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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 1): Mitteldeutschland — Berlin, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.11052#0118

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Frei

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Frei

wie durch die Energie der (im ganzen an die OTeile des Naum-
burger Doms erinnernden) Formensprache von nachdrücklicher
Wirkung. Die Hauptapsis in zierlicher Gotik erneuert; das Netz-
gwb. erstreckt sich in den alten rom. Vorderchor; die Kreuzarme
flachgedeckt. Erhalten hat sich eine der kleinen rom. Neben-
apsiden, in der Außenarcht. besonders wuchtig und gedrungen.
Niedriger 4 seitiger Zentral-T. mit (rheinischem) Rhombendach
zwischen den 4 Giebeln. Ein charakteristisches Formelement die
rautenförmigen Öffnungen in den Turm- und Querschiffgiebeln,
im Kleinen wiederkehrend in den Bogenfeldern der gekuppelten
Fenster. Das Lhs. got. Hlk. unter Bewahrung der rom. Joch-
teilung; an der Umfassungsmauer noch der rom. Sockel beibehal-
ten und der rom. Bogenfries des MSch. wiederverwendet. Ganz
rom. die über die Fluchten des Lhs. seitlich vortretenden WTürme,
fast genaue Wiederholungen des Naumburger OPaares in ihrer
usp. Gestalt; sie dürfen unter die vornehmsten Architekturbilder,
die Thüringen zu bieten hat, gerechnet werden. Im Einzelnen
bemerke man, daß vom ST. die Fenster des ersten Fenstergeschosses
frgot. sind (nach dem Muster des Naumbg. WBaus, also nicht vor
1250), um dann wieder zum rom. Schema zurückzukehren. Zwischen
den Türmen springt jetzt ein einfach gehaltenes got. Paradies vor,
nach 3 Seiten offen. — Im SKreuz jetzt ein vermauert vorgefun-
denes rom. Tympanon, Maria zwischen 2 rauchfaßschwingenden
Engeln, roh in der Ausführung, aber für die Stilbewegung lehr-
reich. Im QSch. gut erhaltener spgot. Schnitzaltar. Im Altarhaus
bmkw. Tafel mit h. Sippe. Ren.Taufstein mit Puttenfries. Epit.
1536, 1557, 1570, 1607, 1616.

Schloß. Einst die stärkste und nächst der Wartburg wohl glän-
zendste Feste Thüringens, jetzt im Gesamteindruck nüchtern, fast
kasernenmäßig; schon Kurfürst August 1552 und die Herzöge von
Sachs. Weissenfeis 1666—1746 haben diese Wandlung herbeigeführt.
Erhalten hat sich eine Doppelkapelle, die zum besten und be-
zeichnendsten gehört, was uns von der höfischen Kunst der Hohen-
staufenzeit geblieben ist. Erb. unter Landgraf Ludwig (1217—27).
Die beiden Geschosse — das untere für das Gesinde, das obere
für die Herrschaft — durch (eine (1856 in historisch unmöglicher
Form erneuerte) Balkendecke mit kleiner (viel kleinerer als heute)
vergitterter Öffnung gesondert. Nur der kleinere östliche Teil der
Unterkapelle gewölbt; seine Bestimmung durch das alte Tauf-
becken gegeben. Die Oberkapelle in leichten freien Verhältnissen,
4 busige Kreuzrippengwb. auf degagierten Wandsll. und einer aus
4 schlanken Schäften zusammengesetzten Mittelstütze; die Quer-
gurte in Zackenbgg. aufgelöst (morgenländische Reminiscenz?), das.
Blatt und Rankenwerk der Kapitelle und Deckplatten, mit tierischen
 
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