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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 51 - 76 (1. März 1919 - 31. März 1919)
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Nr. 71

Heidelberger Zeitung

Diellstag, den 26. März 1919

Ferusprecher Nr. 83 uud 182


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Em neues Projekt
zur NeckarkanaUsierung

Dcr staatliche Enrwurs für die unterste
Strecke des Skectar-Donauranals zwischen Heidel-
Mannhcim ist in seinen Einzelheiten be-
tannt. (Erst im vorigen Herbst ist dem Stadtrat
u„d de,n Bürgerausjchus; ein Nortrag darübcr
durch einen Sachverstandigen gehalten worden)
Me erumerlich. sieht dieser Entwurf zum grogten
Lcrle die Flukibenutzung vor. Nur zwei Sciten-
kanäle sind projektrert. Der erste izweigt an dem
beim Neckarlilometer 14,4 vorgejehenen Wehr ad
und ist 5 Kilometer lang, der zweite beginnt hin-
ter Ladcnburg, geht um Ilvesheim herum und
miindet nach 7,6 Kilometer Länge in den Neckar.

Der obere Kanal kreuzt die Nebenbahn Heidel-
berg—schriesheim. die um 2.5 Meter gehoben
rveroen mutz: der untere Kanal wird unter der
Rtedbahn durchgeführt, deren Höhenlage beibehal-
ten werven kann. An Strasten werden vom un-
teren Kanal geschnitten: die Kretsstrasten Jlves-
l>eim—Ladeliburg, Jloesheim—Feudenheim, Feu-
denheim—Fähre. Dtese müssen ebenso wie zwei
Feldwege über den Kanal gefuhrt werden. Autzer-
dem kreuzt der untere Kanal zweimal die Neben-
hahn Mannheim—Schriesheim. deren Verlegung
nuf die Nordseite des Kanals tn Aussicht genom-
men ist.

Die Firma Grün u. Bilfinger. Mann-
heim hat nun einen neuen Eegenentwurf
ausgearbeitet, der in Nr. 4 der Vereinsmittetlun-
gen des Südwestdeutschen Kanalvereins veröffent-
licht wird. Er sieht auf die oanze Erstreckung bis
zum Rhetn etnen Settenkanal vor. der
oberhalb des an gleicher Stelle wie betm staat-
Uchen Entwurs vorgesehenen Wehres bei Neckar-
kilometer 24,3, aber am linken Ufer. abzweigt, zu-
nächst auf 2^ Kilometer Länge in annähernd
paratteler Richtung mit der Bahn Heidel-
berg —Mannheim verlä'uft und sodann in
fast westlicher Richtung nach dem Nhein
oberhalb der Nheinauhafenanlagen ge-
siihrt wird. Der Kanal besitzt eine Länge von
j2-i Kilometer, von der am Nhetn 2 Ktlometer
all Liegehafen und Reede. ein weiterer Kilometer
als Hasen entsprechend breiter ausgebaut sind. Der
Wasterspiegel des Kanals liegt an der Abzweig-
slelle auf 105 Meter -i- bldl.. d. h. auf derselben
Höhe wie im staatlichen Entwurf: kurz östltch der
Rbeintalbahn ist eine Schleuse vorgesehen mit
etnem Maximalgefälle von 16.5 Metern: neben
der Schleuso ist ein Krastwerk angeordnet. Der
Kanal soll 100 Kubikmeter Maximalwassermenge
fiihren.

Die vom Kanal zu kreuzenden Bahnen und
Straßen erfahren tellweise Hebungen. teilweise
Verlegungen. Die Hetdelberg — Mtz,nn-
heimer und die Heidelberg —Franrsur-
terBahn mit6 Gleisen werden entsprechenv
gehoben und mit Rampen von 1: 300 über den
Kanal geführt. Die Rheintalbahn überschreitet
in bisheriger Höhe den Kanal im Schleusenunter-
haupt. Die Schwetzingen —Frtedrtchs-
felder Bahn wtrd von Schwetzingen ab neben
die Rheintalbahn gelegt und nach Ueberschrettung
des Kanals, zusammen mit der Rheintalbahn im
Schleusenunterhaupt in einer 5-Kurve in dte alte
Vahnltiiie bei Frtedrichsfeld eingeführt. Die N e-
benbahn Hetdelberg — Mannheim
wird an den zwei Kreuzungsstellen mtt dem Ka-
nal entsprechend angehoben. Die Landstratze
Heidelbsrg—Akannheim wird unter Anhebung zu-
sammen mit der Nebenbahn über den Kanal ge-
führt. ebenso die Kreisstratzen Eppelheim—
Wiebltngen. Plankstadt—Wieblingen. Plankstadt—
Edingen und Schwehrngen—Friedrichsfeld. Die
Landstraste Schwetzingen—Mannheim überfchrettet
den Kanalhafen in ihrer bisherigen Höhenlage.

Das Jnterestante an den MTIieilungen ist die
Kritik, dte beide Entwürfe erfahren. Ste geht
dabei von folgenden Gesichtspunkten aus: 1. Ein-
wirkung auf den Neckar. 2. Schiffahrtsinteressen,
8. Wasserkraftausnützung, 4. Schmutzwasserablei-
tung, 5. Einwtrkung auf das Grundwasser, 6. Ge-
ländetnanspruchnahme. 7. Ausnützung des Eelän-
des an den Schiffahrtskanälen. 8. Etnwirkung
auf Lestehende Verkehrswege. 9. Baukosten und
kommt zu folgenden Schlustfolgerungen:

Beide Entwürfe sind technisch ohne wetteres
ausführbar, in betden Fällen werden dte Waster-

träfte dcs Neckars vollkommen ausgenüht. Die

Vorzüge des staatlichen Entwurfs lie
gen in der günsttger gelegenen Münduiig in ,den
Rhein, in der kürzeren Linie, in der geringeren
Beanspruchung landwirtschaftlich hochwerttgen Ge-
ländes. in der weniger starken Beeinflustung be-
stehender Verkehrswege, in der geringeren Ver-
schmutzung des Neckars und in den niedrigeren
Baukosten. Als Nachteile stehen diesen Vor-
zügen gegenüber das Fehlen einer ausreichrnden
Neede ane Ansang der Schiffahrtsstraste des
Sieckars, die Notwendigkeit eines zweiten Wehrs
und einer zweiten Schleuse, die ungünstige Einwir-
kung eines weiteren Wehretnbaues auf Hochwas-
ser und Eisgang, das Vorhandensein von 4 Kraft-
werken, dte Einengung der Schiffahtrsstratze durch
die Ladenburger Vrücke, det Mangel an geeignetem
Jndustriegelände für Heidelberg und die geringe
Aufschliestung von Jndustriegelände für Akann-
heim sowie das Fehlen umnittelbaren Gleisan-
schlustes an die Staatsbahn und endlich das Ein-
stauen des Friedyofs in Heidelberg.

Der Eegenentwurf weist als Vorzüge
auf eine bestere Lintenführung, eine einztge
Schleuse, ein Kraftwerk gegenuber 4. gute Neede,
Schaffüng großzügiger zukunftsreicher Hafenan-
lagen und ausgedehnten Jndustriegeländes tür
Mannhetm und Hetdelberg mit guten Eisenbahn-
anschlüssen. Nachtetltg sind dte Beanspru-
chung landwirtschaftlich hochwertigen Geländes,
die stärkeren Etngrtffe in bestehende Hauptbahn-
ltnien und die ungUnsttge Einwirkung auf den
Neckar durch den Entzug des Wassers mit Aus«
nahme von 10 Kubikmeter/Sekunden Lis zu Was-
serständen von 110 Kubikmeter/Sekunden und die
damit verbundene erschwerte Abführung der
Schmutzwasser und die höheren Baukosten. Doch
sind diese Nachteile etnwandfrei bcho-
b en, bezw. zu beheben. dadurch aber höhere
Baukosten zum Teil hervorgerufen.

Werden Vor- und Nachteile beider Entwürfe
gegeneinander abgewogen. so mug man zu der
Ueberzeugung lommen, dast unstreitig dem Ge-
setzentwurf der Vorzug gebührt. Aus-
schlaggebend aber wtrd allein die Stadt Mann«
hcim sein, die auch die Mehrkosten. die durch den
Ausbau der unteren Kanalstrecke zu einem grosten
Hasen und die Aufschlietzung groster Umschlag- u.
Industrieplätze verursacht werden. zu übernehmen
hätte. Mannheim sieht zurzeit vor der Frage,
wo und in welcher Weise es seine Hafenanlagen
erweitern soll. Der Ausbau einer Hafenanlage
am offenen Rhein unterhalb der Flosthafenniün
dung erschetnt bei dem Widerstand. den die baye-
rische Negierung gegen ein Vorschieben des Hoch-
masserdammes auf der Frieseiiheimer Insel ge-
macht hat, kaum in Betracht gezogen werden zu
können. Dazu kommt dte Schwieriqkeit eines gu-
ten Vahnanschlusses und dte groste Entfernung von
dem Industriezeiitrum der Stadt. Die Fortsetzung
des Verladeufers am Rhein unterhalb der Alt-
riper Fähre kann oen Bedürfnisten grösterer Indu-
strien nicht genügen und würde nur einen Notbe-
helf darstellen. Die Anlage von Hafenanlagen
im Ketscher Altrhein kann für die Stadt Mann-
heim überhaupt nicht in Frage kommen, da an
eine Ausdehnung der Gemarkung bis nach Ketsch
im Ernste nicht gedacht werden kann.

Es bleibt somit für dte Erweiterung der Mann-
heimer Hafenanlagen das Gebiet zwischen dem be-
stehenden Rheinauhafen und dem Nohrhofer Hoch-
wasserdamm, eben das Eelände. das durch die
Münduugsstrecke des Neckarkanals im Gegenent-
wurf führt. Der vorges hene Ausbau der unter-
sten Kanalsirecke zu einem grosten Hafen bietet
alle erdenklichen Vorteile. Seine Lage zur Stadt
und zu dem grosten Nangierbahnhof der Staats-
bahn sind überaus günstrg: dte Nähe des Rh rnau^
hafens wirkt fördernd auf die' Neuanlage. Lade-
ufer von 6 Kilometer Länge und Industrieplätze
tn gröstter Ausdehnung sowie billige elektrische
Energie sind vorhanden.

Mamiheim wtrd nach dem zu erwartenden
Ausscheiden Elsak Lotbrtngsns aus dem Ver-
bnnde des Deutschen Neiches erhöbte Bedeutung
als Hafen- und Industriestadt und als Vorort des
süddeutschen Handels gewinnen. Iidustrien. die
sich der Lilligen Wasterkräste wegen beini Ausbau
der Oberrheiukanallsierung weiter stromauiwärts
angesiedelt hättm. wsr'»m sich wegen der Znrück-
stellung der Wasterkraftausnutzung des Ober-
rheins. namentlich aber um n'icht unmtttelbar an
der Neichsgrenze zu liegen und den Eefährdungen

der Nandgebtete zu entgehen. nach Mannheim

wenden, so datz rege 9tachfrage nach geeignetem
und ausretchendem Industriegelände erwartet wer-
den darf, sobald sich die unsichere Lage geklärt u.
unser Wirtschaftsleben wieder in Gang kommt.

Deshalb darf die Stadt Mannheim nicht
zögern und zuwarten. sonderii sie must die
Gelegenheit, die sich ihr bei der Dnrchführung
des besonderen Kanals nach dem Eegenentwurf
zur Schasfung einer vorteilhaften Hafenanlage
mit gröstten Industrieterrains biötet. ergreifen.
um eine Ausführung durchzusetzen. die allein oen
großen Jnteressen von Schiffahrt. Handel und Jn-
oustrie und einer weiteren glücklicheren Zukunft
Nechnung trägt.

Badische Politik

Badische Aationalversammlung

Ansragen und Anträge.

Dte Abgeordneten D. Holdermann und
Herbste (Dem.) haben folgende kurze Anfrage
eingebracht: Soviel uns bekannt. schweben schon
seit längerer Zett Verhandlungen der provisori-
schen Regterung mtt dem eidgenösstschen Bundes-
rat betr. Wtedereröffnung des badischen Bahnbofs
in Ba el. Zst die Regierung in der Lage. über
den Stand dteser Nerhandlungen Mttteilung zu
machen, bezw. den Zeitpunkt. bts zu dem die Wte-
dereröffnung des badischen Bahnhofs in Basel für
den Personenverkehr tn Aussicht steht? Wir be-
gnügen uns mit einer schrtftlichen Antwort.

Ueber dte Lebensmittelfürsorge (Kartoffelver-
sorgung) haben die Abgg. Karl. Mager.
Schöpfle (Deutschnationale') folgenden Antrag
der Nattonalverfammlung vorgölegt: Wir bean-
tragen, dast die Nattonalversammlung in Verbtn-
dung mtt den Regierungsorganen und den Ktr-
chenbehörden. falls diese dazu bereit sind, eine
das ganze Land umfassende und einheitltche Aktion
unterneymen zu dem Zweck. eine fretwillige
Sammlung von Kartoffeln gegen Bezahlung zu
veranstalten. Falls dte Nationalversammlung dem
Antrag im Grundsatz zustimmt. soll eine Kommts-
sion von 7 Mitgltedern der Kammer mtt der
Ausarbettung der Aussprache an die ganze Be-
völkerung sowie den weiteren nötigen Matznah-
men betraut werden.

Dte von den Abgg. Spang und Gen. (Ztr.)
wegen der Uebergriffe gegen die Prestefreiheit
ctngebrachte Znterpellation. den Schutz der
persönlich^n und Pressefreihett be-
treffend, lautet: Dte neue badische Verfasiung
sieht das Recht der freien Meinungsüuherung.
msbesondere dte Preß- und persönliche Freihett
vor. Im Gegensatz hierzu haben in Nultngen
verschiedene Personen, darunter Mitalieder des
Arveiterrates. den Nedakteur Fchrecke vom V i l-
ltnger Voltsblatt gezwungen. die Leitung
dieses Blattes niederzulegen und innerhalb 24
Stunden dte Stadt zu verlassen. Was gedenkt die
Regterung zu tun, um derartige Ungesetzlichkeiten
in Htnkunft unmögltch zu machen und der so an-
gegrtffenen Person zu ihrem Nechte zu verhelfen?

Das Berwaltungsgesetz.

Karlsruhe, 24. März. Die Kommtssion sür
Justiz und Verwaltung nahm heute den Regie-
rungsentwurf betr. Äbänderung des badi-
schen Verwaltungsgesetzes an. Die von ihr vor-
genommenen Aenderungen sind folgende:
Die Zahl der Bezirksräte. die bisher 6—9
betrug. wtrd in Zukunft 6—15 betragen und zwar
wird das Ministertum ermächtigt. für dte Wahl
des Iahres 1919 ohne Vernehmung der Kreisver-
sammlung dte Zahl der Mitglieder des Bezirks-
rates zu bestimmen, die für jeden Bezirk mit Rück-
sicht auf fetne Volkszahl zu wählen sind. Zn glei-
cher Wetse erfährt dis Zahl der Kreisabge-
ordneten eine Erhöhung dadurch. datz schon anf
je 7000 Einwohner ein Abgcordneter entfällt, statt
10 000 wie vorgesehen und die Mindestzahl für die
Veztrke von 5 auf 7 erhöht wird. Für die Mit-
glteder des K r e t s a u s s ch u s s e s. die aus der
Zahl der Kreisabgeordneten gewählt werden, tre-
ten Ersatzmänner in die Kreisversammlung ein:
die Kreisversammlung. besteht affo aus den Abge-
ordneten und dem Kreisausschutz. Entsprechend
der Besitmmung bei der Reviston der Gemeinde-
und Städteordnung wird auch für die Bezirksrats-
und Kretsabgeordnetenwahlen das Ende der

___ Serte 3

Amtsdauer auf November bis Dezember 19'» sesi-
gesetzt. Da die Wahlen der Stadt- und Gemeinde-
verordneten, sowie der Bezirksräte und Kreisabae-
ordneten gleichzeitig vorgenommen werden sollen
wurde bestrmmt, dast diese auf <»inem Stimnucettel
vorgenommen wc^den müsien.

Der Vcrsassungsausschust

besastte sich in seiner gestrigen Sihung nochmals
mit dem Eesetzentwurf betr. die Auseinan.
dersetzung mit dem Grosth. Hause. Es
wurde mitgeteilt, dast sich Prinz Max mit der
Herabsetzung der für ihn bestimmten Entschädi-
aungssumme von drei Mtllionen Mnrk auf zwei
Mtllionen Mark einverstanden erklärt habe.
Der Verfassungsausschust änderte den Gesetzent-
wurf dahin ab. dast der G r o st h e r z o g statt stchs
KaptLal erhält und sich Prinz Max über die ihm
zufallende Abfindungssumme mit dem Chef des
Grosth. Hausvermögens auseinandersetzen soll.

N chmals „Die Kirchen-
reoolution" in Heidelberg

Wir evhalten folgende Zuschrift:

Auf ^as Flugblatt mit diefem bewusti irrefüh-
renden Titel bat der Kirchemgemeinderat mit ei-
ner Erltärung bea.nttvortet. die den «>o schmählich
und in so hintortifkiMr MÄse verleuimdeton Geässk-
lichen die ganz fslbstver.siän.diici> Vecirauenskund-
gebung ausspricht. Die numnehr 'effolgie Veröf-
se.ctkichuliig des Protokolls der vo.ausgehenden
Ettzung zeigt auch doutlich, datz ma i sich darüber
klar t-st, dast idas FLugblatl durchaus nicht von ehr-
lichen Befiirchtungen für das kirch.ick^ Leben in
un>erer Gemeinde eingsgeben isi. Aber es ble'chd
nvch -ein gewister Rssi, nämuck dte Angriffe
gegen dievolkskirchliche Bewegung als
solche. Desyalb epschetnt es ai'gebi'acht. wcite-
ren Kresien gegenüber. dle durch die unzwec'eihaft
geichickte Aufmachung des Pumph,lets tn 'hrer An-
schauung von dom Wefen und der Abiiwl diesek
Vewesung irre geworden seän könnten. das Flug-
blatt nach seiner kirchenpolitifchen und
polttischen Tendenz einer kurzen B^leuchtung
zu unterziehen.

Eine >der erfrsultchen Nebeuwirkungen der Re-
volutionszeit ist, dast die Avbsiter zu der den-okra-
tisch auezugestmtenden Vo kskirche das Vertrauen
gewinnen. das sts der Kirche des a>lton Klasiem-
siaatas veisagten. In Karlsviche sind sozialdemo«
kratische Arbeitavabgeockmete der volkskirchlichem
Derei'mt'gung beiiietreten unL- damit in dre Kirchen-
gsnreinfchaft zurückgekehrt. Auch andere. die >bis-
hcr der Ktrche nur dem Namiien nach angchörten,
zeigen dort rvie anderswo den Wuiis-ch sich wroder
als lcheEige Gemeindemitgliedsr in Hr zu be-
tätgen, Was wäve da anders die Aiüfgabe desie-u.
der än die una sancta ecclesia slaulbt. a-ls die>
Pforten der Kirche so weit zu öffnen wie mbslich
und dte verloren qe-gmrge'cien Brüder herzlich wtll-
kom-n'.en zu hettzsn^ Was äbör tun die. die hinter
dem Flugblatt sichen? Sie- werfen die Tür wie-
dex kvcvchenid ins Schlost und schelten die. die das
Mart des Evangeliumis befolgen. in vertünstelt^n
Pathos imgetvv"^ Hirten. dve die evangvlische
Sache verraten. Was fie selbsi bezwecken. wtrd
eine Vetrachtüng der Mttel ergebem. d« sie seLbsi
gebraiuchen. um die gewünlschte Stimmung zu «-
rsiche-n.

Nachdsm das Wirken der volkskirchlichen Kom-
mistion dadurch verdächtigt isi. dast die an chr betei-
ligten Eeisiltchen in viner Weise kvrkiert werden,
die jeder -rnhig Denkende mit dem Klirchen.
ggmeinderat als Verleumdnng emvfinden mmst,
werden Dinge herbej gezogsn. die mit dsm kirchli-.
chon Fragen an sich gar nich's zu tun habon, I»
der Hsi.iggetsikirche. die dazu. wts rotr erfahven,
durch einen einstimmigen Veschlutz des Kirchen-
geniaindsrats zur Vevfügung gesi^llt murde, Yat
eine Erinnevuingsfeier für die gerallenen Studen-
ten siattgefunden. Die FÄer. die aüf die meiste«
Terlnehmer etnen tief-religiöfen Etndruck machte,
wie auch Pfcrrver Winnecke tm Kirchswgemeinderat
bozeugle. begann mrt dem ohrwürdigen Kirchen-
lted: »O Haupt voll Blut und Wunden". WeT
cvber unler deii Veranstaltorn dieser Foier sich auch
üadikale Elemonte bsfanden. ereifern sich di,e Ver-
faster des Flugblattes und seben tn dicher Huldi«
,gung vor der überwältisonden Eröste des schnerz-
gekrönten Heilands eine Berhöhnuwg chrisilicher
Gefühle. Dor ohr.tche Cbrisi wird aber ln allen
Erörterungen religiöser Fvaaen tn diesen Tagen

Theater und Musik

Sorralen-Abend vonLeneWeitter-Bruch
(Mavier) nnd Lene Hesse (Violine)

Die »beidsn Lenenoren" haben vortrefflich zu-
simiimengeklungen. Die gewühlt-e Vortragsfolge
sprach schon fsir dsn küustlerisckMi GeU der Kon-
SerigebevMnen. Die »S u i t e von Neg-er i m
lalten Stil" M mtr sehr nabr geckommen, so
rvsnig jch sonst dem Kamvonisten mich nähern
kann. Namentlech der langsame S>atz isi von fei-
solirder Schönheit und Stinrmung, umb> die Fuge.
die aufgcbiKut wlr> allerbeste Bachnachsolge. Frei-
lich die Küiiist.erinnen haben auch gerade in diefer
Einigangsnuimmer ihr Ällierbssies ausgsspielt.

Lene Hesse gehört zu >den kommenden Grö-
stsn. ist hvute schon eine Geiserin von herovrra-
tüsndem Talsnt und Können. Auf ihrem pracht-
voliem Instrument emtwickelt sie einien wnhrhaff
niänniichen Ton. ein. so nrarkiaes. reines. sicheres
unid ümmer einfach-sesundes Spisl, dast Mam daran
nach aller Erlchövtung wi-ckder musikfroih roerdsn
kann. K ässi-'ch hat sie diefen Neg-'r hinMle.^t.
kvasi gleichwertige Helferin war ihr in diesem
Stiick Frau Weiller-Bruch. die imt srostrr.
fauberer Technik gerüsiet. in reissm Ernst d.-m
Kluvierpart sem volles Mast soS>. Il)>rs sanz
hervorraigsnde. vo-Wuftige Kunst liest Frän.icin
Hesfe danii in Bachs G-moll-SonÄte für Solo-
Violine hervortreten. Dte ungeheuer schwer
zu spielende Kompchiivon wurde >mit einer
Gnergie und sslbsiverständüchen Kla/rheit ausge-
löst. die selbsi mir, der stets elirlich bekannt hat,
dM ihm dw'e dsm Insiruimsnt abserungenen Se-lo-
fachen fasi eine Quial sind. der Genust näher siand.
iSodann hörte mian von Frau Bruch Schu-
monns g.anzvolle G - m o-l l-S o n a t e. r-eckt
kräft-ig und brillant. wenn apch in den fchnellen
Sätzen sich da und dort chcvvairteristischere Lich er
cruf>etzlm lasten.

Auf den S-chlust hatte >ich mich gefreut. a>uf die
"ffr in der Erinnerung so liebe. lange nicht ge-
hort-e W-sur-Sonate vo>n Cesar Frank. Äber snerk-
wiird.g. wie sick Erinnerungen und Musik über-
leben. Odor sind wir in diosir und mit ^er Z sit
durch zu Ernstes gagangen? Gswist fand sich wie-der
vi-sl jener gefättigen romanischen Schönheit. na-

mentlich im wer^vollsten ersten Satz. aber im Gan-
zen ift es doch jeno we'ichffche fr-anzösi'che Art, d'e
sich wie Honig füstlich und zäb vom Löffel ziebt.
Lene Hest'e hat ibrem Talent ent?vrechend sick üanz
in diesen sangltch-schmachtienden Stil mit Meister-
schaft gef'Miden. flott. — rhytbm'^ck ost etwas will-
küvlich, — voin Frau Bruch begleitet. vr. 8.

Mannheiiner Nationaltheater

„Der G'wissensWurm".

Vaiteriikomödte von Ludwig Anzengruiber.

Unser Nattonaltheater ist keine PflesOät^
des Votkssiücks. Die Neueinsiudierung bes Anzen-
gou-ber.cheii Meifderwerks war gew tz recht sorgfäl-
tig imd bot in Bezug auf die BühnenbiMer neue.
ausgezeichnete Wirkungen tm Sp-el jedoch mntete
mamches ^rlontivoteri-sch an. abgeseben d^nmi. datz
von KleinigLeiteir. dj^ jedoch von siarker Wirksam-
keit zu se'.n pfl-ogen. keine Anweu'vung gsmacht
wurde. Der Dusterer beispielswocfe. wenn er anch
nur ein schriliiheiiliüer Be bruder ist. cätzt ein Ge-
witter nich: übrr sich ergehen. ohne sich jedesmal zu
bokrsuzigen. so oft es bfftzt; das ist überhaiupt
Bauernsewohnheit in deii Alpenläindern, und so
mustte auch der Grlllhofer sein Krauz schlagen.
Und «snn öm M-oiten Akt der Bauer. soin Knecht
nnd bie Horlacherlies gax ins Danzsn nnd Iobe-n
koinmsn. so darf bsr Dusiervr nicht so ruhia zu.
ss->en; er must eineu Abcheu vor solcher Gottlosig-
keit mid Unbusthafttsteit drasiisch zur Gvltung
br.-ngen. WU-helm Kolmar fastts den Dusterer
>oben zu sehr als Trinker aur und zu weniig als
schvinheUiser Erbschloicher. Ich halte vs Issr ver-
feh t. den Dusierer broit- amd rotnafig W spiele.n;
seine Scheinhviligkeit mllstte im Gogenleil elwas
Unhximlichos hcvbon: dadurch würde auch d've Erb-
schleiicherei mehr zur Schlechtig-keit. Doch fcvn'd er
sich mit der österroichischgn Mundart -und d^m Ge-
habon des Bcruern noch am besten ab. Die besto
Leistung bot -unstvet ig Karl N eumann - Ho -
ditz in ss'mar, wonn auch kleinen. Nolle des
Bnuern von d-er ..kahlen Lehnt". W lhelm Ea-
ger spielte de-ir Grlllkofer. sprach aber sehr un-
deutlich. Alfvcd LaiiDorvs Waisil sah prächtig
a-us, doch waschecht war er nicht. Im Wesen tviob
es dre Horlacherffes der Lene Lendentus rocht
dirndelhaft amnutig. zuweiien blost etmas -u gra-

ziös. Von bon Trägern der kleinen Rollen sohörte
Hermann Kupfer n cht ins Volksstück. Bssuch
ubd Beifall waven rechc stark.

Alfred Maderno.

'i' Fritz Busch ble-bt nun doch tn Stuttgart. Er
rbürde mct Genohmigung des Minisieriums des
Kirchen- und Schulwchems -auf wei iere 5 Iahre a>Is
ersier Kapellmei-sker an das Wiirttembergische
LaNdesthsater verpf.-ichtet.

Kunst und Mssenschast

Hochschulmrchrichten. Dr. rer. pol. Paul
Lensck in Neubabolsberg i,t zum auber-
ordentlichen Profesiör für soziale und Wirtschafts-
geschühte in der Vertiner pyitosopyijchea Fa-
tultät ernannt wordon. — Der nicktetatmastige a.
o. Prosejsor für innere Medcziil >an der Universi-
tät München Dr. med. Karl Robert Schlayer
kat einen Ruf als Nachfoiger von Ewald an das
Äugustahospital in Berlin erhalten und an-
genommen. — Der vor kurzem aus Dorpat als
a. o. Professor der systomatischen Theologie an die
Untversitat Greisswacv berufene Prosesior Dr.
theol. Karl Gtrgensohn ist zum ordentlichen
Profesior in der Gretfswalder theologischen
Fakultät ernannt worden. — Der Prrvatdozent
sür Phtlosophie an der Fretburger Universi-
tat Dr. Ria-acd Kroner eriuelt 6en Titel
auerordentlrcher Professor. — Eeheimrat Prof. Dr.
Herniann Thoms. der bekannte Vertreter der
pharmazeuttschen Chemte an der Universttät
Berlin und Direktor des phariiiazeutlschon
Universitätstnstituts in Berlrn-Dahlein. vollendet
am 20. März das 60. Lebensjabr. — Dem Privat-
dozenten für Chemie an der Wtener Universität
Dr. Anton Kailan wurde der Titel einos a. o
Profeffor verliehen. — In Münster r. M. ist
der bis 1917 an der dortigen Universität als Lek-
tor fllr weltltchen Musik- und Gesangsunterri bt
tatlg gewesene Universitatsmusikdirektc r Dr. Wilh
Ntesten im 52. Lebensjahre gestorben — Ter
bisherige o. Profesior an der Universität Stratz-
burg Geh. Hofrat Dr. phil. et theol h. c. Eduard
Schwartz, ist zum Nachfolger des verstorbenen
Geh. Nats Erusius auf dem Lehrstuhl der klasst-

schen Phtlologie an der Münchener Universität
ausersehen. Prof. Schwartz ist u. a. Mitglted der
Akademie d. Wisienschaften in Heidelberg. —
Der Physiker. Geh.Rat Prof.Dr. E. Ltebenthat
in Charlottenburg. Mttglied der Phystkalisch Tech-
nischen Neichsanstalt, vollendet am 22. Mär; das
tV. Lebensjahr. — Dte venia legendi fiir ange->
wandte Zoologte erhielt an der Rostockcr U-ii-
versität der Pflanzenpathologie tm Reichskolonial-
dienst Dr. phil. Karl Frtederichs. - Im Altec
von 63 Jahren verschted der Eeheime Regierungs,
rat Dr. Otto Dziobek, Prosesior an dec Mtlt-
tärtechiiischen Akademie und Dozent fü.- höhere
Mathematik an der Technischen Hochichute zu

Eharlottenbur ».-" G ött i n g e N

ist eine pädagogksche Gesellschast ge»
gründet worden, tn der alle Erziehungs- tiud
Unterrichtsfragen vom Kindergarten bis zur Hoch-
schule in gemetnsamer Arbeit aller a» diesen
Btloungsanstalten wtrkenden Lehrlräfte behandelt
werden sollen. Zum Vorsitzenden wnrd^ der
Oterlehrer Dr. Wetnreick von der Oberreal-
schule gewählt. — Jn Berltn ist der a. o. Honorar-
profesior für Geschichte. zumal Handels- i,nd Ko-
lonialgescyichte, und Wirtschaftsgeographie an der
Universität Frankfurt a. M. Öberlehrer Stu-
dienrat Dr. Alexander Franz im Alter v" 4g
Iahren gestorben. — Ernannt wurde Vrof Dr/
jur. et phil. Franz Oppenheimer. Pcimrt-
dozent an der Universität B e r l i n. zum ardent-
ltchen Profesior tn der wirffchafts- und Gzial"'is-
srnschastlichen Fakultät der Frankfurtec Unr-
versität; er übernimmt den neuerrichter-a L-G'.-
stuhl für Soziologie. — Prof Dr. phil Ernft
üll a r ckw a ld. '''--ber Oberk-I''ft>"thekar an der
Universitnts-- uiio' Landes Bibliothek in^ Stratz -
b u r g. begeht am 22 d. M ^en 60. G"s'nrt>->tn-7.
— Den a. o Pros. an der Wiener Uinversffät
Dr. Alfred Tauber sMathematikff Dr Fritz
Werner (Zoologte) und Rob-rt N e i,, i n -
ger fPhilosonsie; fft der Tlffl ""d
eines ordentlichen Proff'siars verlieben ^ der
In Sal's'nra sts'd<-r e/"" -^ ^^

d.'rtigen Studiens'il'ltotkek N-at rung ^ ^ 7g.

Nitter v 0 n S t^e l e ^fnr n„tanik

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