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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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3. Heft
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Eyßen, Eduard: Ein gefälschter Harnisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0109

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3. HEFT

E. EYSSEN, EIN GEFÄLSCHTER HARNISCH

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trefflich getrieben und einschliefslich des Gürtel-
reifens alt. Die drei Bauchreifen und die drei-
fach geschobenen Beintaschen, ohne Hammer-
schläge auf der Rückseite aufzuweisen, aus
Walzblech gebogen. Der Rücken glatt, ohne
Gürtelschiene, mit schmalem, abgesetztem Rand,
alt, aber später in der Form, wie sie erst von
Mitte des Jahrhunderts ab auf kommt. Die schmalen
Randwulste mit kurzen Schlägen weit geschnürlt,
waren ungleichmäfsig durch Feilstriche etwas
nachgearbeitet, wohl um eine engere, zum Übrigen
passendere Schnürlung vorzutäuschen; der Reifen,
durch einen angeschobenen, modernen Gesäfs-
schurz bedeckt, entbehrte übrigens dieser Nach-
arbeitung des Randes. Die Spangröls vielleicht
mit alten Teilen, die geschobenen Kacheln mit
Muscheln von fragwürdiger Gestalt durchweg
modern. Ober- und ITnterarniröhren aus
dünnem Blech rund gebogen, wobei Längs-
knickungen entstanden waren und korre-
spondierend Brüche im Randwulst der Unter-
armröhre. Die zusammengehörigen Hentzen
von alter Arbeit. Die Diechlinge erwiesen sich
aus Walzeisen gebogen, und zwar der linke quer
zur Walzrichtung mit einem infolge mangelhafter
Technik eigentümlich geknifften Grat, der rechte

Fällt somit der Harnisch als Ganzes ausein-
ander, so wird er des ihm erteilten historisch-
dynastischen Glanzes völlig entkleidet bei Unter-
suchung der Ätzung. Es sei im voraus fest-
gestellt, dafs diese durchweg in der Ornamentik,
der Zeichnung und dem Ätzverfahren eine ein-
heitliche, vorhin schon genügend gekennzeichnete
Behandlung aufwies. Dadurch also wäre die
Ätzverzierung, da sie in gleichartiger Technik
alte wie moderne Teile überzieht, schon rettungs-
los kompromittiert. Es war indessen verlockend,
den Spuren des Fälschers folgend das von ihm
beobachtete Verfahren festlegen zu können. Die
dabei gemachten Beobachtungen dürften aufser-
dem auch sonst vielleicht von Interesse sein als
Kriterien zur Beurteilung alter, überätzter Stücke.
Dafs es sich um spätere Überätzung handelte,
wurde an der rechten Beinröhre bewiesen durch
die Flickstelle eines etwa io cm langen Risses
im Grat unterhalb des Knies. Über sämtliche
glatt verfeilte Nietstellen war die Ätzzeichnung
hinweggeführt und kleine Ätzränder, längs des
noch etwas klaffenden Risses zeigten, dafs über-
geätzt war. Desgleichen waren am Rückenstück
an einer links in der Einziehung befindlichen
Flickstelle die ziemlich unverarbeiteten Nietstellen


mit der Walzrichtung gebogen. Die Kniebuckel
ebenfalls modern. Die gut gebauten Beinröhren
und die geschobenen Schuhe mit Kuhmäulern,
letztere mit getriebenen Schnecken, von alter
Arbeit3).
3) Den Panzerfleck des Latzes bildete ein viereckiger
Polierlappen aus Stahlringen, wie er wohl auch in der
Haushaltung Verwendung findet, der durch Abkneifen der
entsprechenden Teile unten ausgezackt war.

an der Oberfläche von der Ätzung übergangen.
Daneben, der Mitte zu, zeigten sich in gewisser
Weise angeordnete Punktschläge, wie sie bei
alten Stücken als Werkmarken zur Verpassung
zusammengehöriger Teile, später wohl auch als
Schmiedezeichen Vorkommen. Diese Punkte hatte
man von innen einzuebnen versucht, an der Aufsen-
seite lagen sie deutlich unter dem Ätzstreifen.
Weiterhin ergab sich: die ganze Ätzung war

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