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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 1 - 26 (2. Januar 1919 - 31. Januar 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0099

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kellage <>« „keickelbttger Leimng ru Nr.,?.

Das badische Volksheer

Die LaMesoMammluna der Aribsrtev-. Solda»
len- und Vollsmte bat in ibrer DuVlcvcker Tcvaun«
ain 10. 5can uar 1919 bcl-cklossen. dak so icknell u>ie
moalick om baÄilsckes Vollsboer nu -biljdsn und dle
alte Armee aufnulölen lei. Die badiscke
Volksremeruna kat bescklossen. soiorl die erwvdler--
lickon Maknaibmen au tvoiien. Die baidM'MvLU-
srüscke MÜlitärkonvention wcrr ein unalücklicker Vcr«
tracr. Ler die Zntereisen, und Beidüvfnisse der üa-
di5cken BooölLeruna nickt aenüaend aesckükt üat.
Beionlders i>m Krcea sind dieie Klaaen übov ldiioss
Äuclitärkonvention stävker und stärker aemoirden.
Wir uxollen. dak in ZrMnit das baldisscke Volksbeer
«ün Tell der demtscken Bund-eslavmoe isst: es muk
aber ein eiaenes sEblländiaes Kontinaent sein.
Dte Baden-er wollen nur oeroilicktet lein. iin der
HeiMat ibven Dienst zu evtullen. Vor ckllen Dinaen
aber isst es notwenbia dak das baidKcke Volksbeer
oon badisscken Oifiitiereni Lefekliat
wird. die Vevstänldnsss balben Mr di-e bosonidore
Viaeniart des badisscksn Soldinten. Es war ol,i si-ob-
ler der altcn 5>oeresoraanissation. dcck sie die mv-
iitäriscke Bcdeutuna des Lanldsmannssckartlicken
nickt -aenüaend aewürdiat bat. Das Vevbältnis
twiicksn dem baldiicken Voraesseüten unld -ieiner
Truvoe wird vnmner besser sein- als wenm ein Nickt-
badsnier. insbessondere ein NorddeuMiiLr. die Koni-
manidoadwalt bat. Damit brauckt inan durckaus
iein uiraünsstiaes Urteil aeaen dte Auaeböviaen an--
derer Bundesstaaten ^u verbinden. Mian soll sick
cber klar davüber s-eiu. dab aofkemisame Volksart
und aomeinssamsr Dralekt bessondeve Kräfte sind.

-Es isst Bilickt allsr Bevölkerunasssckickten. sick an
l>er M-Hduna diesses Volksberes ^u beteiliaen unld
ivveiimillilae in arober 5iabl m entssendön 5cck bin>
übsiMuat. dak dlie oraauissierte Arbertevssckärt dsm
Ruf-s der Volksreaieruna Tolae leiissten wird. 5cekt
ollen aber auck die Büvaer und Näu-orn ^eiaen dak
li-e rum Sckuk der NemMik. ^um Sckuü der Rube
ind Ordnuna bereit ssind. Man ssollte insbessonder-e
evmävten. -dak -auck die Söbue der vormöaenden ssca-
m'^'en es äls Ebrenvsslickt betracktsn. di-e -^Lmilie.
-xaus und 5)üf ?.u scküken und iick äls ^-veüwilliae
xur Versüauna stelleu. Das B üraert -um darss
ieüt nickt versaaen. Man darf nickt au-
dersn allein den Sckuk unssevss Staates überlassen.
Iedsr St-and bat iekt seine Mlickt äu ovrüllen. Es
hat ketusn Sinn llck sckweren Soirasn über di>e
Auikunst bllvmaeben: Sacke des Maunes iisst. tat-
k-'ältia M bandeln. Die badisscke Neoubl'i'k will in
eb'.-en Bataillouen Mustevbatassllon-s ssckaffei,: wir
babün in dm lektou Wocken in mebr als einer Be-
tiobuna aan5 DmEckland vin Vovbild ssein köun-en:
auck mit der Sckasssima uusseres VolkSbeeres ssoll
Baden dem Reicke voricvniaeben.

M'mNor Dr Ludwia 5i-aa s. Karlsruke.

Deutsches Rsich

* Eine republikanische Schnhtruppe. Alle be-
rsits gsbildeben older in der Bildung begrisstrnen
Webren (Sichevheitswehren. Vürgerwehven u.
dergl.) werden uunmehr zu einer vöublikanrschen
Schuhtvuppe zusammengefasp, deren Zentvalsstelle
sich im Roichstag bsfindet. Fvei-willrse Abteilun-
gen, die sich in den Dienst zur Au-srechterhaltung
^er Rlche und Ordnuug stellen wollsn. werde-n an-
sewiei)en, sich zwecks Eingliederung in die vepu-
''likanische Schichtruppe an die Zentralstelle im
N-sichstrrg zu wsnden. -die alle einsscklägligen psra-
sen wie Löhnung. B-ekleiduna und Verpflszuna
vogslt.

* Zorn von Bulach ausgewiesen. Zur Aus-
weisung des Staatssekretärs Zorn v. Bu-
lach aus Elsatz-Lothringen, heitzt es in der „Deutsch.
Allgem. Ztg": „Die Ausweisung ist ein Zeichen,
datz man im besetzten Elsatz-Lothringen auch bei
Abstammung aus elsässischem Geschlecht keine
Lnade findet, wenn man den Mut hat, unab-
hcmgige, elsässische Politik oder Geschichte zu
machen."

* Die neuen Kriegssteuern. Zn Ergänzung
unserer gestrigen Meldung sei noch folgendes mit-
geteilt: Für die autzerordentliche Kriegsab-
gabe bleiben Beträge bis 3000 Mk. Mehrein-
kommen steuerfrei; die Abgabe für die ersten
10 000 Mk. des abgabepflichtigen Mehreinkom-
mens beträgt 5 Prozent, für die nächsten 10 000
Mk. 10 Proz., für 30 000 Mk. 20 Proz., für 50 000
Mk. 30 Proz., für 100 000 Mk. 40 Proz., für die
weiteren Veträge 50 Proz. Die Abgabe vom Ver-
mögen wird nur erhoben bei VermögensLeträgen
von mehr als 100 000 Mk. in progrefsiven Sätzen
von 1—5 vom Tausend (letzteres bei über 1 Mil-
lion). Die Abgabe vom Vermögenszu-
wachs ergreift den Zuwachs vom 31. Dez. 1913
Lis 31. Dez. 1918. Bis 3000 Mk. ist der Zuwachs
frei: die'Steuersätze stnd progressiv von 10 bis 100
Prozent (letzteres bei Zuwachs über 200 000 Mk.).

Aus Badsn

Karlsrube. 16. 5^an. Das Reicksa-mt nir Äiis
wir t ss ck a s t l i cke D-smoLil nv a, ckuna Lrläckt
einen Aussou-l cmv die Landwrrt -e ,n dem sie auf-
vefo-ridert wevdcn. di« ^urückkebvenden Klüeae-r und
alle «udsren. die koiire Arüsit nndsi». -crulk dsm
Lanlde ^u bessckästraen. Zu di-esse-n, Hrvecks ssollen
Wsao asbaiut. -velder und AZi-essen ver-bessssert umd
Wal5 '> iten aemackt werden.

Karslruhe, 17. Jan. Wegen des schweren Ver-
brechens der Abtreibizng hatte sich die Privat-
krankenpflegerin Emilie Kastner aus Psorz-
Heim-Erötzingen vor dem Schwurgericht zu ver-
antworten. Die Angeklagte war wegen des glei-
chen Verbrechens schon zu verschiedenenmalen be-
straft worden und erhielt jetzt 5 Iahre Zuchthaus
und 13 Iähre Ehrvsrlv.st. Dio Ehefvau Iohanna
Kaltenbach aus Bruchsal wurde wegen Bsi-
hilfe unter Einrechnung einer früheren Strafe zu
drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

DonauesMmren. 16. Ian Beim Abliebmen des
65 Kiiloarämim ssckweren Deckels von -sinem Kdks-
Msn ali-t der 52iälbriae Küsserm?'ille,' Martin Ge-i-
a e r in der Mmsstsnlberi^'sscken -Brauerei <vvs. Der
Deckel siöl dsm Unalücklicken aus d?n Kovf. di«
Sckädekdiecke wude sina-edrückt uind Geiaer war sso>-
ssort tot.

Aus Stadi rmd Umgegend

Bom Noten Kreu-l. Um nl-ikverstänMcken Aulf-
fassssmvcven beaeanen. ssei brer sesstaesstellt. dak auss
dle ssckenkweisse ZuliSferuno von Ein-asmacktsm unld
ssvvuicktssäjten an die Saiminclstelle des Roten Krsu-
?es f5>a>u-otstraks 236 und Anlaae 331) aiuck rekt
nock «roker Wort a-eleat.wird. sso laniae der LEarett-
l etri-elb inl G-ana bleiibt. Bsm FraiuenvS'-ckir Bam--
m>e>ntal ainasn dankensw-'iter WsÄe iünasst 21 Mä-
sser Marmelade sin.

* Die Eiiterssperren. Eilstücksüter >der Fvevliste
und Eitgutwase'llädunLen nack norddeut-
schen Stationen im nicht besstzteni Gebiet
über Frankfurt a. A(. könüea wisder -amifglel'-eifert
wr.iden. Die Güter werden über den tarismätzi-
gon Wea abgefertigt und obne weiteres über
Darmftadt-Babenhaus-rn umgeleitet.

^ Neu ausaebänat ssiud m den Ausbän-aekäiten an
unsserem 5>arsse dre B'lder: Dem.vnstrationen in
Berlrn. D'.e Anbäuaer der Reai-eruina Vbsrr-Sckei-
dsmann dÄmonsstüi'cuen nor dem Reickskanill-ec-Va-
lais. Berlssnec Kamoitaae: Rsaierun-astruooer
vlälürend eines Str-atzei^ämv-fes im Valais des
Vvin^en Lsovossd in der WilbeliMvccke. — Graf
v. 5>ertlina. der ssrübere N-eickiskan^ler. isst ani 4. 5ia-
uuar is Rubvaldin-i in Banern aessto''bs.l. — Zur
bevorsstcbenden Nationalveri-aininluna: Die ncue
Wablurne. — ELorä,ä-rut Nooieselt: Der amerika-
i-isscke Lrvrässident iit in N-Swnork im Alter von 67
Ialwrn acsstcicken. — Ei.ie rülia-rdie Zerenwnie rn
Kieiw. — Baden bei 15 Grad Reaumur Kälte im
oebeiliaten Dnievr in Kiew am 6. Iänuar icdsn
Icrbres. _

Kunst und Wissenschaft

* Studmm der eoanaelischen Tbeologie sür
Kriegsteilhnehmer. Nack oiner Derfügnng des
Kultusmirrissteriums sschlietzt das MintevsSmjeister
1918—19 mrf den badischen Hochsschdlen «m 21. Ia»
nu-ar. Zwischen dem Winter- -und Sommerfemester
wird in der Zoit vom 4. Februar bis zu,rn 16.
ülpril ei-n Kriegsnotsemester stattfinden.
anstelle der ursprünglich gevlanten Kurfe iür
Kriegstei'ln-ohmer. D-as praktissch-theologissche Se-
m i n -a r >in Heidelberg hässt während des
Kviegpsemessters feine Vorlesungen und Udbungen.
Das Notsemesster wivd für chie im Februar n-eu
emtretenden Kriegsteilnvhmer äls volles Kandi-
datenfemester angsrechnet. für d-iejeuigen. die noch
mährend einiger Moch.ni des Wmterssolmsstcrs
1918—19 «n dcn Uebungen- teilsenoiinlmen haben.
mit jenen Wfcvinmen crls ein Kdildldatenssemester.

* Prof. Dr. Ludwig Dill, der frühere Präsident
der Münchener Sezession und Gründer der „Da-
chauer Londschaftsschule" feierte seinen 70. Ge-
burtstag.

* Die Bekucksliffer der. Umverkität in Freibur«.

im lamsnldcn W/>mtepsvmester beträat 2100 tmima-
trikuli-erte Stvldierende. Davon stübsnl nock 1331
als Kr-isastöilnebmer im 5>eer>es- dder Sarattüts-
drenlst. NaL Fäkultätsn v-erteilt. -enttallen auif die
tbeoloaiscke 320. reckts- uind staiatswiissenisckaltli-cke
538. mcldizinisscke 679. davon 608 Modwinier. 39 Stu°-
di-erenlkie dar Zabilchsilkunde uäd 32 VbarmMeiuten-.
vbiloss-aobissche 301 und nat uvw issseuickafl lick- matbe-
matlisscke Fiakstltät 271. Die Zaibl dor i-miMatr-iiku-
llert-en Fioauen b^eträat 127. Die Gsssamtzabl allcr
5)ör>er beläuift sick somit aus 2175. Die Zäbl der
Auslän-dcr isst ssebr aerina: nm 15. — Aebnlick wie
in Hsiidelibeva bat sick auck an der Fre-iiburasv Ilni-
verütät ck-n .Äkademikcher D-eutssckibumd
für Ordnuna und Fr-eibei^ aelbildet. ld!er
ssich rn einc-r Rcss-oilution der Rcaieruua z,ur Vsrisü-
aun-a stellt. Msiterbin stellt der Bunid stch dve Au,f°
aalbe. ss-o-wabl zwdsschen Korvor-ation-en und Vart-e-i-on
der Studenten. als cruch zwiisscksn Volk und Alkado-
mAern oin-e enaöre FiKrlunanaibme bc-mulstellsn.

Lochschulnockrichteil. Zum Nackrolacr des Geb.
Rais Vrol. M. Voltz a-ur dem Lobvstubl dBr Geo-
crravbie in Erlanas n isst der a. o. Vwlessior und
BiibliotboLar Dr Robert Gradmainln in Tübin-
acn in Ai'.sstckt arnommen. — An der Verl-iner
Uniiversttät ist Vrof. Dr. Erkavd Lommaksch.
Vrivatdozont sür roni-anisscke Dbilolo.rle, zum autzer-
ordentlicken Vrorestor ernannt mo.dsn. — Der v.
Vrosscstor an dcr Uaroersttät Stratzbura Dr. Karl
Saov-er bat öinen Nur zur U^ibernaibme des Lebr-
stulbls der Gcoaravbie an dsr Universttät Würz -
bura als Nackrolaer von Vror. N. Krebs crbalten.
- Von dor Tccknilchei' Hocki'chule '.n Karlsrube ist
der ?iiivj<l'r.iraeniocr Eni.il Gottfrickd'F issckinaer in
Dresdsni in Aneckcnnun-a sseiner bervorraaenden
Loistuniaün. durck die er die Elektrot-'ckni.k von der
Z-eit ibrer ersten Entwickluna bis zum Bau drr
evstcn buind-MttiaiHeud Voltanlaa-e in Eurova ac-ssör-
dert -bat müm Doktor-Fnaeni-our -ebvenbalbcr er-
nanint wobden.

Aus dem Leserkreste

(Für die Auslastunaen unter dieser Ueberschrkft
Lräat die Schrisstleitung nur die vretzaesetzliche
Verantwortung. — Die Zuschriften müsten der
Schriftleitung gegenüber mit dem vallen Namen
des Elnsenders versehcn sein. Auf Wunsch wird
der Nanie verschwiegen).

PttuMichkett im Theater

Das Theater Leginnt jetzt ziemlick pünktlich
um ^7 Uhr. Aber bis 7 Uhr erscheln.sn ssllivnier
noch N-achzügler. die scräuschvoll ihren Wätzen zu-
streben und dre pünktlichcn Bessucher stören. S-ollte
es da nicht möglich ssein, wie ini Backverein. die
Nachzügler erst boi dc,n ersten Szeneniwechssess her-
einzulasssn? Das würde lehr bald erzvcherisch
wirken Ein pünktlicher Tbeaterbesuchee.

Tu GuteS, Msnn es auch vielleicht nicht rettet
bich,

Doch tvenn du Böses tuft, verdirbt es dich
sicherltch. Nückert

Oassels verhaftung

Humorist. B^rliner Roman von Friedrich Hey.

(14. Fortsetzung.)

Er war ein braver, guter Mann. und bei aller
Steifhett und Förmlichkeit freundlich und liebens-
würdig. Ein tüchtiger und gewissenhafter Beani-
ter dazu. Znzar hätte man ihm schwerlich die Aus-
arbeitung wichtiger Vorlagen übertragen und
zeniale Neuerungen von ihm ermartet. ihn auch
kaum mit der rednerischen Vertretung der Negie-
rung im Parlament betraut, aber die Vorgesetzten
schätzten seine peinliche Gewissenhastigkeit und seine
korrekte Gesinnung und Haltung.

Das einzige, was Hartig mit dem grimdver-
schiedenen Dasiel gemeinsam hatte, rvar der ge-
genseitige Hatz. Der reichte, wie bereits erwähnt.
zurück bis in die Zeiten, da sie beide auf die Freite
lbngen. Eduard hatte damals die alademischen
"?^"^ureaukratischen" Titel des Nebenbuhlers ge-
surchtet und gehatzt. Benno Hartig aber grollte
„"Purvenü", ivsil dieser ihm seine „Iugend-
Uebe'. das „Nachbarskind Klärchen", mitsamt der
stebenstelligen Suinme Eigentums vor der Nase
weggeangelt hatte. Hartig hatte sich bescheiden
kmssen. Statt der Bankierstochter war ihm mit
'blner Leonore die dritte Tochter seines hochverchc-
ten Vorgesetzten zugefallen, statt privater Zuschüsse
nur hohe amtliche Empfehlungen seiner Tüchtigkeit
uu noch höhere Stellen.

. Wenn inan sich e'mmal zusällig in einer Gesell-
lchast traf. so ärg'erten und mokierten sich Dassels
uber die Neverenzen, die inan dem Herrn und der
vrau Oberrcgierungsrat erwies, indessen sie nur
»perr und Frau Dassel" hietzen, und über die bei-
ven Orden, die Venno Hartig stolz zur Schau trug,
«uhreich Hartigs sich mokierten und ärgerten über

die grotzen Brillantknöpfe auf Herrn Dassels Frack-
hemd. die kleinfingerbreiten Brillanten in den Ohr-
läppchen, die große Brillantbrosche am Halse u. die
reibergeschmückte Brillantagraffe in den Haaren der
Frau Dassel, über diese kostbarsten, allerneuesten
Modetoiletten von Mama und Hildchen, hingegen
Frau Hartig und ihre beiden Töchter ihre alten
Fahnen immer wieder umarbeiten mutzten. Hat-
ten Dassels vier Dienstboten im Hause und zwei
tadellose Kutschpferde, so behalfen stch Hartigs mit
ihrer einzigen Minna, einem Pinscher und einem
Kanarienvvgel. Und warf Herr Dassel die Eold-
stücke nur so zum Fenster hinaus, so sparten und
geizten Herr und Frau Hartig bei gegenseitiger
Kontrolle um jeden Groschen und Pfenntg.

So arg nötig hatten sie das eigentlich nicht. Er
hatte von seinem Papa her, der neben der Dampf-
wäsche noch ein bitzchen in Erundstücken gemacht
hatte, ein ganz nettes Vermögen, das sich freilich
mit dem Dasselschen nicht im entferntesten messen
konnte. Aber die „Sparsamkeit" war seine Ee-
wohnheit, sein Sport geworden. Erstens einmal,
weick er im Finanzministerium tagaus tagein mit
peinlichsten Berechnungen zu tun hatte und sein:n
Stolz dreinsetzte, möglichst genau zu sein, zweitens
aber: er war nun mal so! So schön und ausdrucks-
voll auch diese Eegensätze waren. so lätzt sich doch
daraus noch keine eigentliche nachbarliche Kriegs-
erklörung begründen. Also mutzte eine geringfügi-
gere .Hundegesckichte — Hartigs Pinscher war durch
den Zaun aus Dassels frisch gesäten Nasen gelau-
f-'-— dazu herhalten, und nun herrschte bitterste
Fchde.

Am beutigen Sonnabend gab es auch bei Har-
tigs Rebhühner: das war eine ganz besondere
Sache. Oben am Tische thronte in freudlger Er-
wartung der Familienvater, Mama hatte eben
den für ihn extra gewärmten Teller vor seinen
Platz gestellt, und Melitta, die jüngere Tochter,
bemühte sich eifrig, die festliche gute Laune Papas
durch unaufhörliches Geplauder zu erhöhen. Har-
tig schmunzelte zufrleden über die Flasche Mosel,
die er ausnahmsweise heute spendete, „ganz leich-
ter", aus Eesundheitsrücksichten, und über die
Munterkeit seines Nesthäkchens.

Zwei Töchter waren ihm nach dem frühzeiti-
gen Tode eines Söhnchens geblieben, Erna und
Melitta. Beide grundverschieden voneinander,
äutzerlich und innerlich, und keine sah einem von
den Eltern ähnlich. Auch hier hatte ein wunder-
sames Spiel von Vererbung stattgefunden.

Erna, die Zwanzigjährige, mochte die hohe,
stattliche Figur vielleicht von väterlicher Seite er-
halten haben, aber die vollen, Irunden Formsn
stammten ebensowenig vom Vater oder von der
Mutter wie das grotze. eigentümlich braune Auge
mit den auffällig langen, seidenglänzenden Wim-
pern und das seltsame Haar. Es war eigentlich
ein dunkles Kastanienbraun, in dem dieses Haar
sanft im Schatten glänzte, aber es spielte auffal-
lend ins Nötliche hinein und zeigte seltsame Re-
flexe, sobald es in hellerem Lichte schimmerte. Sie
trug das Haar möglichst einfach und schlicht, da-
mit es^ nicht auffalle, und seine reiche, schwere
Fülle war kaum zu bemerken.

Datz der Eharakter eines .Menschen sich aus
dessen Handschrift offenbare, ist eine alte Sache.
Jch meine aber, datz man bei -rveiblichen Perso-
nen auch aus der Art, stch zu frisieren, auf Wescn
und Eigenschaft zu schlietzen vermag. Melitta, die
Achtzehnjährige. hatte ihr von Natur dünncs
Schöpfchen in die bunteste Mannigfaltigkeit von
Wellchen und Löckchen und Püffchen zerlegt, durch
das nichtssagende Dunkelblond ein buntes Sammet-
band gezogen, und das Brenneisen war ihr zum
Leben so unentbehrlich wie Lösfel und Gabel. Sie
war klein, eher etwas mager als rund, hatte grau-
blaue, sehr bewegliche Augen und eine kleine, un-
gemein spitzige Nase.

Während die stille ^iltere Schwester niemand
auffiel. gefiel Melitta^ durch ihre Lebhaftigkeit,
ihr stetes Plappern; als Backfisch war sie nase-
weis und drollig gewesen, das wutzte sie, und drol-
lig und munter, so recht liebenswürdig und nett,
wollte sie mit aller Absicht auch bleiben. Sehr
viele Bekannte fanden sie deslmlb allerliebst und
reizend. Erna war nie Backfisch -gewesen, wollte
auch nie jemand gefallen. Kein Wunder, datz
Melittchen etwos von den Eltern verzogen war.
So setzte fie amh durch, sich „bilden" -ü könnsn,

Wahlvater

De-mbkvatiissck sm.icvlisstissch
RecktsbaMimcks und ltnksLallbreLt»
Unalbbäncvia. bolschswisstissck —

Welcke Hike des Gesseckts!

L-immel? Wsnin ick keliber wüüte.

Mis ck wäbl -m unsserm Wolbli
..Dissse bder icn-e Lissts?"

Dcmik ick täalick kumlmevvoll.

Absr schlrmer. nock viel scklimm-er'

— Tcrussend-iclcke Oual der Wab-l!

Alle msme ^rauenüi-mmer

Firaaen täalick ssünkssmnal. sIuaend.l

Handel und Verkehr

n. Maunbeimer KandelsLerickt. Taba.k. Am

Maikte -kür älte Tabake beriissckte fortidcmiier-nd- Be-
aebr. bauvtssäcklick nack Wa-re ssür ?»iaarven^wecke.
von der Mi-ciber Dsckblatt am aessucktaiten -war. Um-
blatt und Gi-nlaae ai-naen alleüd-'mas cruck ssoweit
inmiaelboten. sscklcrnk a-us d.m Miarkte. Rivven wur«
den auss Dr-inalickkeits-An-erkenntMie ssvärlick oc-
liessert. Die Einliessevuna der nsmin Talbäks in d-le
Maactti-ne ider Ver-aörerssirmen komm-en niun n-ack
und n-ack in Gairü. — Wein D'c« Stimmuna
sebr osrssckieden. ^n den linksrbeinisscksni Gebiets-.r.
wo Flarue im Hiain'ds'l berrssckt. ivSrl ssie vom ülbriaen
Deutsscklcvnid inssolae der Bessekuna abacssverrt stnd.
verssolaen di-e Vrersse ssinkende Bswsauinxr wäbrcnd
im den recktsribeimiisscksn Gebieten -ebsr das Geaen-
teil Idvr Fiall isst.

* Die Rbeinische TreubandaeseMchasst A.-G.
Mannbeim eMielte im abaela-ussenen Gsssckasstsiockr
einsn Reingswinn von 1t 2 178 M.. woraus 5 Pro-
zent Dividsnlde vorte'ilt. dsm Mssevvessonlds 25 000
Mark imaewiessen. an vertraasmäkiaen Tcm-tismsw
an Aussssicktsrat und Direktion22 638 M. ckusses«
und 45 769 M. auss neue Recknuna ooraetraasn ws».
den ssollen. __

MteiiilliW des Stsndesnmts.

Geünrten.

Vom 6. bis 13. Zanuar.

6. Ian. Friedrich, S. d. Zigarrenmachers Iosef
Zpannagel. 7. Eeorg Friedrick Otto. S. d. Küchen-
neisters Gottl. Karl Friedrich Nägel. 8. Oswald,
5. d. Bäckermeisters Peter Schneckenbecher. 10.
Zohann Friedrich. S. d. Hilfsarbeiters Kurt Pie-
er. 13. Anna Maria, T. d. Wagners Wilh. Jak.
sseureither. 13. Anna Agnes, T. d. Heizers Alois
rudwig Bogard.

Aufgebote.

Vom 8, Lis 14. Januar.

8. Ian. Eipfer Iohann Wagner mit Anna
Nath. Wagenblast Wwe. 8. Kaufmann Philipp
)elmling mit Luzie Friedrich. 8. Korbmacher
Aonaoenture Schneider mit Franziska Schneider.
!. Postfchaffner Alois Schuchner mit Anna Rosa
hamann. 9. Bäckermeister Albert Hitz mit Rosa
Nargareta Eck. 9. Tierarzt Dr. Hans Butz mit
Sertha Parkbeiser. 10. Geschäftsführer August
horn mit Meta Ley. Wagner Zohann
Seorg Reinhard mit Franziska Baumann. 11.
INetzger Adam Hermann Jhrig mit Anna Sofie
^rauih. 11. prakt. Arzt Dr. Heinrich Anton Döh«
er mit Henriette Angela Heuser. 13.
Veichenwärter Johann Stroh mit Anna
Vamser Witwe. Schmied Emil Nobert Eer>-
ach mit Auguste Amalie Albrecht. 14. Bäcker
^ermann Erlewein mit Sofie Iörger. 14. Stud.
am. Wilhelm Baugärtner mit Jrma Neppke. 14.
Zäckermeister Georg Trautmann m. Lydia Ziegler.

Eheschlietzungen.

Vom 9. bis 11. Ianuar.

9. Dr. jur. Iohannes Schauenburg mit Ger-
rud Schwartz. ^ Kaufmann Mius Springer m.
^edwig Rothschild. 11. Fuhrniann Hch. Schnecken-
>eraer mit Karolinc Sckneckenberaer. 11. Maurer

lief in alle möglichen Vorträge und Veranstaltun-
gen, klimperte und sang die neuesten musikali-
schen Schlager und wuhte es stets so einzurichten,
daß Erna nicht „dran" war, wenn Papa einmal.
billige Theaterbillette besorgte. Und Erna blieb
da ruhig und gern zu Hause, las ein gutes Buch
und spielte fiir sich Beethoven, iSchumann und
Chopin.

Als die Nebhühnchen auf dem Tische standen,
machte Papa Hartig eine galant-förmliche Hand-
bewegung zur Eattin hin, damit sie zuerst zulange.
Das tat er immer so. Und ebenso gewohnter-
matzen sprach Frau Leonore: „Ich bitte dich, lie-
ber Hartig. nimm dies, das ist für dich". Und
dabei deutete sie auf ein feistes junges ^ühnchen,
das inmitten von zwei älteren Hennen gelagert
war — die sind billiger —, und legte dem Eatbm
vor.

Als Minna Sauerkraut auf den Tisch stellte,
wagte sie einen Vorstotz gegen die Regel, indem ste
sagte: „Wissen gnädige Frau schon, Herr Dassel
ist verhaftet worden..

loseph ksir 8öhne

Oe^r. 1867. üssokmöbsifsdr-lk Telspk. 756
lssaupt8tra88S 79. I-Iviclslbsr^ Letzs LisusnZti'.

^0knunZ8 einri clitunZen

in einbiclier dls lein8ter ^uskllkrunA.

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