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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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6. Heft
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Kretschmar, Hans Alfred: Der Tunierteppich im Museum zu Valenciennes
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0188

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168

VON KRETSCHMAR, DER TURNIERTEPPICH IM MUSEUM ZU VALENCIENNES

V. BAND

Kinnreff, das sich mit dem Visier zusammen um
die Welle des Visierbolzens dreht und nach oben
aufgeschlagen den Helm offen läfst, wenn er auf
den Kopf gesetzt werden soll. Das Nackenstück
wird geschoben.
In den Löchern am Kamm war, wie schon
erwähnt, der Helmschmuck befestigt. Er besteht
hier aus Figuren — Löwe, Jungfrau usw. -— oder
aus Federbüschen. Die figürlichen Helmzierden
waren gewöhnlich aus Stoff gestaltet, ausgestopft
und bemalt, wie dies bei den Löwen der Fall zu
sein scheint. Die Helmbüsche, die zum Teil recht

Eine ganz eigenartige Anordnung zeigen die
Helme in einer am Nackenstück der Helmglocke
an einem Stift befestigten runden Scheibe, der
Stielscheibe. Beispiele dieses eigenartigen Teiles
finden sich in der Armeria reale in Turin an den
Helmen der Harnische B. 15 und B. 19 (Katalog
der Armeria S. 73 und 75, s. Abb. 1 und 2,
Böheim, Geschichte der Waffenkunde S.42 Fig. 29),
in dem Musee d’artillerie, Paris (Viollet-le-Duc,
Dictionnaire raisonne etc. Bd.V, Taf. I, s. Abb. 3)
und im Schlosse Pierrefonds (Viollet-le-Duc. a. a.O.
Bd.V, S. 63 ff, s. Abb. 4).


Abb. 3.
Paris, Musfe d’Artillerie.

umfangreich sind, lassen hier deutlich erkennen,
dafs man es dabei nicht mit wirklichen Federn
zu tun hat. Diese Federn waren vielmehr aus
Seide und Wolle hergestellt, die zwischen zu-
sammengewundene Drähte gezogen waren, dieser
Draht bildete die Rippe der Feder, wie an
vielen Stellen deutlich zu erkennen ist; oft war
er noch mit kleinen Quasten geschmückt. Auf
diese Weise konnte man sehr lange Federn her-
stellen, dadurch erklären sich auch die eigentüm-
lichen Formen, in denen die Federn aufgesteckt
sind, z. B. nach aufwärts gebogen, mehrfach ge-
schwungen, und andere Formen, in denen natür-
liche Federn niemals bleiben würden.

Auch in der Sammlung Gimbel befanden sich
Helme dieser Art mit Stielscheibe; Nr. 46 des
Aukt.-Katalogs ist einer derselben, der nicht er-
gänzt war.
Ebenso finden sich die Stielscheiben an den
Helmen der Ritter auf den Holzschnitten Lukäs
Cranachs von 1509, die das Turnier in Wittenberg
am 15. und 16. November 1508 darstellen, Bartsch,
Peintre graveur VII. Nr. 125, 126,127 und auf dem
Holzschnitt mit dem Heiligen Georg B. 65.
Über den Zweck dieser Stielscheibe finden
sich in den angegebenen Quellen verschiedene
Anschauungen. Zu den Turiner Helmen bemerkt
der Katalog, dafs nach Ansicht eines Sachver-
 
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