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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0446

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vorliegcnden FallS keine Rücksicht nehmen; nur
die That mir ihren Umstanden und wirklich
eingetretenen Folgen, sowie die Persönlichkeit
des VerhrccherS sind die Momente. welche die
Ueberzeugung der Richter von der Schuld deS
Thäters und von der Größe des Vergehens
Legründen, und als Maßstab bei der Ausmes-
sung der gercchten Strafe zur Bcrücksichtigung
kommen dürfen. Weiter kann und darf kein
Richter gchen; er strafl den Thäter nur für
die begangene That, nicht aber auch für die
Möglichkeit ihrer schweren Folgen. Uns scheint.
wie der Redaction dieses BlatteS, nur von der
bessern Erziehuug der Jugend eine Verminde-
rung der Verbrechen überhaupt, wie auch des
speciell bezeichneten der Körperverletzung durch
Messerstiche angcstrebt werden zu können. DaS
bei sich tragen der Messer ist an vielen Orten
Gewohnheit, welche nnr dadurch entfernl wer-
den kann, daß die Väter selbst von dieser Lieb-
habcrei abstehen, und den Söhnen hierin mit
gutem Beispiel vorangehen. „Gib alle deine
Lehren in Beispiclen', und sei ihrer Wirkung
versichert" (Rousseav).

):( Mosback, 24. Okt. Sicherem Ver-
nehmen nach wird die erste Sitzung der Kreis-
vcrsammlung des Kreises Mosbach am Montag
den 13. Nov. d. I. ^im hiesigen Rathhaussaale
stattfinden. Dieselbe wird voraussichtlich nur
3 bis 4 Tage in Anspruch nehmen und sich
vorerst hauptsächlich mit organiscrtorischenFra-
gen befchäftigen.

Aus Baden,21. Okt..schreibt dcr „Schw.
M.": Die evangelische Geistlichkeit unseres
LandeS ist bekanntlich in zwei Lager getheilt.'
Die liberalen Elemente derselben finden ihren
Sammelpunkt im wissenschaftlichen Prediger-
verein, an dessen Spitze Hofprediger Doll steht,
und der bereits gegen 200 Mitglieder zählt.
Der Verein hat vor einigen Tagen in Karls-
ruhe eiue Hauptversammlung gehalten und über
den „gegenwärtigen Stand der theologischen
Wissenschaft" (Nef. Professor Holtzmann von
Heidelberg), sowie über dic sittliche Entwicklung
Jesu" (Res. Stadtpfarrer LLngin von Karlsruhe)
verhandelt. Nächsten Mitlwoch wird die Pro-
testpartei, deren Mitgliederzahl sich noch nir
über119 erhoben hat, im Amalienbad in Dur-
lach tagen und die Frage: „Was kann und
soll für die confirmirte Jugend von Seite un-
serer Kirche gejchehen?" sowie die dermalige
kirchliche Lage unseres Landes zum Gegenstand
ihrer Erörterungen machen, Die gcgenseitige
Stellung der beiden kirchlichen Parteien in der
evangelischen Kirche Badens hat in neuerer Zeit
von ihrer frühern Schroffheit viel verloren.
Namentlich ift bei den Verhandlungen der Diö-
zesansynoden an die Stelle der scharfen Gereizt-
heit, welche früher in den Debatlew fast übcrall
zum Vorschein kam, ein versöhnlicherer Ton
getreten.

Aus Baden, 23. Oct. schreibl der „Schw.
M.": Daß die Entfernung des Hrn. Knies
nicht plötzlichen Frieden auf Kosten des Staats
bedeutet, mag daraus enlnommen werden, daß
auch dem Domcapitular Weickum, welcher
der Schulordnung zuwider die Kinder der Lehr-
anstalt Adelhausen dem Religionsunterricht
Beckerts zuführen wollte, der fernere Ein-
trilt in die Anstalt zu solchen AgilationSzwecken
untersagt wurde. Man begreift im Lande gar
uicht, warum die Curie, wclche ja selbst Beckerts
Benehmen tadelnswerth findet, dennoch den
Religionsunterricht nicht einem andern Lehrer
oder Geistlichen nach ihrer Wahl übertragen
will-

Darmstadt, 20. Octbr. David Friedr.
Strauß, der Verfasser des „Leben Jesu",
hat nach der „Hess. Ldsztg." unsere Stadt zu
seinem Aufenthalte sür diesen Winter erwählt.
Er will in Ruhe seinen wissenschaftlichen Ar-
beiten leben, wozu auch die hiesige Hofbiblio-
thek ihm manches Material liesert.

Das „Fr. I." ist heute in der Lage, auch
den Wortlaut der östcrrcichischen Drohnote an
den Frankfurter Tenat mittheilsn zu können.
Dieselbe lautet:

Erlaß an Frhrn. v. Frankenstein in Frank-
surt, den 8. Oct. 1865. Der Verlauf deS am
1. d. M. zu Frankfurt abgehaltenen sogen.
Abgeordnetentags hat für jetzt nur die innere
Haltlosigkeit dieses neuen Agitationsversuches

und die Zerfahrenheit der politischen Parteien
in Deutschland bloögelegt. Die eingelaufcncn
Absagcbriefe, wie die unverkennbare Gleichgil-
tigkcit des PublikumS dürften selbst den Ur-
hebern dicser bcdeutungslosen Dcmonstration
die Verkehrtheit dcs Unternehmens gezeigl haben,
an den Entschlüssen der beiden. crsten Mächte
Deutschlands ihre anmaßliche Kritik zu üben.
Allein wenn auch die gehörten Reden, sowie
dic Resolntionen der Versammlung in ihrer,
gelinde gesagt, unpaffenden Motivirung und
halbrevolutionären Zuspitzung gerechter Miß-
achtung verfallen sind, so tilgt dieseS Fehl-
schlagen doch nicht den verletzenden Charakter
dcr Thatsache, daß die gegen die Regierungen
von Oesterreich uüd Prcußen gerichteten Schmä-
hungen und Beleidigungen, welche die demo-
kratische Presse täglich anfüllen, in Frankfurt
unter dcn Augen des Bnndestages und der
eigenen Truppen der beiden Mächte auf offener
Tribüne wiederholt worden sind. Es darf fer-
ner nicht außer Acht gelassen werden, daß jener
36er-Ausschuß, welcher den Abgeordnetentag
cinberufen hat, ckuch diesesmal erneuert worden
ist, und daß dieser Ausschuß und sein engeres
geschäftsleitendes Comite, als ein in Permanenz
erklärtes Orgän dcr deutschen Revolutionspar-
tei, nur auf günstigcre Umstände wartct. um
mit mehr Erfolg von Neuem auf dcn L-chau-
platz zu lrcten. Die Regierungen Deutschlands
werden gewiß sämmtlich mit uns darin einvcr-
standen sein, daß schon die bloße Existenz deS
ScchSunddreißiger-AuSschuffes, ganz abgesehen
von den Wirkungsn dcs neuesten maßlosen
Auftretens der Versammlung in Frankfurt und
von dem für Oesterrcich und Preußen bcleidi-
genden Charaktcr ihrer Beschlüsse, eine voll-
kommen ungcsetzliche und unconstitutionelle ist.
Jnsbesondere wird der Senat von Frankfurt
in seiner bundcsgetreuen Gesinnung sich nicht
verhehlen können. daß die Bundesstadt am we-
nigsten zum Sammelplatz dieser gesetzwidrigen
Agitationen hergeliehen werdcn jollte. Bereits
nach dem am 31. December 1863 aögehaltenen
Abgeordnetentage, ans welchem die Einsetzung
eines permanenten Ausschusses zur Durchfüh-
rung des Volkswillens, als Mittelpunkt für die
Thätigkeit dcr Vereine, der Fortschrittsprcsse rc.
hervorging, haben wir es gemeinschaftlich mit
Preußen an ernsten Vorstcllungen gegen die
diesem Treiben am L-itze oer Bundesversamm-
lüng gewährte Duldung nicht fehlen laffen.
Die seitdem in häusiger Aufeinanderfolge dort
in Scene gesetzten Kundgebungen beweisen,
welche geringe Beachtung die damalS von den
Vertretern der beiden Höfc dem Herrn älteren
Bürgermeister in vertraulicher Weise gemachten
Bemerkungen gefunden haben. Jn dieser Wahr-
nehmung sowohl, wie in ihrer Ueberzeugung,
daß eine so usurpatorische Wirksamkeit, wie die
jenes Ausschusses und deS Abgeordnetentages,
nicht ohne ernste gemeinsame Gefahr nvch län-
ger stillschweigend zugelassen und dadurch ge-
wissermaßen zu gewohnheitsmäßigem Bcstande
erhoben werden dürftcn, müssen die Cabinette
von Wien und Berlin eine unabweisliche Auf-
forderung erbliüen, die ganze Aufmerksamkeit
des hohen Senates von Neuem auf die bespro-
chenen Vorgänge und das Verhältniß der Bun-
desstadt zu denselben ru lenken. Wir glauben
der zuversichtlichen Erwartung Raum geben zu
können, daß nicht nur so lcidenschaftlichc Jn-
vectiven Und ein so ausgesprochener Partei-
kampf gegen die ersten Bundesmächte, wie er
die Tagesorduung der letzten Versammlung bil-
dete, künftig keine Stätte mehr in Frankfurt
stnden, sondern der Senat übcrhaupt das Zu-
sammentreten neuer von dem Comite des 36er-
Ausschuffes einberufener Versammlungen auf sein
Gebiet von nun an nicht mehr gestatten werde.
Die Autorität des Senates, an welche wir uns
hiermit in erster Linie wenden, wird uns hof-
sentlich der Nothwendigkeit überheben, auf an-
derweite Schritte Bedacht zu nehmen, um vom
Sitze der deutschcn Bundesversammlung in Zu-
kunft die bisherigen ungesetzlichen Bestrebungen
fern zn halten. Ew. rc. werden ersucht, dem
Herrn regierenden Bürgermeister, sobald Jhr
preußischer College zu dem gleichen Schritte er-
mächtigt sein wird, den gegenwärtigen Erlaß
vorzulesen, und weny eö gewünscht werden
svllte, Abschrift zu vertraulichem Gebrauche in
Handen zu lassen. Empfangen rc.

Coburg, 20. Oct. Der Preßproceß gegen
den RechtSanwalt F. Strcit hier, als verant-
wortlicher Redacteur der „Wchrzeikung", wegen
einer in diescm Blatte angeblich begangenen
Beleidigung der preußischen Armee, hat gestern
in letzter Jnstanz vor dcm Oberapellationsge-
richte zu Jena sein Ende mit der Freisprechung
deS Angeklagten gefunden. Die er'ste Znstanz
hatte gleichfallS auf Freisprechung. die zweite
aber auf 50 fl. Geldstrafe erkannt.

Berlin, 23. Oct. Dic Theilnahme für
die bei den Häusereinstürzen hier verunglückten
Personen ist groß. Für die Hinterbliebenen
der Erschlagcnen, wie für dic Verwundelen
welchc zumeist arbeitsunfähig geworden, wird
an allen Orten gesammelt. Die Gesammtzahl
der Todten beträgt 26, uud unter den Ver-
wundeten sind noch mehr, welche wenig Hoff-
nung geben. Die Sammlungen hatten bis
gestern Abend ungefähr 6000 Thaler ergeben.

Bertin, 24. Octbr. Heute fand in der
Tonhalle eine Nationalversammlung statt, wel-
cher nngefähr 200 Mitglieder und cin zahll
reichcs Publikum beiwohnten. Sic wurde er-
öffnet durch Hrn. Duncker, der in längerer
Rede ven Standpunkt des Nationalvereins in
der gcgenwärtigcn Situation entwickelte. Nach
ihm motivirte Hr. Löwe-Calbe die bekannten
gestern mitgethcilten Resolutionen, welche ohne
Debatte, und fast einstimmig augcnommen
wurden. Um'9^ Uhr schloß Hr. Duncker
die Vcrsammlung, inhem er zu zahlreichem
Besuch der Frankfurter Generalversammlung
Seitens dcr preußischen Nationalvereinsmit-
glieder dringend ermahnte.

Wien, 24. Oktbr. Oesterrcich lehnt die
schroffc Ablehnungsantwort des Frankfurter
Senats von sich ab, weil dieselbe mit der nach
Berlin gerichteten identisch ist, die Eröffnungen
Oesterreichs und Preußens aber nicht identisch
waren. Oesterreich erwähnte weder die Dul-
dung des Sechsunddreißiger-Ausschusses noch
ein eigenes Eingreifen, worauf die Antwort
fälschlich sich bezieht. (Allg. Ztg.)

F r a n k r e i ch.

Paris, 24. Oktbr. Der „Moniteur" be-
richtet, daß der Kaiser 25,000, die Käijerin
15,000 und der kaiserliche Prinz 10,000 Fr.
für die Familien der Opfer der Seuche gaben.

C n g i a >; d

London, 23. Oktbr. Die Bildung eines
Kabinets unter Graf Russell scheint gesichert.
Der „Globe" meldet heute Abend, daß Russell
von sämmtlichen Kollegen, also Gladstone nicht
ausgenommen, die Versicherung ihrcs Vertrauens
und ihrer Unterstützung erhalten habe. Lord
Clarendon hat das Ministerium des Auswär-
tigen übernommen, während Graf Ruffell an
Palmerstons Stelle als erster Lord dcs Schatzes
rückt, — trotz der Times, welche heute das
System, daß man den Premierminister nach
der Anciennität wähle, scharf tadelt und die
auswärtige und innere Politik Russells scho-
nungslos angreift. Der Ministerrath ist jedoch
bis Samstag, also bis nach dem Leichenbegäug-
niß Lord Palmerstons vertagt.

B e l g i e n.

Brüssel, 20. Oct. Gestern erhielt Graf
Sartiges den Auftrag, in Folge des Rücktrit»
tes Merodes neuerdings Schritte zur Anbah-
nung einer Versöhnung zwischen Rom und
Florenz zu machen. — Frankreich hat in
Egypten bereits 250 Neger für Mexico ange-
worben.

Neueste Nachrichten.

Leipzig. 25. Okt. Die gestrige Versamm-
lung der hiesigen Mitglieder des Nationalver-
eins hat einstimmig die folgende Resolution
angenommen: ^Ebenso wie es von den preußl-
schen Mitgliedern des Nätionalvereins zu er-
warten sei, daß sie fich bestreben werden, dre
Regierung Preußens von der Annexionspolltlk
zur Unionspolitik zurückzuführen, wodurch allem
Preußens Stellung an der Spitze Deutschlandö
ermöglicht werde, ebenso sei es Pflicht der Mn-
glieder des Vereins in den Mittel- und Klem-
staaten und ihrer Regierungen, einem Vorgehen
Preußcns in der bezeichneten Richtung ebenso
bereitwillig entgegenzukommen, wie es ^ie mei-
sten derselb-n sch°n >m Jahr- 1849 g-than
liält!» " I» d-r schles>vig-h°lste»ttschen Mgc
 
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