Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:
Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0219

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
196

W. GOHLKE, DAS GESCHÜTZWESEN DES ALTERTUMS UND DES MITTELALTERS V. BAND

Der Preis eines Feldgeschützes nach Art
der Euthytona betrug zu Phiions Zeiten (etwa
150 v. Chr.) 480 Drachmen (etwa 384 Mark); es
liefse sich heute für etwa 96 Mark herstellen.
Der hohe damalige Preis liegt in den viel teueren
Metallpreisen jener Zeit.
Bei den Römern hiefsen die auf Räder ge-
stellten Flachbahngeschütze Karroballisten. Sie
‘ waren mit Maultieren bespannt und erforderten
elf Mann Bedienung.
ln Valturius de re militare, 1482, ist ein
Torsionsgeschütz gezeichnet, dessen Aussehen
mittelalterlichen Ursprung verrät. Es fehlen an
ihm besonders die antiken Einrichtungen zum
Spannen der Bogensehne; diese sind durch Vor-
richtungen ersetzt, wie sie an den mittelalterlichen
gröfseren Armbrüsten Vorkommen, die als so-
genannte Schraubenspanner bekannt sind. (vgl.
Fig. 13, 15, 16 dieser Studie.)
Durch die Mitte einer kastenförmigen Lade
geht eine Schraubenspindel und ruht in einem Lager
der hinteren Schmalwand. Das vordere Ende der-
selben hat einen beweglichen Kopf (Fig. 3 a) mit

LIBER X


R. VALTVRIVfi.
Verona.M-cccc Uxxii.
(um)-
Fig. 3 a.
einer Rast für die Sehne. Eine Flügelmutter,
die sich gegen die hintere Fläche der Hinterwand
lehnt, zieht bei Drehung die Schraube und die
in die Rast gehängte Sehne zurück; beim Nach-
lassen der Mutter durch Zurückdrehen zieht die
zurückschnellende Sehne den beweglichen Kopf
nach vorn, löst sich aus der Rast und bewirkt
das Fortschnellen des Pfeils. Die Spannungskräfte
werden hierbei durch Torsion von Nervenbündeln
bewirkt, die über Stege der durchbrochenen Seiten-
wände aufgezogen sind. Die Drehhebel sind aber
bei diesem Geschütz von innen nach aufsen in
die Nervenstränge gezwängt. Die Bewegung der-
selben ist daher sehr beschränkt und Flugweite

und Durchschlagskraft des Pfeiles nicht so grofs
wie bei den antiken Geschützen dieser Art. Die
Lade ruht in der Zeichnung auf einem Turm, rechts
von ihm sind die Einzelheiten der Schraubenvor-
richtung gezeichnet.
Die Lade erinnert stark an die Laden der
Ballisten im Anonymus. (Fig. 22 und 23 dieser
Studie.)
II. Die zweiarmigen Steilbahngeschütze.
(Fig. 4 bis 5 a.)
Das Palintonon der Griechen (Fig. 4) ist in
seinem Spannkasten, seiner Pfeilbahn und seinem
Läufer wie das Flachbahngeschütz dieser Zeit auf-
gebaut. Da es seine Geschosse unter einem Bogen
von 40 Grad abschofs, so liefs man hier die beweg-
liche Hinterstrebe, auf die sich die Pfeilbahn bei den
Flachbahngeschützen stützte, fort, um den Spann-
kasten und dasVordergestell nicht aufserordentlich
erhöhenzumüssen.Manstützte deshalb den Schwanz
der Läuferbahn unmittelbar auf den Boden. Für
die Llorizontalstellung beim Laden diente eine
kurze Stütze, die mittelst Gelenk an der festen
Strebe des Untergestells angebracht war.


Zeughaus Berlin — nach Schramm.
Das Untergestell ist natürlich kräftiger und
standhafter hergestellt als das des Euthytonons.
Sollte das Geschütz Steine schiefsen, so war die
Sehne ebenfalls gürtelartig geflochten (Fig. 5) und


hatte in der Mitte einenRing, in welchen der Haken
des Schlosses eingreifen konnte. Dieses glich im
allgemeinen dem des Flachbahngeschützes (Fig. 5 a).
Als Geschofs diente im allgemeinen der Stein
oder die Steinkugel, doch auch schwere Bleikugeln
und zugespitzte, mit eiserner Spitze versehene
Holzbalken. Das Geschofs konnte beim Steilbahn-
geschütz nur durch sein Gewicht wirken; der
Durchmesser der Spannerven ist daher gröfser
als beim Flachbahngeschütz. Man legte das Ge-
 
Annotationen