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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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7. Heft
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Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0217

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194

W. GOHLKE, DAS GESCHÜTZWESEN DES ALTERTUMS UND DES MITTELALTERS V. BAND

oft nimmt das Geschütz den Namen seines Ge-
schosses oder eines seiner Bestandteile an. Völker,
denen die Geschütze von anderen Völkern über-
kommen, machen die Namen für ihre Zunge zu-
recht oder suchen Benennungen dafür aus ihrem
Sprachschatz. Chronisten, Dichter, Schriftsteller,
aufserhalb des Kreises der Sachverständigen
stehend, verallgemeinern die unterscheidenden
Begriffe; schrieben sie, wie dies im Mittelalter
Sitte, in lateinischer Sprache, so setzten sie für
die landesüblichen Ausdrücke römische Waffen-
bezeichnungen ein, die ihnen am passendsten er-
schienen. Dem einzelnen Geschütz wurden wohl
auch, wie dies noch heute in einzelnen Staaten
geschieht, Eigennamen, besonders von Tieren,
Personen usw. beigelegt, der Soldatenwitz hatte
für sie Spott- oder Kosenamen, die wiederum von
Unkundigen verallgemeinert wurden. Durch diese
Ursachen entstand in der Namenlegung eine so
heillose Verwirrung, dafs daran alle Bemühungen,
feste Begriffe aufzustellen, scheitern mufsten.
Gleichwohl waren einige neuere Schriftsteller
bestrebt, nach Möglichkeit Ordnung in dies Chaos
zu bringen. In der Anlage ist eine Übersicht ihrer
Arbeiten zusammengestellt. Wie daraus ersicht-
lich, laufen die Ansichten noch oft auseinander.
I. Torsionsgeschütze.
Es waren entweder Flachbahngeschütze, die
das Geschofs wie die Kanonen der Pulvergeschütze
in einem flachen Bogen, oder Steilbahngeschütze,
die das Geschofs im hohen Bogen, also mit grofser
Erhöhung und gröfseren Fall winkeln, wie die
Mörser der Pulvergeschütze, forttrieben.
I. Die zweiarmigen Flachbahngeschütze.
(Fig. i, ia, ib bis 3 a.)
Das Euthytonon der Griechen bestand aus
einem hölzernen Rahmen, der durch zwei Quer-
wände in drei Abteile geteilt war; in den beiden


äufseren waren die Spannerven eingezogen. Diese
wurden aus den Nacken- und Sprunggelenksehnen
der Stiere, Hirsche un d anderer Tiere (mit Ausnahme

der Schweine) gefertigt. Ursprünglich wurden
sie einfach um die oberen und unteren Rahmstücke,
später um Querbolzen (Spannbolzen) geschlungen,
die über und unter den Löchern der Rahmstücke
safsen; in besserer Ausführung wurden die Löcher


Zeughaus Berlin — nach Schramm.
mit metallenen Spannbuchsen ausgefüttert. Diese
gestatteten ein geringes Nachspannen. In höchster
Vollendung wurde der Umfang der Buchse als
Stirnrad eingeschnitten, in dessen Zähne die Zähne
eines kleineren Steinrades eingriffen. Die Achse


Fig. 1 b. Euthytonon.
W. Rivius: Vitruvius, Zehn Bücher von der Architectur ect.
Basel 1548.
desselben bildete einen vierkantigen Spannzapfen,
der mit einem Schraubenschlüssel gedreht, ein
bequemeres Nachspannen der Spannerven ermög-
lichte (Fig. 2). Ein beweglicher Zahn (Sperrklinke)
griff in die Zähne des kleinen Rades und ver-


hinderte ein Zurückdrehen derselben. In die Mitte
der Sehnenstränge waren die hölzernen Spann arme
eingezwängt; sie waren am äufseren Ende durch
die Bogensehnen verbunden. Die Arme erreichten
bei den schweren Geschützen die Länge von einem
 
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