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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-207 December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0577

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Kreisverlündigungsblatt für üeu Kreis Hcidclbcrg una amtliches Lerkündigungsblatt für dic Aints- und Aiuts-
Gcrichlsbczirkc Heideldcrg unü Wicsloch unü den Anttsgerichtsbczirk Neckargemünd.

R» 283- F-reitag. I- December L8SL

" Auf die „Heidelberger

Zeitung" kann man sich
noch für den Monat
December mit 21 Kreuzern abonniren bei allen
Postanstalten, den Boten und Zeitungsträgern,
sowie der Erpedition (Schistgassc Nr. 4).

* Politische Umsckau.

Die Spannung zwischen den Cabineten von
Paris und Berlin wird allmälig von allen
preußischen Blättern anerkannt und tritt nament-
lich anch darin hcrvor, daß daS neueste östcrr.
Anlehen bei der Berliner Börse nicht aufgelcgr
wird. Das in näheren Beziehungen zum Wie-
ner Cabinete stehende „Memorial diplomatique"
sagt in seiner neuesten Nummer darüber: Die
preußische Regierung, wclche mit der Jdec lieb-
äugelte, die finanziellen Verlegenheiten Oester-
reichs ausbeuten zu könncn, nm dazu zu ge-
langen, die Annexion der Elbherzogthümer zur
Ausführung zu bringen, hat einen solchen Aer-
ger über .den glücklichen Abschluß der neuen
österreichischen Anleihe empfunden, daß sie mit
ihrem ganzen Einfluß auf die hauptsächlichsten
Bankhäuser Berlins drückte, damit keineS der-
selben sich an der Subscription betheiligte. Dcr
preußlsche Ministerprasident wirü sich umsonst
diese Mühe gegeben haben Denn binnen we-
niger Tage wird er die Ueberzeugung gewin-
nen, daß der Erfolg dcr österreichischen Anleihe
mehr alS gesichert ist, nnd daß die Subscrip-
tion um Vieles die Totalziffer der Emission
übersteigen wird.

Die Berliner „Prov.-Corresp." bemerkt, in-
dem sie auf die AussichtSlosigkeit der AuSglei-
chung deS innern Conflicts hinweist, die Auf-
gabe der Regierung werde vermuthlich nur dar-
auf gerichlet sein, den Gefahren einer lciden'
schaftlich crregten unfruchtbaren Session bei
Zeiten Einhalt zu thun. — Die Correspondenz
warnt außerdem, man mögc nicht aus Zeitun-
gen, welche die Negierung gewöhnlich unter-
stützen und gelegentlich von der Regierung Mit-
thcilungen empfangen, im Uebrigen aber ganz
unabhängig scien, auf die Absichten der Regie-
rung schließen. Dic preußische Politik habe
weder in der schleswig-holstcinischen Frage, noch
in den Verhällnisscn-zn Oesterreich oder zu den
andern Mächtcn eine Wandclung erlitten.

Dic „Opinion 'nationale" hat dic Allianz
mit Preußcn, welche sie einigc Zeit an den Tag
gelegt hattc, wieder aufgegeben;. sie macht jetzt

dic Entdeckung, daß die Politik, welchc Hr. v.
BiSmarck dem preußischen Ehrgcize dienstbar
mache, Frankreich kein besonderes Vertrauen
einflößcn könne; um glaubcn zu können, daß
Preußen in der That aus der nordischen Coa-
lition austreten und der Feindschast ge^en das
Fraljkreich von 1789 entsagen wolle, musse erst
abgewartet werden, daß Preußen aufhöre, die
Völker wie Waaren zu behandeln, und daß es
ihncn das souveräne Recht zugestche, über sich
selbst zu verfügen.

Die holsteinischen Blätter bestätiaen, daß in
Folge eines von -Baron Zedlitz ausgehenden
BefehleS die DistrictSbeamten in SchleSwig na«
mentlich Berichte über die Volksstimmung ein-
zusenden haben.

Nach der „France" habe der König von Han-
nover den König Victor Emauuel benachrich-
tigen lassen, er sci bcreit, einen italienischen Ge>
sandten zu empfangen.

Jn Paris ist eine Conferenz zusammcnge-
treten zu dem Zwecke, eine Münzeinigung zwi-
schen Frankreich, Jtalien, Belgien und der
Schweiz zu Stande zu bringen. Jn einer Siz-
zung, die am Montag stattfand, wurden vor-
läusig die allgemeinen Grunbsätze berathen.

Die italienische Thronrede hat in Rom eine
tiefe Wirkung hervorgebracht. Die kühne und
offen liberale Sprache im Mund eines Königs,
dcr sich dnrch die ungeheure Mehrheit der Na-
tion gestützt fühlt, ist von den Römern mit
EnthusiasmuS aufgenommcn worden, u:n so
mehr, als man ei^ie solche Bcstimmtheit gegen-
über von Nom kaum erwartete.

Der frühere dänische Conseilspräsident, Bi-
schof Monrad, hat in Folge dcs unglücklichcn
Ausganges der von ihm vertretenen eiderdäni-
schcn Politik und voll Kummer über die gegen-
wärtigen politischen Zustände im Königreiche
seine geistlichen Aemter niedergelegt, seinen
Grundbcsitz verkauft und beabsichtigt derselbe
nach Neu-Seeland zur Ansiedelung auszuwan-
dern. Der König hat ihm die Erlaubniß er-
theilt, seine Pcnsion auch außerhalb Dänemarks
beziehen zu dürfen.

Die „Epoca" zählt die Strcitkräfte auf, über
welche Spanien zur See verfügen könne. „Un-
sere Dampfmarine, sagt die „Epoca", zählt ge-
genwärlig 7 gepanzerte Fregatten, von dencn
vier auf dem Meere schwimmen; sie haben 230
Geschütze. Außerdem habcn wir 11 Schrauben-
Corvetten mit 478 Kanonen, 26 Schrauben-

Schoner mit 60 und 18 Dampfkanonenboote
mit eben so viel Kanonen Ferner 26 Schau-
fclboote mit 139 Kanonen und 9 Schrauben-
vdcr Räderboote, zusammen von 9500 Tonnen
Gehalt. Jm Bau begriffen ist eine Corvette
mil 16 und 1 Schooner mit 5 Kanonen.

Die „Times" bringt die Nachrichr, die Chi-
lenische Regierung habe, als Repressalie gegen
die spanische Blokade, das Eigcnthum der spa-
nischen Staatsangehörigen in dcr Nepublik mit
Beschlag belegt.

Nach den neuesten Berichtcn aus den Ver-
einigten* Staaten leisten die Repnblikaner in
Mexiko noch Widerstand an verschiedenen Punk-
ten. Matamoras wird von ihnen belagert;
100 Franzosen in einem Fort wurden von
ihnen niedergemacht. Starke Abtheilnngen fran-
zösischer Truppen waren von dcr Secseite her
im Anzug. *

Deutschlnrrd.

X Heidelberg, 25. Novbr. Von Hrn.
Geh. Hofrath Beck, dem Verfaffer der bekann-
ten Schrift über Wessenberg, ift kürzlich im
Verlage von I. Schneider in Mannheim eine
interessante Broschüre über das Leben und
Wirken deS anSgezeichnetcn badischen Staats-
und FinanzmanneS Nebvnius erschicnen. Das
Charakterbild dieseS trefflichen ManneS ist mit
der VersassungSgeschichte des badischcn Staats
innig verwebl; deßhälb hat auch der Verfasser
den Lebensabriß desselben möglichst objectiv, mit
steter Wechselbeziehung auf die Schicksale un-
scres badischen StaatSlebens gehalten. Jm er-
stcn Capitel wird bie Entstchung dcs jetzigen
Großherzogthums äus seinen frühern Anfängen
unter der Negierung deS unvergcßlichen Mark-
grafen, spätcrn Churfürsten und GroßherzogS
Carl Friedrich geschildert. Als in dessen Nach»
folger, dem Großherzoge Carl der Entschluß
reifte, den aus den verschiedenartigsten Bcstand-
theilen entstandenen badischcn Landen, als siche-
reS und festes Bindemittel eine constitutionelle
Verfassung zu verlcihen^ war Nebenius der
Mann deS Vertrauens, dcm die Aufgabe zu-
fiel, einen zeit- und sachgemäßen Entwurf dieser
Verfassung zu bearbeiten. Dicsem hochwich-
tigcn Auftrage kam derselbe in der gelungensten
Weise nach. — Jn den für daS consiitutionelle
Lcben BadenS sonst sehr unerquicklichen 20er
Jahren kam doch hauptsächlich durch daS Zu-
thun von Nebenius im Vcreine mit seinem

stand Vcs Vortrags ein den meisten Zuhörern fast
unbekannter Gelehrter und Mönch des 13. Iahr-
hundcrts, Roger Baco. Aber eS war staunens-
wertb, wte der Redner gleich mtt den ersten Sätzen
seincs freien Vortrags den Zuhörer mitten in den
Stoff rtngkführt und dem Mann befreundet hatte,
welchen cr behandelte. Drnn es war nicht der streb-
same Gelehrte, der vielverfolgte freisinnige Mönch
allein, der vorgcführt wurde, sondern die brrnnrn-
den Fragen der Gegeywart tn politischer sowohl,
als religiöser Richtnng; es war das Kämpfen der
Träger der moderncn Wissenschaft, tn welches man
eintrat und das in Roger Baco typisch erschien.
Nach diesem Anfange kann man hirfen Vorträgen

*(Der„Buchenauer Hof", Amts Sinsheim.)
Die fruchtbare, aber einfache, durch Seltenheiten

Gegend dieses Amtsbezirkes ist in den letzten Iah-

nach bewährten landwirthschaftlichen Grundsätzen
aufgkführten Stallungen — AUeS mit schönen Gar-
tenanlagen umgebrn — zieren den Platz, zu welchem

gängc führen, und welcher von der alten Vernach-
lässigung keine Spur mehr zeigt. Sin brträchtlicher
Theil deö Waldes ist in landwirthschaftliches Areal
umgkwandelt und soll dies noch tn ausgedehnterem
Maße geschchen.

Das Ganze bilde^uinnvhr ein auSgcdehntes, wohl-
eingerichtetcs Mustergut. Die Wirthschaftegebäüde
sollen ebenfalls noch eine Vermehrung erfahren.

Die Fabrik Waghäusel hat das Gut bereitS

Betrieb der Landwirthschaft (mit dreifrldr. Um-
halten.

Diese neugewonnene Zierde wird unserer Gegend
somit auch in landwirthschaftlicher und anderer Be-
ziehung manche Anregung gkben und ihr ein er-
höhtes Interrffe verleihen; auch die Touren deS
Besuchers werden dadurch mannichfalt'ger, ange-
nehmer und lehrreicher werden. Den Taglöhnern
der angrenzenden Orte aber bietet die neue Nie-
derlaffung eine willkommene, ost entbehrte Gele-
genheit zu verdienstrcicher Arbett dar.
 
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