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Nr. 4.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
mäldegalerie ist eben erschienen. Karl Mad-
sen hat ihn verfaßt und unter dem Titel
„Fortegneise overdenkongelige Maler i-
samlings billeder af aeldre malere“ in
Kopenhagen im „Gyldendalske Boghandel.
Nordisk Forlag“ erscheinen lassen (8", 176 S.).
Der neue Katalog ist illustriert und gibt Nach-
bildungen der Signaturen. In den meisten
Fällen wird man den Madsenschen Be-
nennungen zustimmen können. Sind sie doch
gewöhnlich durch genau geprüfte Signaturen
oder durch gewissenhafte Stilvergleichung
gefestigt. Wenn ich für einige wenige Num-
mern andere Malernamen vorschlage, so kann
das dem Wert des gar erfreulichen Madsen-
schen Kataloges keinen Abbruch tun. Ob
Nr. 17 schon auf Gerolamo da Santa Croce
geprüft worden ist? Jetzt heißt das Bild
Jacopo Bassano. Nr. 19, eine Innenarchitektur
im etwas bunten Stil der Francken paßt
mir nicht zu dem stimmungsvolleren Van
Bassen, dem es gegeben wird. Dem Hans
Bol wird Nr. 46, ein Prospekt von Ant-
werpen zugeschrieben. Müßte nach Bois
Lebensgang um 1580 entstanden sein. Gegen
diese Zeit sprechen entschieden die Kostüme,
die auf die Zeit um 1640 hinweisen. Auch
stimmt das Bild in Kopenhagen im Stil nicht
zur Antwerpener Ansicht von Hans Bol, die
im Brüsseler Museum (als Nr. 184 B) ausge-
stellt ist, wogegen das Gemälde in Brüssel
ganz gut mit vielen sicheren Arbeiten des
Hans Bol zusammenzureimen ist. Dem Hans
Bol im Besitz der Berliner Galerie wollen
sich weder das Bildchen in Kopenhagen, noch
das in Brüssel nähern lassen. Es ist nämlich
dem Bol zwar zugeschrieben gewesen, dürfte
aber von Jacob Savery dem Jüngeren gemalt
sein.’1') Die naheliegenden Vergleichungsbilder
versagen also alle. Aber eine andere Ver-
gleichung, die ich in Kopenhagen auch münd-
lich angeregt habe, hält stand, es ist die mit
Peeter Gysels, und ich meine, daß man
eine verhältnismäßig frühe Arbeit dieses
Antwerpener Malers vor sich hat. Oder tritt
uns hier der sonst ganz unbekannte Lehrer
des Gysels Jan Boots entgegen? Nr. 63 ist
ein trefflicher alter Niederländer, wie es
scheint als Petrus Christus richtig benannt.
Die rechte Hälfte des Bildes ist völlig deckend
im XVII. Jahrhundert übermalt worden mit
einer heiligen Familie. Ziemlich bestimmt
behaupte ich, daß Peeter van Avont der
Frevler war, der den älteren Meister ver-
schlimmbessert hat. Beim Bartolomeus van *)
*) Hierzu Frimmel „Kleine Galeriestudien“,
Neue Folge, 2. Lieferung, S. 44 f. und „Geschichte der
Wiener Gemäldesammlungen41, I, S. 507. Zum jüngeren
Savery vgl.: „Oud Holland44, IV, S. 75f. den Katalog
der Galerie in Mauritshuis. Granberg Coli. pr. d. 1.
Suede, S. 282.
der Heist Nr. 135 hat mich die Signatur in
ihrer Echtheit nicht überzeugt. Sie ist zwar
gewiß nicht modern, muß aber damit noch
nicht die echte Handschrift des Van der Heist
sein. Der signierte G. Mostaert geht in der
Komposition auf den als Michelangelo-Erfin-
dung gestochenen Christus am Kreuz zurück.
Nr. 235 steht dem „Meister von Utrecht“ (Le-
prieurs „Maitre de l’adoration des rois mages“)
sehr nahe. Nr. 239, eine heilige Familie, dürfte
von Vincent Sellaer sein, das Bildnis
Nr. 240 von Cornelis Vischer. C. Schut
und Daniel Seghers haben mich nicht über-
zeugt. Die Signatur des Seghers schien mir
eine alte Fälschung und das Bild ein Werk
des Van der Baren.
Bei den übrigen Bildern, es sind noch
weit über 300, wüßte ich jetzt keine begrün-
deten Zweifel an den Benennungen vorzu-
bringen. Madsens Katalog wird hoffentlich
die verdiente Anerkennung bei Laien und
Kunstgelehrten finden.
Paris. Im Laufe des Mai ist der um-
fangreiche illustrierte Katalog für die Aus-
stellung altfranzösischer Kunst er-
schienen: „Les primitifs fran^ais, exposees au
Pavillon de Marsan et a la Bibliotheque Na-
tionale.“ Die Ausstellung erweckt das lebhafte
Interesse von Sammlern und Gelehrten. Einige
Berichte wurden in der vorigen Nummer
(S. 53) angeführt. Ich füge hinzu: L. Dimiers
Mitteilungen in der „Chronique des arts et de
la curiosite“ vom 14 , 21., 28. Mai und vom
4. und 18. Juni. Der Katalog verzeichnet 236
Nummern mit Galeriebildern, 21 Emailmale-
reien, 29 Tapisserien, darunter die mit den
apokalyptischen Darstellungen aus der Kathe-
drale von Angers (Pariser Arbeit gegen 1380),
zahlreiche Skulpturen und 242 Bilderhand-
Schriften.
Wien. Gemäldesammlung in der Aka-
demie der bildenden Künste. Seit dem
Erscheinen der zweiten Auflage des amtlichen
Kataloges und seit meiner Besprechung der
akademischen Galerie (in der „Geschichte der
Wiener Gemäldesammlungen“, IV. Kapitel) ist
mancher kleine Fund zu verzeichnen, manche
bedeutende Verschiebung zu melden. Es freut
mich, mitteilen zu können, daß sich eine
meiner stilkritisch gewonnenen Bestimmungen
durch ein nachträglich entdecktes Monogramm
bestätigt findet. Herr kaiserl. Rat Ed. Gerisch
fand auf dem Bilde, das ich als Werk des
Vinckboons angesprochen hatte, bei Gelegen-
heit einer Reinigung links gegen unten im
Falz das echte Monogramm dieses Vinckboons
D v B (verbunden in hellen Zügen) und dar-
unter die Jahreszahl 1610. Eine Signatur hat
Nr. 4.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
mäldegalerie ist eben erschienen. Karl Mad-
sen hat ihn verfaßt und unter dem Titel
„Fortegneise overdenkongelige Maler i-
samlings billeder af aeldre malere“ in
Kopenhagen im „Gyldendalske Boghandel.
Nordisk Forlag“ erscheinen lassen (8", 176 S.).
Der neue Katalog ist illustriert und gibt Nach-
bildungen der Signaturen. In den meisten
Fällen wird man den Madsenschen Be-
nennungen zustimmen können. Sind sie doch
gewöhnlich durch genau geprüfte Signaturen
oder durch gewissenhafte Stilvergleichung
gefestigt. Wenn ich für einige wenige Num-
mern andere Malernamen vorschlage, so kann
das dem Wert des gar erfreulichen Madsen-
schen Kataloges keinen Abbruch tun. Ob
Nr. 17 schon auf Gerolamo da Santa Croce
geprüft worden ist? Jetzt heißt das Bild
Jacopo Bassano. Nr. 19, eine Innenarchitektur
im etwas bunten Stil der Francken paßt
mir nicht zu dem stimmungsvolleren Van
Bassen, dem es gegeben wird. Dem Hans
Bol wird Nr. 46, ein Prospekt von Ant-
werpen zugeschrieben. Müßte nach Bois
Lebensgang um 1580 entstanden sein. Gegen
diese Zeit sprechen entschieden die Kostüme,
die auf die Zeit um 1640 hinweisen. Auch
stimmt das Bild in Kopenhagen im Stil nicht
zur Antwerpener Ansicht von Hans Bol, die
im Brüsseler Museum (als Nr. 184 B) ausge-
stellt ist, wogegen das Gemälde in Brüssel
ganz gut mit vielen sicheren Arbeiten des
Hans Bol zusammenzureimen ist. Dem Hans
Bol im Besitz der Berliner Galerie wollen
sich weder das Bildchen in Kopenhagen, noch
das in Brüssel nähern lassen. Es ist nämlich
dem Bol zwar zugeschrieben gewesen, dürfte
aber von Jacob Savery dem Jüngeren gemalt
sein.’1') Die naheliegenden Vergleichungsbilder
versagen also alle. Aber eine andere Ver-
gleichung, die ich in Kopenhagen auch münd-
lich angeregt habe, hält stand, es ist die mit
Peeter Gysels, und ich meine, daß man
eine verhältnismäßig frühe Arbeit dieses
Antwerpener Malers vor sich hat. Oder tritt
uns hier der sonst ganz unbekannte Lehrer
des Gysels Jan Boots entgegen? Nr. 63 ist
ein trefflicher alter Niederländer, wie es
scheint als Petrus Christus richtig benannt.
Die rechte Hälfte des Bildes ist völlig deckend
im XVII. Jahrhundert übermalt worden mit
einer heiligen Familie. Ziemlich bestimmt
behaupte ich, daß Peeter van Avont der
Frevler war, der den älteren Meister ver-
schlimmbessert hat. Beim Bartolomeus van *)
*) Hierzu Frimmel „Kleine Galeriestudien“,
Neue Folge, 2. Lieferung, S. 44 f. und „Geschichte der
Wiener Gemäldesammlungen41, I, S. 507. Zum jüngeren
Savery vgl.: „Oud Holland44, IV, S. 75f. den Katalog
der Galerie in Mauritshuis. Granberg Coli. pr. d. 1.
Suede, S. 282.
der Heist Nr. 135 hat mich die Signatur in
ihrer Echtheit nicht überzeugt. Sie ist zwar
gewiß nicht modern, muß aber damit noch
nicht die echte Handschrift des Van der Heist
sein. Der signierte G. Mostaert geht in der
Komposition auf den als Michelangelo-Erfin-
dung gestochenen Christus am Kreuz zurück.
Nr. 235 steht dem „Meister von Utrecht“ (Le-
prieurs „Maitre de l’adoration des rois mages“)
sehr nahe. Nr. 239, eine heilige Familie, dürfte
von Vincent Sellaer sein, das Bildnis
Nr. 240 von Cornelis Vischer. C. Schut
und Daniel Seghers haben mich nicht über-
zeugt. Die Signatur des Seghers schien mir
eine alte Fälschung und das Bild ein Werk
des Van der Baren.
Bei den übrigen Bildern, es sind noch
weit über 300, wüßte ich jetzt keine begrün-
deten Zweifel an den Benennungen vorzu-
bringen. Madsens Katalog wird hoffentlich
die verdiente Anerkennung bei Laien und
Kunstgelehrten finden.
Paris. Im Laufe des Mai ist der um-
fangreiche illustrierte Katalog für die Aus-
stellung altfranzösischer Kunst er-
schienen: „Les primitifs fran^ais, exposees au
Pavillon de Marsan et a la Bibliotheque Na-
tionale.“ Die Ausstellung erweckt das lebhafte
Interesse von Sammlern und Gelehrten. Einige
Berichte wurden in der vorigen Nummer
(S. 53) angeführt. Ich füge hinzu: L. Dimiers
Mitteilungen in der „Chronique des arts et de
la curiosite“ vom 14 , 21., 28. Mai und vom
4. und 18. Juni. Der Katalog verzeichnet 236
Nummern mit Galeriebildern, 21 Emailmale-
reien, 29 Tapisserien, darunter die mit den
apokalyptischen Darstellungen aus der Kathe-
drale von Angers (Pariser Arbeit gegen 1380),
zahlreiche Skulpturen und 242 Bilderhand-
Schriften.
Wien. Gemäldesammlung in der Aka-
demie der bildenden Künste. Seit dem
Erscheinen der zweiten Auflage des amtlichen
Kataloges und seit meiner Besprechung der
akademischen Galerie (in der „Geschichte der
Wiener Gemäldesammlungen“, IV. Kapitel) ist
mancher kleine Fund zu verzeichnen, manche
bedeutende Verschiebung zu melden. Es freut
mich, mitteilen zu können, daß sich eine
meiner stilkritisch gewonnenen Bestimmungen
durch ein nachträglich entdecktes Monogramm
bestätigt findet. Herr kaiserl. Rat Ed. Gerisch
fand auf dem Bilde, das ich als Werk des
Vinckboons angesprochen hatte, bei Gelegen-
heit einer Reinigung links gegen unten im
Falz das echte Monogramm dieses Vinckboons
D v B (verbunden in hellen Zügen) und dar-
unter die Jahreszahl 1610. Eine Signatur hat