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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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2. Heft
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Mews, Karl: Essener Gewehrfabrikation und Gewehrhandel
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Feldhaus, Franz Maria: Griechisch-römische Geschütze
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0070

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50 KARL MEWS, ESSENER GEWEHRFABRIKATION UND GEWEHRHANDEL

sam erfolgenden Kriegslieferungen waren die
Keimzelle zum Unternehmen, der Kapitalismus
brach sich immermehr Bahn gegenüber zünftiger
Reaktion. Um 1695 bringt der zum Schieds-
richter ernannte Magistrat einen Ausgleich zu-
stande, der eine Gleichmachung der Zünfte bedeutet.
Will jemand mit Gewehr Grofshandel treiben,
so gewinnt er als Kaufmann das Schmiedeamt,
während der Schmied Kaufgildebruder wird — eine
Mafsnahme, die sich stillschweigend bereits im
16. Jahrhundert vollzog, wo des öfteren Büchsen-
schmiede die Kaufgilde erwerben, um zum Gewehr-
handel berechtigt zu sein. Durch einen früheren
Ratsentscheid wird das Verlegertum offiziell an-
erkannt; können die Schmiede — unter die jede
gröfere Waffenlieferung „repartiert“ werden mufs
— dem Kaufmann die Bestellung nicht rechtzeitig
liefern, so darf er gegen Lohn Knechte und
Gesellen zur Anfertigung des Gewehrs in „sein
Haus setzen“. Diese wenigen Beispiele zeigen,
wie der blühende Gewehrhandel zu einer segens-
reichen Wirksamkeit des stadtwirtschaftlichen
Systems führt, wie durch ihn die hemmenden
Zunftschranken durchbrochen und dem Unter-
nehmen, dem Kapitalismus zum Sieg verholfen
werden.
Als nun in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts das industrielle Leben in Essen erstarrt,
als einzelne Staaten aus ihrer Rolle als krieg-
führende Mächte — besonders die Niederlande —
ausscheiden, Preufsen eigne Gewehrfabriken be-
sitzt und seine Staatsfürsorge auf seine eignen
Lande beschränken mufs, als-die ländliche Gewerbe-
freiheit aufkommt, da bleibt auch Essen nicht
von dem traurigen Schicksal des Städteverfalls
verschont. Jeglicher Geschäftssinn und Unter-

V. BAND

nehmungsgeist schwindet, träge Indolenz ist „das
Element der Einwohner“. Wo sonst bürgerlicher
Wohlstand, der der Stadt über manche Finanz-
krisis hinweghalf, da herrscht nunmehr Not, und
die Klagen über Geldarmut, Verschuldung, Arbeits-
losigkeit verstummen nicht. Neue Hoffnungen
erweckt die Einverleibung Essens in Preufsen
nach dem Reichsdeputationshauptschlufs. Jedoch
die siegreichen Feldzüge Bonapartes, die fran-
zösische Kontinentalsperre, die das Hauptabsatz-
gebiet der Essener Fabrikate, Amerika, ver-
schliefst, bringen dem 1803 von einigen kapital-
kräftigenKaufleutenneugegründetenUnternehmen
der „Essener Gewehrfabrik“ einen schnellen Unter-
gang. Selbst als französisches Unternehmen und
grofsherzogliche Gewehr-Manufaktur vermag die
Essener Gewehrindustrie sich nicht zu neuer Blüte
zu entwickeln. Als nach den Befreiungskriegen
Preufsen einen Ort zur Anlegung einer Gewehr-
fabrik sucht und auch Essen in Frage kommt,
da wird Essen als „nicht geeignet“ bezeichnet. Der
letzte Rest der Gewehrfabrikation wird von Essen
nach Saarn a. d. Ruhr gezogen, wo in einer ehe-
maligen Abtei eine unter preufsischem Protektorat
stehende Gewehrfabrik eingerichtet wird, die als
erste zu einem Staatsbetriebe — 1840 — um-
gewandelt und späterhin nach Erfurt verlegt
wird4).

4) Diese Ausführungen beruhen auf eingehendem
Studium des reichhaltigen Quellenmaterials der Archive:
Archiv der Stadt Essen, Geh. Staats-Archiv und Geh.
Kriegs-Archiv Berlin, Königliches Haus-Archiv Charlotten-
burg, Staats-Archive Münster und Wetzlar. Die erschöpfende
Darstellung wird in dem Werke: „Die Geschichte der
Essener Gewehrindustrie“ gegeben werden, das als Doktor-
dissertation demnächst erscheinen wird.

Griechisch-römische Geschütze
Von Franz M. Feldhaus

A ls Mitarbeiter des von Exzellenz von Alten
/% im Verlage von Rieh. Bong & Co. in
^ ^ Berlin herausgegebenen grofsen „Hand-
buches für Heer und Flotte“ hatte ich
Gelegenheit, mich eingehend mit den griechisch-
römischen Geschützen zu befassen. Dabei waren
mir eine Reihe von Unterlagen von grofsemWert,
die mir Herr Prof. Rud. Schneider in Heidelberg
zugehen liefs. Den Anteil, den dieser Gelehrte
an der richtigen Erklärung antiker Geschütze
hat, wird aus folgendem noch hervorgehen.

Vorweg mufs ich sagen, dafs man leider heute
überall ganz unzulängliche, wenn nicht gar falsche
Angaben — noch mehr aber Abbildungen —
antiker Geschütze findet. Ich habe deshalb nur die
geringe einwandfreie Literatur zu der vorliegenden
Arbeit benutzt. Auch die hier gegebenen Ab-
bildungen entstammen diesen Quellen.
Erklärungen und Rekonstruktionen antiker
Geschütze, noch häufiger aber deren Wiedergabe
in Zeichnungen und Malereien hat man oft genug
versucht. Mit Ausnahme der Arbeiten der letzten
 
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