Elektro - chemische Umkehrungen mittels Thiocarbamide.
negativer Bestandteil eines galvanischen Elementes zu wirken.
Es ist daher wahrscheinlich, dass, wenn während des photo-
graphischen Entwicklungsprocesses im Gelatinehäutchen sich
eine elektrolytische Thätigkeit äussert, nach den Gesetzen der
Elektrolyse bei Anwendung gewöhnlicher Entwickler die
exponirten Plattentheile den negativen Pol bilden und die
metallischen Elemente und den Wasserstoff anziehen, während
das Brom oder andere Halogen- oder Säureradicale zusammen
mit dem Hydroxyl nach den nicht exponirten Theilen gehen,
welche den positiven Pol bilden. Andrerseits bildet sich bei
Anwendung der alkalischen Thiocarbamid-Entwickler zur
selben Zeit, wenn das Silber auf den exponirten Theilen re-
ducirt wird, auf den nicht exponirten Theilen, welche dann
den negativen Pol darstellen und den Schwefel, den Wasser-
stoff und etwas Silber von den exponirten Theilen anziehen,
schwefligsaures Silber, während das Halogen und das Hydroxyl
nach dem positiven Pol gehen und einen Theil des übrig-
bleibenden Silbers in das Haloidsilbersalz umwandeln, das
sich dann in dem Fixirbade löst.
Obgleich diese hier in ihren Umrissen dargestellte Theorie
mit den Thatsachen in sehr gutem Einklang stehen und nach
dem Ausfall der von mir angestellten Versuche die richtige
Erklärung der Umkehrungen zu geben scheint, fühle ich mich
dennoch noch nicht im Stande, sie voll und ganz zu vertreten,
bevor nicht eine grosse Reihe weiterer Untersuchungen ihre
Richtigkeit hinreichend dargethan haben wird. Diese Frage
ist eine sehr schwierige, von allerhand Unklarheiten beglei-
tete, ihre Lösung nimmt mehr Zeit und angestrengte Auf-
merksamkeit in Anspruch, als ich ihr bisher zu widmen in
der Lage war.
'Die Theorie, dass der photographische Vorgang von
elektrischen Erscheinungen begleitet ist, ist übrigens nicht
neu. Becquerel fand, dass, wenn Silberplatten, welche mit
Bromsilber oder einem anderen Silberhaloidsalze überzogen
waren, elektrisch mit einander verbunden und dann in ver-
dünnte Säure getaucht wurden, so dass das Licht auf eine
der Platten fallen konnte, während die andere vor dem Licht
durch einen Schirm geschützt war, die Wirkung des Lichtes
sich durch eine bestimmte elektrische Thätigkeit äusserte,
welche im Stande war, die Nadel eines Galvanometers abzu-
lenken. Prof. Minchin hat kürzlich gefunden, dass dieselbe
Erscheinung bei Silberplatten eintritt, ■welche mit Silberhaloid-
salzen in Emulsionen von Gelatine oder Collodion überzogen sind
und in sehr verdünnte Lösungen alkalischer Brom-, Jod-oder
negativer Bestandteil eines galvanischen Elementes zu wirken.
Es ist daher wahrscheinlich, dass, wenn während des photo-
graphischen Entwicklungsprocesses im Gelatinehäutchen sich
eine elektrolytische Thätigkeit äussert, nach den Gesetzen der
Elektrolyse bei Anwendung gewöhnlicher Entwickler die
exponirten Plattentheile den negativen Pol bilden und die
metallischen Elemente und den Wasserstoff anziehen, während
das Brom oder andere Halogen- oder Säureradicale zusammen
mit dem Hydroxyl nach den nicht exponirten Theilen gehen,
welche den positiven Pol bilden. Andrerseits bildet sich bei
Anwendung der alkalischen Thiocarbamid-Entwickler zur
selben Zeit, wenn das Silber auf den exponirten Theilen re-
ducirt wird, auf den nicht exponirten Theilen, welche dann
den negativen Pol darstellen und den Schwefel, den Wasser-
stoff und etwas Silber von den exponirten Theilen anziehen,
schwefligsaures Silber, während das Halogen und das Hydroxyl
nach dem positiven Pol gehen und einen Theil des übrig-
bleibenden Silbers in das Haloidsilbersalz umwandeln, das
sich dann in dem Fixirbade löst.
Obgleich diese hier in ihren Umrissen dargestellte Theorie
mit den Thatsachen in sehr gutem Einklang stehen und nach
dem Ausfall der von mir angestellten Versuche die richtige
Erklärung der Umkehrungen zu geben scheint, fühle ich mich
dennoch noch nicht im Stande, sie voll und ganz zu vertreten,
bevor nicht eine grosse Reihe weiterer Untersuchungen ihre
Richtigkeit hinreichend dargethan haben wird. Diese Frage
ist eine sehr schwierige, von allerhand Unklarheiten beglei-
tete, ihre Lösung nimmt mehr Zeit und angestrengte Auf-
merksamkeit in Anspruch, als ich ihr bisher zu widmen in
der Lage war.
'Die Theorie, dass der photographische Vorgang von
elektrischen Erscheinungen begleitet ist, ist übrigens nicht
neu. Becquerel fand, dass, wenn Silberplatten, welche mit
Bromsilber oder einem anderen Silberhaloidsalze überzogen
waren, elektrisch mit einander verbunden und dann in ver-
dünnte Säure getaucht wurden, so dass das Licht auf eine
der Platten fallen konnte, während die andere vor dem Licht
durch einen Schirm geschützt war, die Wirkung des Lichtes
sich durch eine bestimmte elektrische Thätigkeit äusserte,
welche im Stande war, die Nadel eines Galvanometers abzu-
lenken. Prof. Minchin hat kürzlich gefunden, dass dieselbe
Erscheinung bei Silberplatten eintritt, ■welche mit Silberhaloid-
salzen in Emulsionen von Gelatine oder Collodion überzogen sind
und in sehr verdünnte Lösungen alkalischer Brom-, Jod-oder