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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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8. Heft
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Forrer, Robert: Neues Studienmaterial zur mittelalterlichen Bewaffnung, 2
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Fahrmbacher, Hans; Feistle, Sigmund: Das Münchener kurfürstliche Hauptzeughaus, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0275

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R. FORRER, NEUES STUDIENMATERIAL ZUR MITTELALTERLICHEN BEWAFFNUNG V. BAND

252

wesen sein und auf dem Aussterbeetat gestanden
haben — verdrängt durch die Helmbarte mit ge-
schlossener Schafthülse. — Nun erst das XVI. Jahr-
hundert! Es kann sie nur als alten Hausrat, als
veraltete Waffe der Voreltern vereinzelt noch
gesehen und gekannt haben. Den Zeichnern und
Historikern jener Zeit freilich, die ältere Bilder-
handschriften zu Rate zogen, war diese Form ge-
läufig, denn in den Bilderhandschriften des XIV.
und vom Anfänge des XV. Jahrhunderts ist jene
alte Helmbartenform häufig zu finden und auch
auf Gemälden jener Zeit kehrt sie vielfach wieder.
Und nur so kann ich mir erklären, wenn diese
Waffe mindestens ioo Jahre nach ihrem voll-
kommenen Aussterben (als Kriegswaffe) wieder
auffällig oft in die Erscheinung tritt, freilich
nicht als Waffe zum Kriegsgebrauch, wohl aber
auf Bildern aller Art, in Wappen und in
Schlachtendarstellungen. Solch ein Beispiel
bietet eben die oben vorgeführte Glasscheibe der
Sammlung Naeher. Der Glasmaler hat dem
schildhaltenden Bären einen archaischen Charakter
geben wollen und deshalb ihn mit einer, Rüstung
bekleidet, diese aus der Zeit des Malers, die den
Bären martialisch erscheinen lassen, und mit einer

Helmbarte bewaffnet, die durch ihre alte Form
dem Schildhalter etwas „Altehrwürdiges“ geben
soll — gerade so, wie man noch im XVIII. und
XIX. Jahrhundert die Wappenhalter in Harnische
kleidete, obwohl diese damals völlig ausgestorben
waren.
Der gleichen Helmbartenform begegnen wir
gelegentlich im XVII. Jahrhundert auf Schlachten-
darstellungen der berühmten schweizerischen, spe-
ziell Winterthurer Öfenmaler Pfau und Forrer,
und in schweizerischen historischen Kupferstichdar-
stellungen des XVIII. Jahrhunderts, von welchem
aus das XIX. Jahrh. diese Form weiter übernom-
men hat. Dafs dabei diese Waffenform nicht nur
auf Bildern wiederkehrt, welche Schlachten des
XIV. und XV., sondern auch des XVI. Jahrhunderts
wiedergeben, ist bei den damals noch wenig tief ge-
drungenen Kostüm- und Waffenstudien erklärlich.
Bemerkenswert ist zum Schlüsse noch, dafs
eben diese Helmbarte auch im Wappen der
zürcherischen Familie Schweizer ihre alte früh-
gotische Form bewahrt, d. h. im Wappenschilde
trotz der vielfachen Umgestaltung der Helmbarten
im XVI. und XVII. Jahrhundert jene alte Urform
getreulich beibehalten hat.

Das Münchener kurfürstliche Hauptzeughaus
Von Hans Fahrmbacher und Sigmund Feistle, München
(Fortsetzung aus Heft 7 Seite 221.)

An sonstigen Bestandteilen der Harnisch-
kammer, Panzerhemden, Spiefsen, Schwertern
und anderen führt das Inventar noch auf:
44 Panzerhemden mit Ärmeln,
44 Paar grobe Panzerärmel,
3 Panzerhemden ohne Ärmel,
40 Panzerschürzen mit einer Prüch128),
30 Paar Flanken124),
5 Panzerkrägel,
4 übrige Latz,
18 Panzerfleck,
3 einschichtige schwarze Kürafshauben mit
hohen Kämmen und messingenen Rosen
aufgebraitet,
2 schwarze Sturmhauben,
13 Hauben mit Bockshörner125),
12 Hauben mit 3 Kämmen,
4 Hauben mit schwarzen Filz überzogen,
123) prüch, schwimmhosenartige Oberschenkelschützer.
>24) Achselschützer.
i25) y ermutlich ein e Art von Schembartkopf bedeckungen

9 weifspolierte Hauben, 4 mit Visiren,
9 andere weifspolierte Visirhauben,
5 gemahlene Hauben126).
12 gepappte Röfsl von leibfarbgemahlten
Schütter127), mit ihren angehängten Stiften, Sporn,
Steigleder, Stegreifen, Zäumen, Gebifs und Stangen-
zügel, darunter aber die mehreren schadhaft.
* 30 geäzte Cousen128) mit bay. vergoldeten
Wappen und Symbolen, deren Schienen auch mit
goldenen Nägeln beschlagen.

12fl) bemalte Hauben.
127) Schütter, Rupfen, der mittelst Bestreichen mit
Kleister steif gemacht wurde. Derartige Rössel, in denen
der Reiter selbst bis zur Hüfte steckend, die Bewegungen
des Pferdes ausführt, sind heute noch bei Maskenscherzen
allgemein im Gebrauche.
iss) yon den Cousen dieser Art aus der Zeit Herzogs
Wilhelm V., Paradewaffen seiner Korbinerleibgarde, ver-
wahrt das Armee-Museum noch ein Stück, ein zweites be-
findet sich im Pariser Artillerie-Museum. Die Verzierung der
Klinge zeichnet sich durch künstlerisch hervorragende stil-
volle Ätzmalerei aus.
 
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