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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0394

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rnontamsnms, nicht einmal in den Mitteln,
womit er kämpft, selbstständig und originell zu
sein. Er zeigt sich auch hier von HauS aus
so geisteSschwach und unkräftig, daß er eigent-
lich nichts crfindet, sondern nur nachahutt und
nachmacht, was ihm von außen her beigebracht
wird, oder wozu er in Rom einen Vorgang
und ein Beispiel erblickt. (so läßt ihn offenbar
die ncueste Allocution des Papstes, und. der
in's Blaue hinein geschleuderte Bannfluch des
Vaticans nicht ruhen; er will sich zu cinem
ahnlichen Luftstreich ermannen. Wie nenlich
alle Menschenkinder, die Freimaurer heißen,
weß' Standes und welcher Nation sie seien,
mit dem Bannfluch belegt wörden sind, so soll
nun ein ahnlicher Gewaltstrcich gegen Alle,
welche direct oder indirect mit unserer Schul-
reform zu thun haben und an ihr sich bethei-
ligen, in Scene gesetzt werden. Bekanntlich hat
man schon in den 1850er Jahre Massenexcom-
mimicationen verhängt über die Mitglieder
großherzoglicher Behörden, weil sie ihre Schul-
digkeit gegen Fürst und Land thaten, wie über-
haupt gegen Allc, welche sich nicht als Werk-
zcuge deS ultramontanen Absolutismus in der
Kirche hergeben wollten. AehnlichcS soll nun,
wie man berichtet, gegeN alle Katholiken, die
eine Stelle in den Schulbehörden, Schulräthen
u. s. w. begleiten, in's Werk gesetzt werden.
Wir gestehen offen, daß wir ein solches Vor-
gehen ganz consequent finden, und schon deß-
halb nicht tadeln wollcn. Im Gegentheil, wir
sehen es geine, wenn dcr jesuitische Ultramon-
tanismuS seine letzte Kärte ausspielt, überhaupt
offen mit allen seinen Künstcn heraustritt.
Wir glauben, daß ein solches Verfahren weit
mehr zur vollen Klärung der Dinge beiträgt
als alles Versteckspielen. Nur dadurch können
Allen, die noch gesunden SinncS sind, die
Augen aufgehen, um sonnenklar einzusehen,
daß eS keine verderblichere Feinde des kirchlich-
religiösen Lebens gibt, als dic jetzigen Leiter
und Führer deS ultramontanen SyftemS, und
daß dieses überhaupt der Krebsschaden in der
katholischen Kirche ist, den auszuschneidcn.eine
heilige Pflicht Aller ist, die es noch mit ihrer
Kirche ehrlich meinen.

Aus Baden, 10. Octbr. Wie man
auch übcr das AuSscheiden des Hrn. v. Rog-
genbach aus dem Ministerium denken mag,
Thatsache bleibt es immerhin, daß die Wirk-
samkeit dieses hochgebildeten Staatsmännes von
den wohlthätigsten Folgen für das Großherzog-
thum gewesen ist, und daß seiner Thätigkeit ein
«großer Theil der Resultate zugeschrieben werden
muß, welche durch die neue Geschgebung und
die schöpferischen Erfolge der neueN Aera über-
haupt züm Vorschein tzekommen sind. Fort-
während wird versichert, daß durch sein Aus-
scheiden keine Aenderung im liberalen PriNcipe
des jetzigen Negierungssystems hervorgebracht
werden soll. Wir sind zwar überzeugt, daß
diese Zusagen erfüllt werden und daß die Ge-
rüchte vom Austritte auch des Ministerialchefs
des Jnnern völlig grundlos sind; doch ist im-
merhin zu bedenken, daß schön durch den Äus-
tritt des Hrn. v. Roggenbach, der ein Haupt-
schöpfer der neuen Aera war, der Bestand des

und den Umfang der Gestalt bemerken konnte. Es
war eine Person von der Größe und der Statur
deS Angeklagten.

Als ReLner dann vorwarts auf der Straße
gcgen Unterscheidenthak zufuhr, ging die Person
auS dem Ehauffeegrahen, wo fie gestanden war,
heraus und dem Munch und Knapp nach.

Die Anklage hehauptet nun, daß diefer Bursche
August Banschbach war, welcher an dieser Stelle
daS Herbeikommen des Münch und Knapp abge-
paßt hatte.

Jn Wagcnschwend trennte fichRathschreiber Knapp
von seinem Begleiter, invem er den nach Sattel-
bach fübrenden Weg einschlug, während Münch
gegen Weisbach zu tveiter ging.

Um 12^/4 oder 1 Uhr hörte die Ehefrau des
Eduard Schmitt in Wagenschwend, dkren Haus
an der Straße nach Weisbach gelegen ist, an ihrem
Fenster klopfen Als sie zum Fenfter hinausschaute,
sah fie den Georg Münch, welcher thr von dem
Gutskaüf Mittheilung machte. Einige Zeit daraüf
sahen Adam Bechtold von Robern und Adam

Mlnisteriums wesentlich geandert wird, und
daß weitere Eventualitäten, wenn auch unwahr-
scheinlich, doch nicht unmöglich sind. — Es
wäre unter diesen Umständen eine selbststan-
digere Mitwistung der Bevölkerung in allen
Politischen Dingen, die unser eigenes Vaterland
näher berühren, gewiß sehr am Platze. Auch
dic neue Schrift deS Avgeordneten v. Feder
(die wir neulich eingehend besprochen haben)
hat den Wunsch ausgesprochen, daß die NLik-
wirkung der Bevölkcrung fortan eine größere
sein, und nichl Alles von oben herab geschehen
möge.

Aus Baden, l0. Okt. Es finden gegen-
wärtig an verschiedenen Orten unseres Landcs
die Ergänzungswahlen für die zweite Kammer
statt. Diese Wahlbewegung geht fast überall
mit größter Ruhe vor und bildet dadurch einen
sprechenden Gegensatz zu den Umtrieben und
Agitationen bei den Kreiswahlen am 4. Sept.
Der Grund zu dieser äuffallenden Erscheinung
ift wohl in der ganz veränderten Haltung der
klerikalen Partei zu suchen, deren außerovdent-
liche Anftrengungen und tumültuarischer An-
lauf durch den endgültigen Erfölg der Septem-
berwahlen wcnig belohnt wurden. Die Partei
scheint demnach vorcrst selbft keine Höffnung
mehr zu hegen, auf dem politischen Gebiete
und aus der Arena des Wahlkampfes Fortschritle
machen zu können. Um sich hier keine weiteren
Blößcn zu geben, und selbst ihre numerische
Schwäche nicht an's Licht zu stellen, zieht sie
es vor, sich zurück zu ziehen, um, wie es heißt,
mit kirchlichen Mittcln den Kampf gegen die
staatliche Ordnung von Neuem aufzunehmen.
ünd wie sie hofft, mit besserem Erfolg fortzu-
setzen. Man erzählt sich von so abenteuerlichen
Dingen, die in Freiburg vorbereiret wüvden,
daß es wohl besser sein wird, erst ihre Ver-
wirklichung abzuwarten, ehe wir näher auf sie
eingehen^ Maffenexkommunikattonen, wie die
neueste päpstliche Allokution gegen dic Vereine
der Freimaurer aller Länder geschlcudert hat,
würden bei uns vollends ganz wikkungslos sein.

(Schw. M.)

Aus Mittelbaden, 10. Okt. schreibt das
Fr. I.: Endlich entschließl man sich, vas prote-
stantische Schullehrcrseminar einer anderen Lei-
tung als der des hochbetagteh Profefsors Stern,
der, tlvtz mancher Verdienste um unser Schul-
weseu, längft nicht mehr die nöthige. Frische
besaß, anzuvertrau^n. Man bezeichnet den
Kreisschulrath Alt für diese Slellc, fpricht aber
auch noch. von Attderen. Ob auch in der
Leitung der beiden katholischen Seminarien
eine wohl nicht unnöthige Aenderung eintreten
wird, steht noch dühin. Jedenfalls iväre es
wünschenswerth.

München, 10. Okt. Die „Bayer. Z."
schreibt: Gegenüber den in hiesiger Haupstüdt
vielfach verbrciteten übertriebenen Gerüchten
über die Zahl der beim vorgestrigen Straßen-
tumult Verwundeten können wir aus bester
Quelle mittheilen, daß im Ganzen fünf Ver-
wundungen amtlich zur Kenntniß gekommen
sind. Vier der Verwundeten sind durch ihre
Wunden jeder nicht über fünf Tage arbeitS-
unfähig; der Fünste unterliegt dermalen noch

dcr Einwirkung, welche ein seiner Verwundung
vorangegangener, sehr starker Genuß alkoholi-
scher Getränke auf die Wunde nothwendig üben
muß.

Berlin, 9. Okt. Die Neugestaltung der
Artillerie wird jetzt nahezu vollendet sein. Die
letztere verfügt jetztz. über 135 Batterieen, uäm-
lich 108 Fuß- und 27 reitende Batterieen. Die«
ist die Stärke auf dem Friedensfuße ünd ergibt
540 bespannte Geschütze. Bei eintretender
Marschbereitschast wird die Zahl noch ansehn-
lich erhöht.

Berlin, 10. Oct. Friedrich Harkort, Mit-
glied des Abgeordnetenhauscs, veröffentlicht in
der „Rhein. Ztg." solgenden kernigen Protest:
„Die Erklärungeu der Herren Twesten, Momm-
sen und Kerst nöthigen zum Reden, damit
Schweigen nicht als Zustiinmung gedeutet
werde! Jch war nicht in Gotha, bin kein Mit-
glied des Nationalvereius und der Fortschritts-
partei und stche außer Beziehung zum 36er-
Ausschusse. Die Frankfurter Versammlung be-
suchte ich nicht, um den nächsten Bsschlüffen
der preußischen Volksvertretung nicht vorzu-
greifen; ich erwarte, daß das Haus sich treu
bleibt. Die politischen Wandlungen der ge-
nannten Herren, welche die Kluft zwischen Bun-
deSstaat und Annexiou so leicht überspringen,
zu beurtheilen, überlasse ich dem Nichterstuhle
der deutschen öffentlichen Meinung. Auch ich
halte die Machtstellüng meineS näheren Vater-
landes so hoch, wie die Herren Twesten und
Geüosseü, allein höher das Recht. Kant sprach
die scharfen Worte aus: „Wehe Dem, dcr eine
andere Politik anerkeünt, als diejenige, welche
die Nechtsgesetze heilig hält." Dem pflichte ich
bei. Wer das Selbstbestimmungsrecht Anderer
nicht achtet, untergräbt die eigenc Freiheit. Nie
werde ich der staatenverderblichen Lehre hüldi-
gcn, daß Macht über Recht gehe, und sichcrlich
nicht dem Manne, der in frivoler Weise die-
selbe auSsprach. Der Wahlspruch Wellesley's:
„Die höchste Rechtlichkeit ist die höchste Klug-
heit", scheint den Staatsmännern abhandcn ge-
kömnien zu sein! Die Bohnschreiber MahNe ich
an vie frühere Einverleibung Hannovers und
dic schweren Folgen; Frankreich gibt, um dop-
pelt mehr zu nehmen. Die Tage von Lcipzig
und Belle-Alliance stehen noch im Schuldbuche,
nachdem mit Oesterreich und Rußland bereits
abgerechnet ist! Cäsar vergißt nicht und ver-
steht zu warten!"

Hamburg, 9. Oct. Statthalter General
v. Gablenz hat die ihm vorgeschlagene Maß-
regelüng der holsteinischen Vercine abgelehnt.

Oesterveicbische Monarchie.

Krakau, 2. Okt. „Schon gestern ver-
breitöte sich die Kunde von einer Amnestie, die
mehrercn unserer Landsleutc, welche wegen po-
litischer Verbrechen in Ollmütz ihre Strafe
abbüßen, zu Theil gcworden sein sollte. Heute
Vormittag brachte nun der Wiener Eisenbahn-
zug wirklich acht jener Verurtheilten, detten die
kaiserliche Gnade telcgraphiich aus Wien mit-
getheilt wurde. Man versichert, daß weitere
Begnadigungen nachfolgen follen. Die bis
jetzt Amnestirten gehören sämmtlich den in

Wcge von Wagenschwend nach Weisbach, binter

auflauerte. ^ ^ (Forts. f.)

^Vorläufig bemerken wir, daß der Angeklagte

(Ein Sensationsproceß.) Die Affaire des
Grafen von Württemberg, welche beigelegt zu sein

dem setzt die „Independance" sick durch einen Pa-
riser Correspondenten schkeiben läßt: In'Deutsch-
land steht ein Proceß in Aussicht, der, was seinen

Mittelalters erinnert, als an das aufgeklärte 19.
Zahrbundert. Es handelt fich dabei um das plötz-
liche Verschwinden des Grafen Eberbard von Würt-
temberg, Sohn des im Iahre 1844 verstorbenen
Grafen Friedrich Cbristian Alerander und der Grä-
fin v. Feftetits-Tolna. Graf Eberhard hatte sein

es Herzogs von Leuchtenberg, jetzt mit der Prin-
essin Florentine, Tochter des verstorbenen Fürsten
on Monaco vermählt war, yatte er hierüber hau-
ge Zwistigkeiten gehabt. Seine Freunde bcsckul'
igen nun den Onkel sogar, er babe seincn Neffen
wingen wollen, auf alle seine Erbschaftsrecktc und
ttbst auf daS ReLt, ihren gemeinsamen Namen
u tragen, zu verzichten. Zu diesem Zwecke hatte
r den Grafcn Eberhard in die Festung Ulm etn-
perren laffen und ihm dort gewaltsam Unterschns-
en abgepreßt. Später set es dem Gefangenen zwar
eglückt, aus der Festung zu entkommeu, aver
ntwever sei er aiif dcr Flucht verunglückt, aw er
ie Douau durchschwimmen wollte, oder er ler
neder eingefangen und eingekerkert worden, kurz,
>eder setn Bruder, noch seine Schwcstrr, noch terne
Nutter hätten seitdem wieder etwas von lhm ge-
ört. Graf Alerander v. Württemberg, der Irake
es Grafen Ebcrhard, ist nun «gcns aus Amcnr
erübergekommen, um dem Grafen Wilhclm v
Zroceß zu machen. Hoffcntlich wird bie Iuftiz r L
ald in dicsc fabelhafte Geschichtc Lickt bnngen,
tt es durch die Befreiung des Opftrs, oder oi
erechte Ahndung für feinen Tod, ftl es ande ,
ttts durch den Beweis der Unschulv beffen,
 
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