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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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Fachnotizen
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0083

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FACHNOTIZEN — LITERATUR

2. HEFT

Stifts Magdeburg gleich seinem Vater Johann
Georg leidenschaftlich dem Jagdvergnügen in der
Letzlinger Heide, die unter beiden ihre Glanzzeit
sah. Zahlreiche Schreiben der im Geh. Staats-
archiv zu Berlin erhaltenen Kopialbücher des
Fürsten nehmen darauf Bezug, von welchen einige
von der traditionellen Lokalisierung alter Waffen-
produktion Zeugnis ablegen. 1587 sollte die kur-
sächsische Regierung der Grafschaft Hermeberg'
den Rohrschmied Steurwaldt zu Suhl anhalten,
den Büchsenmeister Linke zu entschädigen, da
die gelieferten Kornbüchsen und andere Rohre
ohne Leibsgefahr nicht zu gebrauchen seien.
1597 schickte Joachim Friedrich dem Büchsen-
schmied Hans Gsell zu Arzberg (wohl das bei
Wunsiedel, wo sich heute noch Eisengruben be-
finden) für ihn selbst bestimmte lange Rohre
zurück, die sich bei der Beschiefsung als un-
brauchbar erwiesen hatten. Den überbringenden
Büchsenmeister Heinrich Hentter sollte der Amt-
mann zu Gibichenstein von Halle bis Merseburg
schaffen lassen.
Georg Liebe

63

Frühe Feuerwaffen in Preufsen. In einem
Nürnberger Druck (Besitz der Universitätsbiblio-
thek Jena) aus dem Jahre 1668, dessen Verfasser
sich nicht nennt, wird eine polnische Chronik an-
geführt, welche behauptet, dafs im Jahre 1328 der
Grofsherzog Gedeminus von Lithauen im Kriege
von den preufsischen Ordensrittern erschossen
worden sei: „Der Grofsherzog Gedeminus“, heifst
es wörtlich, „schickte dem König in Pohlen Hülff
wider Marggraff Valdenarum zu Brandenburg
anno 1326 unter seinem Sohn, den Printzen Olgerdo
anno 1327 und zog Selbsten mit König Uladislao
anno 1328 wider die Ordens Ritter in Preufsen,
half Velona belagern und weil damals das
Schiefsen aus Büchsen mit Pulver den
Preufsen schon bekannt und üblich war,
wurde er, indem er der Eroberung allzustreng
oblag, mit einer Kugel geschossen, dafs er
darüber das Leben aufgeben müssen, und mag
wol er der erste Fürst oder hohe Stands Person
gewest sein, der durch dieses neu erfundene
Schiefsen umg-ekommen.“
M. Murland

LITERATUR

Eduard A. Geßler. Die Trutzwaffen der Karo-
lingerzeit vom 8. bis zum 11. Jahrhundert. Basel.
Kommissionsverlag der Basler Buch- und
Antiquariatshandlung vormals Adolf Geering.
1908.
In der vorliegenden Arbeit, die ich als eine Geschichte
der Trutzwaffen von der Völkerwanderungszeit bis zum
frühen Mittelalter bezeichnen möchte, unternimmt es der
Verfasser, eine klare Darstellung der Form, Entwicklung
und des Gebrauchs der Trutzwaffen in den genannten
Epochen, durch kritische Vergleichung der Waffenfunde,
der Miniaturen und der Schriftquellen zu geben. In der
streng wissenschaftlichen konsequenten Durchführung dieser
Methode liegt das Hauptverdienst der Arbeit, deren Wert
nicht so sehr in neuen Resultaten und Gesichtspunkten
beruht, zu denen der Verfasser gelangt, sondern vor allem
darin, dafs durch die Heranziehung eines umfassenden
Monumenten-, Schriftquellen- und Miniaturenmaterials viele
bis jetzt noch vorhandene Lücken in unseren Kenntnissen
von der Bewaffnung der damaligen Zeit ausgefüllt und
manche bis jetzt noch schwebende Fragen endgültig be-
antwortet sind. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die
Feststellung der Tatsache, dafs Funde, Schriftquellen und
Miniaturen dieser Epoche, was die allmähliche Umgestal-
tung und Entwicklung der Bewaffnung anlangt, durchaus
miteinander übereinstimmen, so dafs die Arbeit des Ver-
fassers auf diesem kritisch vergleichenden Gebiet geradezu
als grundlegend bezeichnet werden kann. An dem Werte

derselben ändert es nichts, dafs einzelne der vom Verfasser
ausgesprochenen Ansichten über die Entwicklung und den
Gebrauch der Trutz waffen teils nur mit Einschränkungen
gelten können, teils der Revision bedürfen.
So folgt Gefsler der herrschenden Ansicht, dafs der
Scramasax vorwiegend Hiebwaffe gewesen sein müsse, ob-
wohl er selbst zugeben mufs, dafs er bei Gregor von Tours
fast ausschliefslich als Stichwaffe erwähnt wird. Als Haupt-
grund hierfür gibt er die ungemein lange Griffzunge an,
die darauf deute, dafs der Scramasax mit zwei Händen ge-
führt wurde. Aber gerade dieser Umstand gibt zu denken.
Denn wäre es an sich schon merkwürdig, dafs die viel
längere, wuchtigere Spatha, die noch dazu durch ihren
stumpfen Ort als Hieb-waffe charakterisiert wird, nur mit
einer Hand geführt wird, während der viel kürzere Scramasax
zur Führung des Hiebes zweier Hände bedürfen sollte, so
wird die Sache vollends unwahrscheinlich, wenn man ins
Auge fafst, dafs die Griffangel des Scramasax meist ein
Drittel, ja bei manchen Exemplaren nahezu die Hälfte der
gesamten Klingenlänge einnimmt. Der Hieb einer der-
artigen Waffe, die aufserdem noch an Breite hinter der
Spatha zurückstand, konnte gerade, wenn sie zweihändig
geführt wurde, keine Wucht haben. Wohl aber mufste der
Scramasax eine furchtbare Stofswaffe sein, wenn der Krieger
ihn mit beiden Händen vorhaltend gegen den Feind an-
rannte. Er mufste mit seiner scharfen Spitze geeignet sein,
selbst den festesten Maschenpanzer zu durchdringen, wo-
bei der breite Rücken dazu gedient haben dürfte, die
Festigkeit der Waffe zu erhöhen und sie vor dem Ab-
brechen zu schützen. Dafs der Sax einhändig geführt
neben der Spatha, oder bei Fehlen derselben auch zuweilen
als Hiebwaffe Verwendung fand, ist wohl nicht zweifelhaft;
seine Hauptaufgabe dürfte aber wohl die gewesen sein,
die im späteren Mittelalter der Panzerstecher erfüllte. Das
 
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