohl ausgeschliffen, oder ob
sie von jeher schon Werkzeug dazu gehabt.
HANS STÖCKLEIN, MÜNCHNER KLINGENSCHMIEDE
V. BAND
Für den ersteren Bedarf nimmt man die Hülse
dünn und lang, ohne Verschlufs der Mündung,
d. h. ohne Pfropfen oder Unterbindung; für die
Erzeugung eines Donnerschusses wird eine kürzere
aber dickere Hülse genommen, diese nur zur
Hälfte gefüllt (weil sonst das Rohr bersten würde)
und nicht nur das hintere Ende, sondern auch die
vordereMündungverschlossen,d.i. bei einerRakete
unterbunden, bei einem Geschützrohr verpfropft.
So bestätigt und formuliert uns Markus
Graekus klipp und klar, was die älteren byzan-
tinischen Meister nur andeuten und vermuten
lassen: Die Byzantiner kennen mindestens
zweierlei Arten des Schusses, den Feuer-
schufs, der Feuer speit und durch das Feuer
schreckt und zündet, in welche Gattung
auch das Byzantiner Rohr des cot. Yat. 1605
gehört, und den Donnerschufs, der des
Feuers Sengkraft an zweite Stelle setzt,
mehr durch den Schall erschreckend wir-
ken soll.
Aus dem Donnerschufs, d. h. aus der
diesen hervorrufenden Verpfropfung, ging
dann der Kugelschufs hervor und dieser
verdrängte bald vollends den blofsenFeuer-
schufs vom Kriegsschauplätze.
Münchner Klingenschmiede
Von Hans Stöcklein
m Städtischen Archiv München findet sich
unter den Klingenschmiedakten ein Schrift-
stück, welches geeignet ist, auf die Frage
der Klingenschmiedemarken eine Reihe inter-
essanter Streiflichter zu werfen.
Johann von Bolandt, Bürger und Handels-
mann in Köln am Rhein, richtet an den Bürger-
meister und Rat der Stadt München ein Schreiben
folgenden Inhalts: Am 10. November 1617 ist ihm
in Sallingen (Solingen) im Niederland ein grofser
Posten Rapiere im Wert von 6000 fl. beschlag-
nahmt worden. Veranlassung der Beschlagnahme
waren die Solinger Klingenschmiede, welche be-
haupteten, Bolandt habe den Münchner Klingen-
schmieden, von welchen er die Klingen gekauft,
das Schmieden auf Solinger Art gelernt, habe
ihnen auch Stahl von Solingen gebracht, sowie
Werkzeug. Desgleichen habe er die Schleifer
oder Polierer in München gelehrt und ihnen
Werkzeug von Solingen gebracht. Aufserdem
seien auch die Marken Solinger Meister auf den
Klingen gefälscht.
Bolandt mufs seine Unschuld nachweisen,
sonst werden ihm seine Rapiere nicht freige-
geben. Er bittet daher die Stadt München, es
möchten die Klingenschmiede Ständler, Vater
und Sohn, eidlich vernommen werden.
Seinem Brief legt er eine Liste von Frage-
punkten an die Klingenschmiede und Polierer
bei, welche soviel interessante Momente enthalten,
dafs ich sowohl diese, als auch die Antworten
nahezu ungekürzt bringe.
Fragepunkte.
An die beiden Ständler:
1. ob sie von ihm Stahl bekommen, oder woher.
2. ob sie von ihm Werkzeug bekommen, oder
ob sie noch den gleichen Werkzeug wie vor
Jahren haben.
3. ob er sie gelernt habe.
4. ob er ihnen befohlen, der bessern Maister
in Niederlande ihre Namen auf die Klingen zu
zeichnen, oder ob er ihnen befohlen, lateinische
Sprüche zu zeichnen, wie: veritatem diligite
pugnata pro patria, dies dem jüngeren Ständler;
dem älteren aber einen Spänischen Spruch : pogno
por la feh catholica.
5. ob sie nit vor diesem nachvolgende Zaichen
als Morenköpf, Wildeman, die Schlang, das
Huefeisen, Posthorn, den Monschein und
andere mer Zaichen, so auch im Niderlanndt ge-
braucht werden, Ob sy nit soliche Zaichen vor
40 vnd 50 Jaren bei Jren leben vnd von Jren
Voreltern her, gefierth und braucht haben.
6. Entlieh ob sie auch wissen, ob andere
Klingenschmiede in München, von denen er kaufte
oder denen er das Schmieden gelernt.
An die beiden Pallierer.
1. ob er ihnen Schleifsteine aus den Nider-
landen gebracht, damit sie die Kopp oder Griff
an den Rappieren hohl ausgeschliffen, oder ob
sie von jeher schon Werkzeug dazu gehabt.