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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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3. Heft
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Graevenitz, George von: Das Arsenal zu Venedig und seine Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0092

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72

G. v. GRAEVENITZ, DAS ARSENAL VON VENEDIG UND SEINE SAMMLUNGEN

V. BAND

leusenartige aber auf Vorderlädung eingerichtete
und auf einem Holzpiedestal armierte Archebuse.
Sie weist 20 mit Visier und Korn versehene Rohre
von verschiedener Länge auf. Der Tambour, auf
dem sie angeordnet sind, ist um eine Achse dreh-
bar. Die Inschrift weist auf einen geschätzten
Waffenschmied und Konstrukteur Giov. Maria
Bergamini (1622) hin. Augenscheinlich handelt
es sich um ein Modell, das als Rarität nie in Ge-
brauch gewesen. Im Verein mit einer sehr merk-
würdigen Radschlofs- Archebuse desselben Kon-
strukteurs mit 2 Rohren und zu 3 Schüssen aus
der Mitte des 16. Jahrhunderts, die das Museum
birgt, und mit Erfindungen des grofsen Artilleristen
Alfons II. von Ferrara und anderer Waffenkon-

gebildeten Giefsers aus der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts.
In der Abteilung „verschiedene Gegenstände“
ragt durch Schönheit und Eleganz der Form und
Ausführung ein kupferner Luntenständer hervor,
der nach alten Angaben für die gleichzeitige Be-
dienung von 500 Musketen bestimmt war.
Zahlreiche Erinnerungen, bildliche Darstel-
lungen und Bauten erzählen in Venedig von dem
grofsen Tag von Lepanto, dem 7. Oktober 1571, an
dessen siegreichem Ausgang die venezianischen
Galeeren unter Sebastiano Venier so entscheiden-
den Anteil hatten. Das „victoriae navalis monu-
rnentum“ des Eingangstores des Arsenals wurde
schon erwähnt. Im Museum selbst bildet ein


Schwanzstück.


Mundstück.
Kolubrinette des 16. Jahrhunderts.

strukteure erinnert das Modell an die italienischen
Bestrebungen der Wende des 16. zum 17. Jahr-
hunderts, das Problem des Schnellfeuers zu lösen,
dessen taktische Wichtigkeit jener Zeit nicht
entging.
Einen besonderen Hinweis verdient auch ein
2,85 m lange kleine zur Vorderladung eingerichtete
Feldschlange (Kolubrinette), die sich aus zehn
abgestumpften, zusammengeschweifsten und am
Zusammenstofs durch Ringe verstärkten Kegel-
stücken zusammensetzt. Hervorragendes Interesse
erregen an ihr die phantastische Gestaltung des
Mundstücks und des Zündpfannendeckels. Letz-
terer stellt ein vierfüfsiges drachenähnliches Un-
geheuer dar, das sich verzweifelt gegen einen
Reiter wehrt, der mit gezücktem Dolch auf seinem
Rücken sitzt. Das auf eine reichgearbeitete Lafette
gelegte Stück ist die Arbeit eines künstlerisch

Glanzstück aller Lepanto-Erinnerungen eine in der
Schlacht erbeutete dreieckige 9,70 m lange und
2,20 m hohe türkische Standarte mit der arabischen
Inschrift „Es ist nur ein Gott und Muhamed ist sein
Prophet“ und reichstem ornamentalem Schmuck.
Zwei auf ihr dargestellte Schwerterklingen weisen
den sogenannten Siegesvers aus dem 48. Kapitel
des Koran auf.
Mögen diese kurzen Ausführungen und wenigen
Proben aus den Schätzen des Museums dazu bei-
tragen, dem Arsenal vonVenedig unter den Sehens-
würdigkeiten der alten Seebeherrscherin wenig-
stens bei Freunden der Geschichte und ihrer
Hilfswissenschaften den gebührenden Platz zu er-
ringen, mögen sie auch als ein Beitrag zu dem
immer noch unbehandelten und doch so dank-
baren Thema „das kriegerische Element in der
Kunst“ freundlich aufgenommen werden.
 
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