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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 1): Mitteldeutschland — Berlin, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.11052#0053

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Banz

- 36 —

Banz

Benediktiner-Klst. (jetzt Schloß). Die Kirche 1710—18 wahr-
scheinlich von Joh. Dienizenhofer. — Das typische Schema der
Barockkirche — Langschiff mit Seitenkapellen und Emporen und
eingezogenem Chor — ist nur im allgemeinsten beibehalten, in der
Einzelausbildung unterliegt sie einer Umbildung, die an die ex-
tremsten italienischen Barockmeister, wie Borromini und Guarini,
sie überbietend, erinnert. Die gerade Linie ist im Grundriß völlig
aufgegeben. Die große Pfeilermasse, die das Sch. in zwei Quer-
räume zerlegt, setzt sich aus den Segmenten größerer und kleinerer
Ellipsen, die im Grundriß der Gewölbegurten wieder aufgenommen
werden, zusammen. Wieder andere Ellipsen bestimmen den Gr.
der je 2 Seitenkap. und der über diesen angelegten Emporen.
Für das Auge unmittelbar faßbar ist der geometrische Einteilungs-
grund nicht und soll es auch nicht sein. Nur um Einheit im
malerischen Sinne handelt es sich und auch nur für einen einzigen
Standpunkt, beim Eintritt in die Kirche, ordnen sich die Linien
vollkommen zu dem erstrebten Bilde; hier aber ist es in hohem
Grade harmonisch und großartig, in der Wirkung noch erhöht durch
die raffinierte Kunst der Lichtführung. Es bleiben nämlich dem
Beschauer die Fensteröffnungen, immer den genannten maßgebenden
Standpunkt vorausgesetzt, unsichtbar, vergleichbar den Lampen
einer Theaterdekoration, an die man überhaupt durch die ganze
Anlage erinnert wird. Zum Schluß trennt eine durchsichtige
Säulenstellung den Altarraum von dem darunterliegenden langge-
streckten Mönchschor; der geheimnisvolle Durchblick ist wieder
ein ganz malerischer und als solcher vorzüglich durchgeführter
Gedanke. Alles eigentliche Detail ist aber gleichgültig, ja roh
behandelt und kommt auch neben den starken Effekten der ganz
in Gold gesetzten Altäre und farbenkräftigen Deckenfresken kaum
in Betracht. — Die Außenarchitektur kann an den, zum Glück
wenig sichtbaren, Langseiten nur abstoßend heißen; sie hat die
Kosten der oben gerühmten Innenbeleuchtung zu zahlen; recht
tüchtig dagegen die zweitürmige Fassade, zumal in der Fern-
wirkung.

Klostergebäude. Zum Teil älter als die K, zum Teil jünger. Der
kolossale, 27 Achsen in der Front und mehrere Lichthöfe um-
fassende Hauptbau, 1698—1704 von Joh. Dientzenhojers älterem
Bruder Leonhard, liegt auf der hohen Seite des stark abfallenden
Hofgeländes; die Verwaltungs- und Wirtschaftsräume nehmen die
3 anderen tiefer liegenden Flügel ein; diese ausgeführt 1752 ff. nach
Entwurf von Balth. Neumann. Die Kunstformen durchweg ein-
fach; das gediegene Quadermaterial und die glückliche Ausnutzung
der Terrainbewegung wirken doch zu einem bedeutenden Gesamt-
eindruck zusammen.
 
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