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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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4. Heft
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Weyersberg, Albert: Solinger Schwertschmiede-Familien, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0131

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4. HEFT

ALBERT WEYERSBERG, SOLINGER SCHWERTSCHMIEDE-FAMILIEN

111

Solinger Schwertschmiede-Familien
(Vgl. Bd. I und II dieser Zeitschrift)
Von Albert Weyersberg, Solingen

Die Familien Broch und Brach
Eine am xo. September 1908 im zweiten Morgen-
blatt der Frankf. Ztg. Nr. 212 veröffentlichte Zu-
schrift veranlafst mich, die Nachrichten zusammen-
zustellen, welche mir über Angehörige der Schwert-
schmiede-Familien Broch und Brach und ihre Er-
zeugnisse zu Gebote stehen, ohne auf die An-
schauungen über die Anfertigung und die Be-
schaffenheit der Klingen der Ferrara und der
Broch einzugehen.
Zunächst sei die Zuschrift selbst, die „Solinger
Klingen“ überschrieben ist, wiedergegeben: „Ein
kleiner Aufsatz im Septemberheft der Zeitschrift
„The Connoisseur“ S. 56 u. 57 (London) beschäftigt
sich mit gewissen berühmten bezeichneten Solinger
Schwertklingen, die nach Angaben einer englischen
Autorität, des Herrn H. St. George Gray, zu den
allergröfsten Seltenheiten gehören. Die Erörterun-
gen sind dadurch veranlafst, dafs in Somerset in
England ein Schwert auftauchte, das auf beiden
Seiten der Klinge die Aufschrift „Adolf. Broch. So-
lingen. 1612“ trägt. Die berühmtesten Schwerter in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden zu
Belluno von Andrea Ferrara angefertigt, der um
1584 starb. Aber die meisten der ihm zugeschrie-
benen Schwertklingen sind gar nicht aus seiner
Werkstatt, sondern wurden in Solingen oder in
Spanien gemacht, einige wenige vielleicht auch
in Schottland. Eine kleine Anzahl Ferrara-Klingen
tragen zum Namen noch die Städtenamen Solingen
oder Lissabon; die Elastizität und Härte dieser
Schwerter hatte nämlich solches Renommee ge-
wonnen, dafs der Name bis ins 18. Jahrhundert
auf Klingen weiterlebte. Solingen war gegen
Ende des 16. Jahrhunderts und durch das 17. Jahr-
hundert hindurch der Sitz mehrerer berühmter
Waffenschmiede; als der früheste ist Johannes
Wundes (1560—1610), dann die Familie Broch
zu nennen. Generation auf Generation vererbten
sich die aus jener Zeit stammenden Solinger Klin-
gen, die dann oft je nach der Mode mit neuen
Griffen versehen wurden. Broch-Schwerter sind
noch seltener als die echten Ferrara-Schwerter;
aufser dem neu aufgetauchten Adolf Broch weifs
Mr. Gray kein anderes Exemplar mehr zu nennen.
Die englischen grofsenWaffensammlungeninSouth
Kensington, im Tower, in der Richard Wallace-
Sammlung besitzen überhaupt keine Broch-

Schwerter. In der Literatur ist bei Demmin ein
Schwert, Arbeit des Peter Brock (sic), erwähnt;
und in Paris soll sich ein solches, bezeichnet
Peter Broch, aus dem 16. Jahrhundert befinden.
Ein anderes, im Musee dArtillerie in Paris, nennt
Johann Broch als Verfertiger. In der'Armeria
zu Madrid figurieren Clemens Brach und Jacob
Brach aus Solingen auf zwei Secento-Schwertem.
Demnach müssen fünf Mitglieder der Familie
Broch oder Brach: Adolf, Clemens, Jacob, Johann
und Peter, hervorragende Schwertfeger (richtiger
gesagt „Schwertschmiede“) in Solingen gewesen
sein. Das in Somerset aufgetauchte Stück ist im
Connoisseur abgebildet; zweifellos finden sich in
deutschen Waffensammlungen doch noch be-
zeichnete Solinger Klingen aus dem Ende des
16. und 17. Jahrhunderts, die in der Literatur nicht
bekannt geworden und dabei dem englischen
Kenner entgangen sind.“ —
Die Broch und Brach (auf Klingen auch Brock
und Brack geschrieben) dürften zu den Schwert-
schmiede-Familien zu zählen sein, die viele gleich-
zeitig schaffende Meister aufweisen, da die Klingen,
die von ihnen übrig geblieben sind, nicht nur eine
ganze Reihe verschiedener Rufnamen, sondern
auch verschiedener Marken zeigen. Die Erhaltung
der alten Stücke hat ja wesentlich vom Zufall ab-
gehangen, selbst dann, wenn sie in Erinnerung
an ihre Träger geschont und behütet worden sind.
Im Verhältnis zu der sehr grofsen Anzahl der
Schwertschmiede, die zu Ausgang des 16. Jahr-
hunderts und im 17. Jahrhundert in Solingen
arbeiteten, sind doch nur wenige Klingen aus
dieser Blütezeit noch vorhanden, abgesehen von
den Erzeugnissen einzelner Meister, wie Clemens
Horn, die wir überhaupt nur durch einen Namen
kennen]).
*) Im Jahre 1614 trat in der Solinger Gegend eine
Seuche auf, die in derZeit von gegen zwei Jahren 1800 Opfer
forderte. An einem Tage fanden einmal 24 Beerdigungen
statt. Auch hierin dürfte ein Grund dafür liegen, dafs einige
auf Klingen stehende alte Meisternamen, wie Cleles, Daus-
ken (?), Fransn, Kronenbergh (Adolf), Palphner (Peter 1617,
wenn nicht entstellt aus Paether), die mit Recht oder Un-
recht als Solinger Schwertschmiede angesehen werden, in
den Bruderschaftsbüchern (ab 1640) nicht mehr Vorkommen.
Vgl. das Verzeichnis Solinger Schwertschmiede-Familien
Band 2 S. 18 dieser Zeitschrift. Die Stantler (Standtier) zu
den Solingern zu zählen, erscheint mir gewagt. Auch die
von W. Boeheim in seinem Handbuche der Waffenkunde
 
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