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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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3. Heft
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Eyßen, Eduard: Ein gefälschter Harnisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0108

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88

E. EYSSEN, EIN GEFÄLSCHTER HARNISCH

V. BAND

lieh schief laufende Streifen auf der Brust. Die
alten Ätzmaler arbeiteten wohl oft salopp, un-
künstlerisch in der Zeichnung, aber sie waren
tüchtige Techniker und beherrschten das Hand-
werkliche. Doch selbst wenn man wirklich einem
alten Meister alle diese Mängel hätte Zutrauen

dürfen, die sehr ungleichartige Abnutzung der
Atzung konnte kaum durch regelrechten Gebrauch
hervorgerufen sein. Gleich neben stark verschliffe-
nen Stücken, wie z. B. den Schuhen, standen un-
vermittelt die gut erhaltenen Teile der Beinröhren
und — besonders auffällig — gerade über den
Graten zeigte sich alles scharf und unberührt.
Schon diese Umstände hätten genügt, das
Stück abzulehnen. Mit absoluter Bestimmtheit
indessen konnte die Fälschung konstatiert werden,
als nach dem allgemeinen Eindruck die Unter-
suchung ins Einzelne ging. Dabei mufste streng
die Plattnerarbeit und die Auszierung durch den
Ätzmaler auseinander gehalten werden — eine
Scheidung, die oft zum Nachteil einer systemati-
schen Behandlung nicht scharf genug gemacht
wird. Zunächst erwiesen die verschiedenartig ge-
arbeiteten Randwulste, teils glatt, teils sowohl
eng, wie weit geschnürlt, dafs der Harnisch aus
nicht zueinander gehörigen Teilen zusammen-
gestellt war. Der geschlossene Helm mit
aufschlächtigem, durchbrochenem Visier und Kinn-
reff, geschobenem Kehl- und Nackenschirm, liefs
an der Oberfläche der Glocke die gleichmäfsig
glatte Wölbung vermissen. Das ziemlich ver-
schmutzte Innere erweckte den Gedanken, dafs
er in der Erde vergraben gewesen sein könnte.

Bei näherem Zuschauen aber zeigte sich, dafs
die Glocke aus zwei Hälften zusammenge-
nietet und mit einer Mischung aus Kupfer und
Zinn hart gelötet war. Die Lötnaht war längs
der ganzen rechten Kammseite zu verfolgen mit
den jeweils einen Niet umgebenden Aus-

weichungen. Der strickwulstartige Kamm war
demgemäfs von innen glatt und aufsen durch-
weggefeilt. Der Stirnstulp pafste abgeschlagen
gut an, doch hatten um den richtigen Drehpunkt
für die Rosettenkloben zu finden, beiderseits vor-
her je zwei Fehlbohrungen stattgefunden, die
vernietet und gut verteilt waren. Am Visier,
dessen Nasenstück herausgetrieben und mit Luft-
schlitzen versehen war, wies die vorspringende
Kante am Sehspalt jederseits beim Treiben der
Spitze geplatzte Stellen auf; die Spitze selbst
war, um ein Weiterreifsen zu vermeiden, auf ge-
hauen, umgebogen und gelötet; ebenso zeig-
ten die gerissenen Stellen Messinglot. Für die
hier zutreffende Blütezeit der Plattnerkunst ist
das Verfahren der Zusammensetzung vollkommen
ausgeschlossen. Die Belederung innen am Nacken
zeig'te, was ja freilich auch bei später ausgebesser-
ten, ursprünglich alten Stücken vorkommt, statt
sämischen Leders dünnes Geschirrleder, die ge-
schwärzte Seite nach der Wand gekehrt. Der
Helmtyp hatte übrigens eine frappante Ähnlich-
keit mit dem Helm zu dem sehr zweifelhaften
Maximiliansharnisch der Sammlung des Herzogs
von Sorrano-Madrid, versteigert 1908. Der nicht
zugehörige Harnischkragen war echt, ebenso
die Kugelbrust mit beweglichen Einsätzen, vor-


Abb. 2. Teil vom linken Spangröl.
 
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