LITERATUR
5. HEFT
auch die Infanterie mehr Tätigkeit aus als irgend
ein anderer Teil des Heeres; wenn aber das ganze
Heer nur aus Infanterie bestände, so ergäbe es
einen mifsgestalteten unförmigen Körper, der nur
aus Händen oder Kopf bestände, darum pries er
die gewöhnliche Infanterie und die gens
d’armes und die leichte Kavallerie12) schliefs-
lich jene Heeresteile, die ein vollendetes Ganzes
bilden. Er fügte hinzu, dafs die bedeutende Ver-
wendung von Hackenbüchsen13), wie sie heute
allgemein üblich ist, Veranlassung vom Untergang
des Heeres sein kann, denn beim Angriffe14) sind
die meisten von ihnen entwaffnet und alle Siege
werden mehr durch die Spiefse als durch die
12) Laudava et la fantaria ordenaria et la gente
d’arme et la cavalaria leziera.
13) . . . tanta archibusaria . . .
**) . . . ne l’affrontarsi . . .
159
Hackenbüchsen errungen, weil jene die Reihen
durchbrechen, wodurch der Sieg erfochten wird,
diese aber taugen nur vor dem Angriffe etwas. So
hat er seine Heere immer so geordnet, dafs er
immer alles haben wollte, was er brauchte, und
von allem so viel, als er brauchte und nichts mehr.
Und er versprach es auch in Zukunft so zu halten.“
Eine Jllustrierung zu diesen Darlegungen ge-
währen uns fünf aus einem im Jahre 1539 in
Nürnberg erschienenen, den Zug Carl V. nach
Österreich im Jahre 153215) behandelnden Werke
stammende gleichzeitige Holzschnitte von
dem Holzschneider M. Ostendorfer16).
Dr. phil. Karl Schalk
16) Also ein Jahr vor der Rede. Siehe oben Anfang
derselben.
16j Vgl. Katalog d. hist. Ausst. d. Stadt Wien vom
22. Febr. bis 10. Mai 1872. Wien 1873 (!) S. 75 Nr. 493—7.
Ein Faksimile der Originale fertigte Camesina in Wien an.
LITERATUR
Denkmale und Erinnerungen des Hauses Wittels-
bach im Bayr. Nationalmuseum. Herausge-
geben von der k. Direktion. Verlag des Bayr.
Nationalmuseums München 1909.
Für Plan und Leitung zeichnet der dermalige stellver-
tretende Direktor Dr. Georg Hager, zur Ausführung war den
Beamten des Museums etwa 3/4 Jahre zur Verfügung gestellt
worden. Ausdrücklich möchte ich feststellen, dafs die jetzige
Direktion den gedruckten Katalog als fait accompli vorfand.
Wer sich schon mit bayrischer und speziell Münchner
Kunstgeschichte beschäftigt hat, weifs, welche Schwierig-
keiten der bekannte Mangel an gedruckten wissenschaft-
lichen Quellen bereitet. Jeder mufs sich von neuem durch
ein Meer von Material durcharbeiten, das noch in ver-
schiedenen Archiven zerstreut ist. Regesten, wie sie für
die Wiener Archive so mustergültig ausgezogen sind, werden
seit den schüchternen Anfängen Westenrieders nicht pub-
liziert. Wären nicht in Münchner Schlössern und Museen
so herrliche Schätze aufgespeichert, wir wüfsten überhaupt
nicht, was die Wittelsbacher für die Kunst bedeutet haben.
Gut ist also der Gedanke, den schon Aretin in seinem, auf
zu kostspieliger Basis aufgebauten Werke (Altertümer und
Kunstdenkmale des bayr. Herrscherhauses München 1865),
versucht hat. Die Ausführung in vorliegendem Katalog ist
als durchweg verfehlt zu bezeichnen.
Der elegant gebundene Katalog enthält 42 Tafeln und
zahlreiche Abbildungen im Text und entspricht auch in Druck
und Ausstattung allen modernen Anforderungen. Nicht aber
hinsichtlich des Inhalts. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des
Textes ist völlig wertlos. So die zahlreichen Porträtstiche;
denn einesteils ist die Sammlung unvollständig und andern-
teils sind Porträts von Fürsten des 12.—15. Jahrhunderts
auf Stichen des 17. und 18. Jahrhunderts nicht gerade als
authentisch zu bezeichnen. Trotzdem ist von Otto von
Wittelsbach (f 1183) angelangen, unter unglaublicher Raum-
verschwendung, bei jedem männlichen oder weiblichen
Familienmitglied angeführt, ob sich dessen Porträt befindet
in einer dieser phantastischen Stichserien von 1620 oder
1773 oder auf einer Tischplatte von 1597, in einem Ehren-
tempel von 1745 oder gar auf Aquarellen nach Medaillen
vom Ende des 18. Jahrhunderts. Dafür ist auf Provenienz
oder gar auf Meisterbestimmung fast gar nicht eingegangen
und die Beschreibung der Gegenstände so dürftig, wie es
bei einem Führer vielleicht zulässig ist, aber durchaus nicht
bei einem Katalog. Dafs die reichlich vorhandenen Inven-
tare der Kunst-, Schatz- und Harnischkammer gründlich
durchgearbeitet wurden, verbot sich schon durch die Kürze
der Zeit. Um hier nur ein Beispiel anzuführen, ist Nr. 489,
eine Elfenbeinkapsel mit den gewebten Bildnissen Kurfürst
Maximilian I. und seiner Schwester Christine nicht erst im
Inventar der Kammergalleria, sondern schon im Ficklerschen
Inventar 1598 (Cod. bav. 2133 der Hof- und Staatsbibliothek)
unter Nr. 649 Fol. 53 aufgeführt.
Um zu den, an dieser Stelle wichtigeren Waffen zu
kommen, so wurde bei deren Zuteilung die bisher beliebte
Tradition festgehalten. Beweise fehlen dagegen vollständig.
Worauf stützt sich die Behauptung, dafs Nr. 167 die
Sporen Herzog Christophs von Bayern seien? Weder die
Inventare der Kunst- und Schatzkammern, noch die der
Harnischkammer enthalten die'Sporen. Andererseits wären
sie sicher zu finden, nachdem das jetzt in der Schatzkammer
der Residenz befindliche Schwert dieses Herzogs schon im
Ficklerschen Inventar (1598) so benannt und durch alle In-
ventare als „Herzog Christophschwert“ geführt wird. Ebenso
phantastisch ist die Zuschreibung des Streithammers Nr. 182
an Herzog Sigmund von Bayern. Wahrscheinlich ist er
identisch mit dem im Mannheimer Schatzinventar von 1744
aufgeführten Streithammer mit bayrisch-pfälzischem Wappen.
Die Harnischbrust Nr. 243 ist Wilhelm IV. ohne Beweis zu-
geteilt. Deren genaue Beschreibung findet sich im Inventar
der Rüstkammer von Neuburg a. D., wonach der Träger
dieser Brust Kurfürst Otto Heinrich von der Pfalz war.
Etwas vorsichtiger war man mit der Türkenbeute,
vorsichtiger als bisher bei Anbringung von Erklärungs-
5. HEFT
auch die Infanterie mehr Tätigkeit aus als irgend
ein anderer Teil des Heeres; wenn aber das ganze
Heer nur aus Infanterie bestände, so ergäbe es
einen mifsgestalteten unförmigen Körper, der nur
aus Händen oder Kopf bestände, darum pries er
die gewöhnliche Infanterie und die gens
d’armes und die leichte Kavallerie12) schliefs-
lich jene Heeresteile, die ein vollendetes Ganzes
bilden. Er fügte hinzu, dafs die bedeutende Ver-
wendung von Hackenbüchsen13), wie sie heute
allgemein üblich ist, Veranlassung vom Untergang
des Heeres sein kann, denn beim Angriffe14) sind
die meisten von ihnen entwaffnet und alle Siege
werden mehr durch die Spiefse als durch die
12) Laudava et la fantaria ordenaria et la gente
d’arme et la cavalaria leziera.
13) . . . tanta archibusaria . . .
**) . . . ne l’affrontarsi . . .
159
Hackenbüchsen errungen, weil jene die Reihen
durchbrechen, wodurch der Sieg erfochten wird,
diese aber taugen nur vor dem Angriffe etwas. So
hat er seine Heere immer so geordnet, dafs er
immer alles haben wollte, was er brauchte, und
von allem so viel, als er brauchte und nichts mehr.
Und er versprach es auch in Zukunft so zu halten.“
Eine Jllustrierung zu diesen Darlegungen ge-
währen uns fünf aus einem im Jahre 1539 in
Nürnberg erschienenen, den Zug Carl V. nach
Österreich im Jahre 153215) behandelnden Werke
stammende gleichzeitige Holzschnitte von
dem Holzschneider M. Ostendorfer16).
Dr. phil. Karl Schalk
16) Also ein Jahr vor der Rede. Siehe oben Anfang
derselben.
16j Vgl. Katalog d. hist. Ausst. d. Stadt Wien vom
22. Febr. bis 10. Mai 1872. Wien 1873 (!) S. 75 Nr. 493—7.
Ein Faksimile der Originale fertigte Camesina in Wien an.
LITERATUR
Denkmale und Erinnerungen des Hauses Wittels-
bach im Bayr. Nationalmuseum. Herausge-
geben von der k. Direktion. Verlag des Bayr.
Nationalmuseums München 1909.
Für Plan und Leitung zeichnet der dermalige stellver-
tretende Direktor Dr. Georg Hager, zur Ausführung war den
Beamten des Museums etwa 3/4 Jahre zur Verfügung gestellt
worden. Ausdrücklich möchte ich feststellen, dafs die jetzige
Direktion den gedruckten Katalog als fait accompli vorfand.
Wer sich schon mit bayrischer und speziell Münchner
Kunstgeschichte beschäftigt hat, weifs, welche Schwierig-
keiten der bekannte Mangel an gedruckten wissenschaft-
lichen Quellen bereitet. Jeder mufs sich von neuem durch
ein Meer von Material durcharbeiten, das noch in ver-
schiedenen Archiven zerstreut ist. Regesten, wie sie für
die Wiener Archive so mustergültig ausgezogen sind, werden
seit den schüchternen Anfängen Westenrieders nicht pub-
liziert. Wären nicht in Münchner Schlössern und Museen
so herrliche Schätze aufgespeichert, wir wüfsten überhaupt
nicht, was die Wittelsbacher für die Kunst bedeutet haben.
Gut ist also der Gedanke, den schon Aretin in seinem, auf
zu kostspieliger Basis aufgebauten Werke (Altertümer und
Kunstdenkmale des bayr. Herrscherhauses München 1865),
versucht hat. Die Ausführung in vorliegendem Katalog ist
als durchweg verfehlt zu bezeichnen.
Der elegant gebundene Katalog enthält 42 Tafeln und
zahlreiche Abbildungen im Text und entspricht auch in Druck
und Ausstattung allen modernen Anforderungen. Nicht aber
hinsichtlich des Inhalts. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des
Textes ist völlig wertlos. So die zahlreichen Porträtstiche;
denn einesteils ist die Sammlung unvollständig und andern-
teils sind Porträts von Fürsten des 12.—15. Jahrhunderts
auf Stichen des 17. und 18. Jahrhunderts nicht gerade als
authentisch zu bezeichnen. Trotzdem ist von Otto von
Wittelsbach (f 1183) angelangen, unter unglaublicher Raum-
verschwendung, bei jedem männlichen oder weiblichen
Familienmitglied angeführt, ob sich dessen Porträt befindet
in einer dieser phantastischen Stichserien von 1620 oder
1773 oder auf einer Tischplatte von 1597, in einem Ehren-
tempel von 1745 oder gar auf Aquarellen nach Medaillen
vom Ende des 18. Jahrhunderts. Dafür ist auf Provenienz
oder gar auf Meisterbestimmung fast gar nicht eingegangen
und die Beschreibung der Gegenstände so dürftig, wie es
bei einem Führer vielleicht zulässig ist, aber durchaus nicht
bei einem Katalog. Dafs die reichlich vorhandenen Inven-
tare der Kunst-, Schatz- und Harnischkammer gründlich
durchgearbeitet wurden, verbot sich schon durch die Kürze
der Zeit. Um hier nur ein Beispiel anzuführen, ist Nr. 489,
eine Elfenbeinkapsel mit den gewebten Bildnissen Kurfürst
Maximilian I. und seiner Schwester Christine nicht erst im
Inventar der Kammergalleria, sondern schon im Ficklerschen
Inventar 1598 (Cod. bav. 2133 der Hof- und Staatsbibliothek)
unter Nr. 649 Fol. 53 aufgeführt.
Um zu den, an dieser Stelle wichtigeren Waffen zu
kommen, so wurde bei deren Zuteilung die bisher beliebte
Tradition festgehalten. Beweise fehlen dagegen vollständig.
Worauf stützt sich die Behauptung, dafs Nr. 167 die
Sporen Herzog Christophs von Bayern seien? Weder die
Inventare der Kunst- und Schatzkammern, noch die der
Harnischkammer enthalten die'Sporen. Andererseits wären
sie sicher zu finden, nachdem das jetzt in der Schatzkammer
der Residenz befindliche Schwert dieses Herzogs schon im
Ficklerschen Inventar (1598) so benannt und durch alle In-
ventare als „Herzog Christophschwert“ geführt wird. Ebenso
phantastisch ist die Zuschreibung des Streithammers Nr. 182
an Herzog Sigmund von Bayern. Wahrscheinlich ist er
identisch mit dem im Mannheimer Schatzinventar von 1744
aufgeführten Streithammer mit bayrisch-pfälzischem Wappen.
Die Harnischbrust Nr. 243 ist Wilhelm IV. ohne Beweis zu-
geteilt. Deren genaue Beschreibung findet sich im Inventar
der Rüstkammer von Neuburg a. D., wonach der Träger
dieser Brust Kurfürst Otto Heinrich von der Pfalz war.
Etwas vorsichtiger war man mit der Türkenbeute,
vorsichtiger als bisher bei Anbringung von Erklärungs-