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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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2. Heft
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Forrer, Robert: Ein gotisches Bronze-Faustrohr im Museum zu Metz
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0063

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2. HEFT

R. FORRER, EIN GOTISCHES BRONZE-FAUSTROHR IM MUSEUM ZU METZ

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chierter Gelbbronze und zeigt schöne grüne
Patina, als hätte er lange ungestört in trockenem
Erdreich gelegen. Das Totalgewicht beträgt
726V2 gr, die Totallänge 27,2 cm.
Der ersteEindruck, den man von dem seltsamen
Gegenstände hat, wenn man ihn im Museums-
schranke liegen sieht, ist der eines kleinen
Hammers, denn das beidseitig mit einem kleinen
Schildchen verzierte Hammerende erscheint zu-
nächst als das auffallendste am ganzen Gerät
und man begreift danach die Benennung des-
selben als „Zeremonienhammer“. Die Schild-
chen an dem Hammer waren geeignet, diese
Benennung zu unterstützen, denn gewöhnlichen
Werkzeughämmern sind dergleichen Zutaten
selbst in den Zeiten der Gotik fremd (leider ist
dem Schildchen kein Wappen aufgesetzt, welches
über Verfertiger oder Besitzer Auskunft gäbe).

gewinnt man doch die Überzeugung, dafs der
„Hammer“ am ganzen Gegenstände nicht die Haupt-
sache ist, dafs er mehr nur Beiwerk dar stellt,
dafs dagegen der „Griff“ des Hammers an dem
seltsamen Objekte die Hauptsache in sich fafst.
Dieser Griff ist nämlich im Verhältnis zur anderen
Hälfte des Hammers unverhältnismäfsig schwer,
fast doppelt so schwer als die Hammerhälfte, so
dafs das Ganze als „Hammer“ sehr unhandlich
ist und den Gesetzen widerspricht, auf welchen
sich der Aufbau eines Hammers gemeinhin auf-
baut. Betrachtet man diese Griffhälfte genauer,
so entdeckt man auch die wahre Ursache dieses
Mifsverhältnisses: Der „Griff“ ist als Schufs-
waffe gearbeitet. Er stellt ein massiv und
solid gearbeitetes 8 flächig facettiertes Feuerrohr
dar, mit 1 cm Kaliber und 12,8 cm Seelenlänge,
an dessen hinterem Ende ein o,4 cm weites Zünd-


Photographie 5/9 in der Naturgröße.

Dagegen habe ich dergleichen seitlich auf-
gesetzte Schildchen einige Male an Streithämmern
der Gotik beobachtet, so u. a. auch an einem
Streithammer des 15. Jahrhunderts der Sammlung
Gimbel, abgebildet in dessen „Tafeln zur Ent-
wicklungsgeschichte der Schutz- und Trutzwaffen“
(Baden 1894), unter Abb. 34 von Tafel V (auch hier
ist das Schildchen ohne Wappen). Indessen die
Kleinheit des Hammers unseres Metzer Museums
und die Kürze des Stieles schliefsen jede Deutung
als Streithammer oder selbst nur die Absicht der
Nachahmung eines solchen aus. Die gabelförmige
Teilung des abgeschrägten Hammerendes (vgl.
Abb. 1 u. 1 a) zeigt vielmehr deutlich, dafs es sich
tatsächlich um ein Werkzeug zu praktischem
Gebrauche handelt, dafs das eine Kolbenende
zum Hämmern, das andere zum Nagelziehen
dienen sollte, ganz analog unseren heutigen
Werkzeughämmern gleicher Konstruktion.
Betrachtet man aber den Gegenstand ge-
nauer, oder nimmt man ihn gar in die Hand, so

loch nach aufsen führt. Die 0,6 cm starke, also
relativ dicke Wandung und das Kaliber zeigen,
dafs es sich nicht um ein unbrauchbares Spiel-
zeug, sondern um eine zu ernstem Kampfe
dienliche Schufswaffe handelt. Die Kleinheit
der Abmessungen, das ganze Gerät hat, wie schon
oben gesagt, eine Länge von blofs 27,2 cm, zeigt,
dafs wir es mit einer Waffe zu tun haben, die nach
ihrem Zwecke etwa unsern „Taschenpistolen“, be-
sonders den sogenannten alten Puffern, vergleich-
bar ist. Was die Kleinheit des Kalibers an-
betrifft, so ist das Rohr speziell etwa dem kleinen
Rohre des 16. Jahrhunderts vergleichbar, wie ich
es in meinem Werke „Die Schwerter und Schwert-
knäufe der Sammlung Carl von Schwerzenbach-
Bregenz“ auf T afel LXI in Gestalt eines „Pistolen-
dolches“ abgebildet habe, wo der Dolch mit
einem Feuerrohr von 7 mm Kaliber (14 cm Seelen-
länge) ausgestattet ist. Oder ich werde an ein
Tischmesser vom Ende des 17. Jahrhunderts er-
innert, welches ich im Strafsburger Handel sah,
 
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